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Management > Umsatzsteigerung

Neue Geschäftsmodelle finden

Unternehmen gehen große Risiken ein, wenn sie ein neues Geschäftsmodell wagen, aber werden oft auch mit ordentlichem Wachstum belohnt. Unternehmensbeispiele für erfolgreiche neue Geschäftsmodelle.

In einem Stadion irgendwo in Südafrika wollen VIP-Gäste bekocht werden. Doch es gibt ein Problem. Weil es nicht genügend Köche gibt, besteht die Gefahr, dass Staatsoberhäupter, Sportfunktionäre und Promis hungrig die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft verfolgen müssen. Die Lösung kam von dem Unternehmen Eisfink Max Maier. Es liefert mobile Kücheneinheiten, die ganz ohne Köche das Essen zubereiten. Das Personal wählt das entsprechende Kochprogramm, und der Herd weiß genau, wie er wann aufdrehen muss, damit das Gericht schmeckt. Seit 2005 ist das Unternehmen mit dem Geschäftsmodell am Markt vertreten. „Eigentlich beliefern wir die Gastronomie mit Normbehältern, aber um im Markt bestehen zu können, brauchten wir neue Konzepte“, sagt Ralph Martin, Leiter Forschung und Entwicklung bei Eisfink Max Maier.

Ist der Markt gesättigt, wird der Konkurrenzdruck in der Branche zu groß, ändern sich Markt- oder politische Rahmenbedingungen, müssen sich Unternehmen etwas einfallen lassen. Weiterentwicklungen von bestehenden Produkten und Innovationen sind nur eine Lösung. Eine andere ist, gleich ein ganz neues Geschäftsmodell zu entwickeln. So können neue Märkte erobert und neue Kundenkreise angesprochen werden. Der Aufwand lohnt sich: Ausgefallene neue Geschäftsmodelle sind von längerer Dauer, weil sie schwerer zu kopieren sind. Das wissen auch die Unternehmer. Sie stehen ihren Geschäftsmodellen kritisch gegenüber, wie eine Studie der Unternehmensberatung Innovative Management Partner (IMP) zeigt. 60 Prozent aller Unternehmer zweifeln an der Geschäftsfähigkeit ihres Geschäftsmodells.

Prozesse hinterfragen

„Ein Unternehmer sollte immer in der Lage sein, sein Geschäftsmodell zu hinterfragen und sich immer wieder die Frage stellen: ‚Muss es eigentlich immer sein, dass..?‘, erklärt Stephan Friedrich von den Eichen, geschäftsführender Gesellschafter von IMP. Wer Prozesse hinterfragt, findet neue Wege. „Das heißt aber nicht, dass Unternehmen mit neuem Geschäftsmodell ihr Kerngeschäft aufgeben. Vielmehr sollten sie es weiterhin fortführen bis das neue
Modell tragfähig ist oder auch beide nebeneinander laufen lassen“, sagt Peter Englisch, Leiter Mittelstand und Partner bei Ernst & Young. Neue Geschäftsmodelle (siehe Grafik) ergeben sich beispielsweise aus einem neuen Anwendungsfeld, einem neuen Vertriebsweg oder der Erweiterung der Wertschöpfungskette, wie bei dem Mittelständler H.D. Cotterell. Der Hafenbetrieb hat ein neues Geschäftsmodell entwickelt und ist dabei ein großes Risiko eingegangen. Cotterell hat 1 Million Euro in eine Kakaoschmelzanlage investiert und acht neue Mitarbeiter eingestellt – bei 10 Millionen Euro Jahresumsatz und 60 Mitarbeitern insgesamt.

Idee vom Kunden

„Meine Kunden haben mir die Sicherheit gegeben, dass ich nicht ins Leere investiere“, sagt Geschäftsführer Thomas Cotterell. Der Hauptabnehmer habe ihn mit technischem Know-how unterstützt und ihm Ingenieure empfohlen.
Der Impuls kam dabei vom Kunden selbst, denn eigentlich ist das Unternehmen führend im Umschlag von Rohkakao. Die Rohkakaoproduzenten wollen aber nicht mehr nur Rohware exportieren, sondern ein halbfertiges Produkt. Cotterells deutsche Kunden haben zwar selbst Schmelzanlagen dafür, wollten aber ihre Kapazität erweitern und kamen auf den Unternehmer zu, ob er den Kakao nicht auch schmelzen wolle. Inzwischen erwirtschaftet das mittelständische Unternehmen rund 10 Prozent des Gesamtumsatzes mit der Schmelzanlage, konnte Neukunden gewinnen und bestehende Aufträge ausweiten.

„Gerade Branchen, in denen wir in Deutschland Marktführer sind, brauchen neue Geschäftsmodelle“, sagt Dagmar Kirsten, die das Branchenrating Deutschland bei Feri EuroRating Services verantwortet. Eine Branche im Umbruch ist beispielsweise die Pharmaindustrie. Unternehmen müssen sich nach der Umstellung von der therapie- zur ergebnisbasierten Vergütung laut der Studie „Pharma 2020: Supplying the future“ der Beratungsgesellschaft PwC entscheiden, ob sie in Zukunft den Massenmarkt bedienen oder sich spezialisieren wollen.

Blick über den Branchenrand

Ein neues Geschäftsmodell lässt sich leicht im Austausch mit Unternehmen und Partnern verwandter Branchen erarbeiten. „Im Mittelstand herrscht Nachholbedarf, weil sich oft nur mit bestehenden Kunden oder Partnern aus der eigenen Branche ausgetauscht wird, die meist nur das bestehende Geschäft vorantreiben“, sagt Englisch von Ernst & Young, „man muss aber außerhalb des bestehenden Marktes denken, um neue Chancen zu erkennen.“ Unternehmen sollten nach fachverwandten Branchen suchen und ihr Produkt oder ihre Dienstleistung darauf übertragen. Auf Kongressen finden sich zum Beispiel oft Experten und Unternehmer aus anderen Branchen.

Der liechtensteinische Werkzeughersteller Hilti sucht systematisch nach neuen Märkten und Anwendungsfeldern. 2006 hat die Geschäftsleitung ihre Vision für 2015 aufgesetzt. Bis dahin soll der Umsatz verdoppelt werden und ein Viertel
des Umsatzwachstums aus neuen Geschäftsfeldern kommen. Denn das Kerngeschäft, Fachhandwerkern Werkzeuge zu verkaufen, ist ein hart umkämpfter Markt. Stefan Odenthal sollte dieses Viertel an Umsatzwachstum aus neuen Geschäftsmodellen stemmen. Zunächst hat er Verbindungen in andere Industrien gesucht und analysiert, welche Geschäftsfelder bei Hilti Potential haben. Seine Leitfragen dabei: Wie ticken andere Industrien und wo können wir einschreiten? „Dazu haben wir Leute mit Blick auf andere Industrien eingebunden“, sagt Odenthal.

 

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