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Mit neuen Partnern zu frischem Kapital

Erhöhter Investitionsbedarf auf der einen und erschwerte Kapitalbeschaffung über Bankkredite auf der anderen Seite können Unternehmer schnell in Bedrängnis bringen. Neue Wege der Unternehmensfinanzierung sind gefragt.

Mit Niederlassungen in Düsseldorf, Berlin, Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart ist die UBS in Deutschland vertreten. Bild: UBS Europe SE

Wer sich als Mittelständler zuletzt auf die Suche nach frischem Kapital begeben hat, wird die veränderten Spielregeln am Markt bemerkt haben: Die Krisen in Wirtschaft und Geopolitik, Branchenveränderungen und ein wahrscheinlich neuer Zyklus in der westlichen Zins- und Liquiditätspolitik erhöhen den Investitionsbedarf und erschweren auch hierzulande die traditionelle Kapitalbeschaffung über Bankkredite. Auslaufende Finanzierungen oder notwendige Investitionsvorhaben können Unternehmer somit schnell in Bedrängnis bringen. Neue Wege der Unternehmensfinanzierung sind gefragt, etwa über strukturiertes Fremd-, Hybrid- und Eigenkapital. Ein Beitrag von Alexandra Avramopoulos, Managing Director im Global Banking der UBS Europe SE.

Die deutsche Wirtschaft, geprägt von einem starken Mittelstand und traditionellen Familienunternehmen, befindet sich in einer Zeit des rasanten Wandels. Gesprächsthema war zuletzt ein großer deutscher Heizungsbauer, dessen Eigentümerfamilie den größten Teil ihres Geschäfts, inklusive der zukunftsträchtigen Wärmepumpensparte, an einen US-Konzern verkaufte. Die Familie begründete die Entscheidung mit hohem Investitionsbedarf und wachsender Konkurrenz – der Schritt sei der beste Weg, um die Wettbewerbsfähigkeit und auch die Arbeitsplätze in Deutschland langfristig zu sichern. 

In fast jedem Gespräch, das wir als Bank derzeit mit familiengeführten Unternehmen führen, wird dieses Beispiel zum Thema und macht deutlich, was mittelständische und große Familienunternehmen in Deutschland gerade bewegt: ein erheblicher Kapitalbedarf zur Wahrung langfristiger Unternehmensziele. Kapital und Investitionen sind an verschiedenen Fronten notwendig, die man in der Vergangenheit nicht gleichzeitig bewältigen musste, die aber essentiell für die nachhaltige strategische Ausrichtung sind.

Geopolitik, Stapelkrise, Branchenveränderungen – alles kommt gleichzeitig

Dazu gehören die Kosten der digitalen Transformation, die sich aus dem Krieg in der Ukraine beschleunigende Energiewende und der Investitionsbedarf zur Umstellung auf erneuerbare Energien, die Veränderung und Absicherung von Lieferketten aufgrund geopolitischer Auseinandersetzungen und nicht zuletzt ESG. Gerade das Thema Nachhaltigkeit trifft durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die von Zulieferern börsennotierter Unternehmen geforderte Transparenz auch den Mittelstand vollumfänglich, der für die Umsetzung Investitionen und Expertise benötigt.

Die „Stapelkrise“ und die noch bestehenden Effekte aus der Corona-Pandemie haben in den Bilanzen vieler Unternehmen Spuren hinterlassen. Zugleich kann man hier aber auch von „Stapelchancen“ sprechen, da der Wettbewerb sich in vielen Branchen gerade neu sortiert. Wer in Schlüsselbereichen gut positioniert ist oder sein Portfolio zügig auf Wachstumschancen ausrichtet, hat somit gute Chancen, zu den Gewinnern des Wandels zu gehören. Davon gibt es in Deutschland – den vielen pessimistischen Stimmen zum Trotz – sehr viele Unternehmen. Aber: Sie brauchen oft Kapital, um ihr beschleunigtes Wachstum und eventuelle Umpositionierung zu finanzieren.

Doch gerade jetzt, wo das Geld am dringendsten benötigt wird, sind die Finanzierungskosten gestiegen. Für ein Unternehmen mit Investment Grade Rating (BBB) sind die Zinskosten von um die 0.5 Prozent im Jahr 2021 auf derzeit knapp unter 4 Prozent gestiegen. Häufig sind auch Finanzierungsvolumina problematisch – es wird auf “Loan-to-Value“-Basis weniger Geld zur Verfügung gestellt, weil Banken größere Risikopuffer bei Finanzierungen benötigen. Dies vergrößert Finanzierungs- und Refinanzierungsrisiken, belastet die Ertragskraft und stellt viele Unternehmer vor eine große Herausforderung.

Wandel braucht Perspektiven: Neue Wege zur Finanzierung

Historisch gesehen waren deutsche Unternehmen in privater Hand oft konservativ finanziert. Der Kapitalbedarf wurde überwiegend von Banken gedeckt oder war durch das Vermögen der Eigentümerfamilie abgesichert. Diese Strukturen haben sich bewährt und den deutschen Mittelstand stark gemacht.

Gleichzeitig verfügen private Unternehmen oft nur über einen eingeschränkten Zugang zum Kapitalmarkt. Dann sind Bankfinanzierungen oder Schuldscheindarlehen bisher die einzigen Optionen gewesen. Sicherlich, die Familie kann mehr Eigenkapital einbringen. Dies birgt jedoch oft Risiken, die anderen Plänen entgegen stehen – und in vielen Fällen ist das meiste Vermögen bereits im Unternehmen gebunden.

Neue Wege öffnet die Suche nach einem Eigenkapitalinvestor, der Transformation und Wachstum mitfinanziert. Hier bieten sich langfristige Investoren wie Staats- und Pensionsfonds, andere Familienvermögen oder Industrieholdings an. Auch Private Equity ist eine Option, die zwar mit einem oft begrenzteren Investitionszeitraum verbunden ist, aber auch Expertise für die Transformation mit an den Tisch bringt. Bei vorangeschrittener Repositionierung oder Transformation und ab einer gewissen Unternehmensgröße bietet sich auch der Schritt an die Börse an, der aber auch genutzt werden kann, um die genannten Kapitalgeber nach einigen Jahren abzulösen.

In Frage kommen zudem strategische Partnerschaften, auch auf regionaler Ebene. Die Bündelung von Kapital und Know-how schafft nicht selten Synergien und ermöglicht es, Investitionen effizienter aufzustellen oder Risiken zu teilen und lokalere „ring-fenced“ Finanzierungen anzustreben. Ein anderer Weg ist beispielsweise der mehrheitliche Verkauf des Unternehmens mit anschließender Rückbeteiligung. Er bietet die Möglichkeit, dem Unternehmen frisches Kapital zuzuführen und gleichzeitig einen Teil der Kontrolle und des Upsides zu behalten.

Häufig bieten sich auch bei Mittelständlern bisher weniger verbreitete Formen der strukturierten Finanzierung an, vor allem bei Projekten mit gutem Track Record und absehbaren Cashflows. Dann beteiligen sich alternative Investoren wie Credit Funds über Private Placements in verschiedenen Teilen der Kapitalstruktur am Kapitalbedarf des Unternehmens oder einer größeren Investition.

Als Bank führen wir mit privaten Unternehmen vermehrt Gespräche über die genannten Optionen, bekommen aber auch von der Investorenseite ein gestiegenes Interesse vermittelt. Vom sogenannten „Dry Powder“ gibt es genug. Viele Unternehmen und Familien sind sich der Notwendigkeit von Veränderungen in der Finanzierungsfrage bewusst. Sie suchen gezielt nach neuen Wegen und Partnern, mit denen man eine gute Basis der Zusammenarbeit bilden kann.

Mit der richtigen Strategie und den richtigen Finanzierungspartnern lässt sich die Transformation nicht nur meistern, sondern auch gezielt für sich nutzen – davon bin ich überzeugt.

Alexandra Avramopoulos ist Managing Director im Global Banking der UBS Europe SE. Sie verfügt über 23 Jahre Erfahrung im Investment Banking und bedient aus Frankfurt heraus eine Vielzahl an Unternehmens- und Unternehmerkunden bei allen Vorhaben rund um Mergers & Acquisitions, Börsengängen, Private Placements und Akquisitionsfinanzierungen. Zusätzlich verantwortet sie die UBS Entrepreneur Initiative in Deutschland. Bei Interesse erreichen Sie Alexandra Avramopoulos einfach per E-Mail.

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