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Die versteckten Kosten mangelnder Kundenzufriedenheit

Viele Unternehmen fahren derzeit im Zuge von Sparmaßnahmen ihren Kundenservice zurück. Das ist zu kurz gedacht. Wie Kundenzentrierung die Rentabilität von Unternehmen messbar erhöht – ein Gastbeitrag von Holger von Seherr-Thoß, CEO & Partner bei moveXM.

Das Ziel eines jeden Unternehmens sollte es sein, seine Kunden zufrieden zu stellen. Bild: ©Shutterstock

Wenn Kunden begeistert sind, floriert das Geschäft. Zu beherzigen, was so selbstverständlich klingt, ist vielen Unternehmen in den vergangenen Krisenjahren nicht vollständig geglückt. Dabei ist das Wissen über die Bedürfnisse und die Kritikpunkte der Zielgruppen für jedes Unternehmen von unschätzbarem Wert – für dessen Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit, auch im Mittelstand. Unternehmen, die Customer Experience Management (CXM) etablieren, sind nicht nur in der Lage, ihren Kunden zuzuhören und sie wirklich zu verstehen, sie können ihre Unternehmensprozesse auch langfristig verbessern und Einsparpotenziale identifizieren. 

Leider beobachten Experten derzeit einen gegenläufigen Trend: Im Zuge von Sparmaßnahmen fahren Unternehmen ihre Bemühungen um Kundenzufriedenheit eher zurück. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Eine schwache Konjunktur, eine angespannte Wettbewerbssituation und eine geringe Verfügbarkeit von Fachkräften bei gleichzeitig steigenden Energiekosten – um nur einige Faktoren zu nennen, die Unternehmenslenker derzeit nervös werden lassen. Der Impuls ist verständlich, aber die Unternehmen laufen damit in die nächste Falle. Denn Privat- wie Geschäftskunden erwarten guten Kundenservice und -betreuung, auf der ganzen Linie. Sehen Mittelständler tatenlos zu, wenn ein Kunde eine suboptimale Erfahrung macht, verlieren sie nicht nur diesen einen Kunden. Sie nehmen es in Kauf, dass er seine negative Meinung über verschiedene Kanäle teilt. Nicht nur deshalb lassen sich Zufriedenheit und Unzufriedenheit in mathematischen Gleichungen darstellen, deren Ergebnis am Ende eines Geschäftsjahres Gewinn oder Verlust bedeutet.

 

Customer Experience Management macht Kundenzufriedenheit planbar

Der unverbindliche Wunsch, Kunden zufriedenzustellen, reicht allein noch nicht aus. Für jedes Unternehmen sollte es das feste und erklärte Ziel sein, seine Kunden tatsächlich zufriedenzustellen. Laut Forrester’s „European Predictions 2023: Customer Experience" entspricht diese Haltung allerdings nicht der DNA aller Unternehmen. Customer Experience Management ist ein wirksames Instrument, um die Erwartung von Kunden und die Leistung von Unternehmen in Einklang zu bringen. Entscheidend ist dabei nicht, wie Unternehmen die Nähe zu ihren Kunden suchen, wie sie deren Feedback einholen oder wie umfassend sie diesen Prozess digital unterstützen. Entscheidend ist vielmehr, dass sie es tun. Nur Unternehmen, die die großen und kleinen Kritiken auf allen Kanälen sammeln, können Abhilfe schaffen und es vermeiden, von Kundenabwanderung, negativen Bewertungen – und damit einhergehenden Umsatzeinbrüchen – überrascht zu werden. 

Glauben ist nicht Wissen

Der Blick vieler Unternehmen ist stark nach innen gerichtet, mit dem Ziel, ein möglichst gutes Produkt oder eine Dienstleistung zu guten Konditionen anzubieten. Wenn ein Kunde am Produkt selbst nichts auszusetzen hat, aber es vielleicht dennoch Probleme bei der Bestellung, eine beschädigte Verpackung oder ein unangenehmes Telefonat mit der Service-Hotline gab, ist dies nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Gelingt es einem Unternehmen, die Perspektive auf die kleinen, einzelnen Erlebnisse und Erfahrungen, die der Kunde macht, zu erweitern, kann es viel schneller Ansatzpunkte für kundenfreundliche Veränderungen identifizieren. Das führt dazu, dass die Verärgerung des Kunden nicht mit der Suche nach dem Kündigungsformular endet oder zu empörten Texten in Bewertungsportalen führt. Vielmehr kann der zuständige Mitarbeitende sofort Kontakt aufnehmen und das Problem kurzfristig lösen. Bei wiederkehrenden oder häufig auftretenden Themen können Unternehmen damit sicherstellen, dass die internen Prozesse von den verantwortlichen Teams so angepasst werden, dass sich negative Kundenerfahrungen nicht wiederholen.

Alle Antennen jederzeit empfangsbereit für eine gute Kundenbetreuung

Dafür, dass sich Kunden mit ihren Problemen ernst genommen fühlen, spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. Reagieren Unternehmen nicht umgehend, wenn es irgendwo klemmt, kann die Geschäftsbeziehung an diesem Punkt enden. Die jährliche Zufriedenheitsbefragung bringt dann für keine Seite einen Mehrwert. Weil Feedback immer und überall spontan geäußert wird oder auf Nachfrage erfolgt – sei es an der Kasse im Ladengeschäft, am Telefon oder im Internet – müssen alle diese Kanäle auch ständig empfangsbereit sein. Und Unternehmen sollten sie in einem zentralen Nervensystem zusammenführen, dass das Feedback für die relevanten Personen im Unternehmen zugänglich macht. Technische Tools bieten hier eine wichtige Unterstützung. Sie nehmen den relevanten Input aus aktiven Feedbackbefragungen ebenso auf wie Internetbewertungen in Echtzeit, werten Texte und das gesprochene Wort mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und Natural Language Processing (Verarbeiten natürlicher Sprache, NLP) aus, bündeln und priorisieren die Ergebnisse, um schließlich die Verantwortlichen mit entsprechenden Handlungsempfehlungen zu alarmieren.

Customer Experience Management bedeutet Umsatz und Rentabilität

Unternehmen aller Größen und Umsatzvolumina wissen, dass Kunden umsorgt werden wollen. Die sofortige Reaktion auf eine Kritik ist nur ein Beispiel dafür, was Kunden erwarten. Gießt man Begriffe wie Kundennähe und Kundenbindung in Zahlen, zeigen sich weitere Dimensionen. Denn Unternehmen verdienen mehr, wenn ihnen mehr Kunden gewogen bleiben, mehr Kunden positive Empfehlungen aussprechen und damit neue Kunden gewonnen werden und Kunden mehr ausgeben und häufiger kaufen oder ihre Verträge verlängern. 

Auch das Einsparpotenzial durch zufriedene Kunden lässt sich berechnen, denn sie entlasten das Beschwerde- und Reklamationsmanagement, verringern die Call-Center-Kosten, 
treue Kunden werden oft zu überzeugten Marken- und Unternehmensbotschaftern, wodurch sich die Kosten für die Neukundengewinnung reduzieren und
Kundenfeedback hilft Unternehmen, sich bei der Produkt- und Prozessgestaltung auf das Wesentliche sowie Wertschöpfende zu konzentrieren und damit auch Kosten zu sparen.
Unternehmen können in Bezug auf das Kundenerlebnis verschiedene Kennzahlen erheben: ob Net Promoter Score (NPS), Customer Satisfaction Score (CSAT) oder Customer Effort Score (CES). In der Gewinn- und Verlustrechnung allerdings spiegelt sich eine höhere Kundenzufriedenheit immer wieder: durch steigenden Umsatz, sinkende Ausgaben, wachsende Widerstandsfähigkeit. Jeder Prozentpunkt mehr oder weniger Kundenzufriedenheit bedeutet zusätzliche Einnahmen oder Kosten. Darum sind Investitionen in CX-Programme nachhaltig wirksam. 

Ein exemplarisches Rechenbeispiel: 

Ein Einzelhändler mit zwölf Filialen und 55 Mitarbeitenden hat etwa 3.745 Transaktionen pro Jahr mit einem durchschnittlichen Umsatz von 8.500 €, d.h. gut 32 Mio. € Jahresumsatz. Bevor er sich für ein softwaregestütztes CXM entschied, fielen Kosten in Höhe von 530.400 € für Kundenservice und Reklamationen an, verursacht durch etwa einen Fall bei jedem dritten Kunden pro Jahr. Mit einer CXM-Lösung konnte die Anzahl der Reklamationen durch verbesserte Prozesse und Mitarbeiterschulungen auf einen von sechs Kunden reduziert werden, was zu einer Einsparung von 265.200 € pro Jahr führte. Auch das realisierte Up- und Cross-Selling-Potenzial stieg durch gezieltere Maßnahmen und ein tieferes Kundenverständnis von zwei auf fünf Prozent, was zu einem Mehrumsatz von 955.000 € führte. Nicht zuletzt konnten durch die höhere Zufriedenheit der Bestandskunden und die daraus resultierenden häufigeren Weiterempfehlungen drei Prozent mehr Neukunden als im Vorjahr gewonnen werden, was einer Umsatzsteigerung von 1,6 Mio. € entspricht.

 

Die richtige Einstellung ist mehr als guter Service

Kundenzufriedenheit nicht dem Zufall zu überlassen, ist eine bewusste Entscheidung von Unternehmen. Sie erheben Daten, um die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Diesem Ziel gilt es entlang der gesamten Customer Journey gerecht zu werden. Mit einer solch kundenzentrierten Haltung hört ein Unternehmen seinen Zielgruppen aktiv zu und entwickelt sich weiter. Dabei agieren die Abteilungen Hand in Hand – an die Stelle des alten Silodenkens tritt das Verständnis von Customer Experience Management als ganzheitlicher Unternehmensaufgabe. Zufriedene Kunden werden zum Inbegriff von Erfolg und Stabilität. Die eingeleiteten Maßnahmen für mehr Kundenorientierung sind der Einstieg in einen positiven Wirkungskreislauf. Dieser beginnt mit dem Messen, ermöglicht das Verstehen, löst Handeln aus und führt schließlich zu Produkten, Services und Prozessen, die die Erwartungen der Zielgruppe treffen, im besten Fall übertreffen. Und sollten wiederum mit der Reaktion der Zielgruppe wieder abgeglichen werden. Die Ergebnisse einer solchen kundenorientierten Haltung sind für Unternehmen jeder Größe messbar – in Form von höherer Wertschöpfung und mehr Rentabilität.

Über den Autor:


Holger von Seherr-Thoß ist CEO & Partner von moveXM (movexm.com), einem Pionier im Bereich Kundenzufriedenheit und softwaregestütztem Customer Experience Management (CXM). Seit 2019 führt er als Mitglied der Gründerfamilie das Unternehmen, das mit moveXM eine Software-as-a-Service-Lösung für ganzheitliches Customer & Employee Experience Management anbietet – hosted and made in Germany. Seine berufliche Laufbahn begann er bei Ogilvy & Mather und setzte sie nach seinem MBA in Schottland bei der KPMG AG im Bereich Customer Consulting fort.

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