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Debatte > Diversität im Mittelstand

Das Image bröckelt

Familienfirmen drohen im Wettstreit um Personal einen wichtigen Vorteil zu verlieren. Sind sie wirklich noch familienfreundlicher als börsennotierte Konzerne? Wo Regeln rar sind, kommt es auf die Führungskraft an, kommentiert Thorsten Giersch.

Familie im Park:
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird für Mitarbeiter immer wichtiger. ©Shutterstock

Mittelständische Unternehmen stehen in dem Ruf, bessere Arbeitgeber zu sein als börsennotierte Konzerne. Sie achteten auf ihre Leute, dächten langfristiger als die Shareholder-Value-Propheten und entließen, wenn überhaupt, nur dann, wenn es gar nicht mehr anders ginge. Es wird viele Betriebe geben, für die das alles noch zutrifft. Aber wer sich die Breite anschaut, muss inzwischen konstatieren: In puncto Familienfreundlichkeit und Diversität können Mittelständler nicht mehr mithalten.


Nur, wo der Gesetzgeber Druck macht – und das ist eben bei den großen börsennotierten Konzernen der Fall –, ist der Grad an Diversität hoch. Dort haben es Frauen leichter, Karriere zu machen. Männer werden nicht schräg angeguckt, wenn sie sechs Monate Familienauszeit nehmen. Es gibt Ombudsstellen, Quoten, Elternzeitstrukturen, Mitarbeiterbefragungen, Anti-Bias-Seminare und zig weitere Firmenkulturmaßnahmen. Wer sich dagegen bei einem Mittelständler bewirbt, muss oft hinter die Köpfe der Personalverantwortlichen und Geschäftsführer schauen, an wen er da gerät und wie divers und flexibel der Betrieb tickt. Wo Regeln rar sind, kommt es auf die einzelne Führungskraft an.
 

Was tun? Bunte Zettel drucken, Buzzwords draufschreiben und in Aufzüge kleben – das ist es nicht. Es braucht Mühe, reichlich Mut und Geld: Das beginnt bei angemessenen Absageschreiben für Bewerber, geht weiter im ­Recruiting, wo es oft an pluralem Denken mangelt und Jobs zu rosig gemalt werden, und endet in würdevollen Trennungsgesprächen sowie idealerweise mit Alumni-Netzwerken.

Dazwischen liegen Mitarbeiterbefragungen, Weiterbildung und eine moderne Form von Führung, die weiß, dass sich jede Investition in Personal am Ende lohnt. Oft sind diese Ausgaben übrigens auch der beste Grund, Preiserhöhungen beim Kunden zu begründen. Denn die wählen ihre Partner nach den besten Leuten aus. 
 

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