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Deutsche Autoindustrie verlagert Investitionen ins Ausland - VDA fordert Reformen

VDA-Präsidentin Hildegard Müller warnt vor Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und fordert umfassende Reformen für den Automobilstandort Deutschland.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller fordert Reformen für den Automobilstandort Deutschland auf der VDA-Jahrespressekonferenz.(Foto: picture alliance / dpa | Horst Galuschka)

Die deutsche Automobilindustrie investiert zunehmend im Ausland statt in Deutschland. Laut aktuellen Daten des Verbands der Automobilindustrie (VDA) fließt seit 2022 mehr als die Hälfte der Investitionen in ausländische Standorte. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht darin ein alarmierendes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland und fordert weitreichende Reformen.

Investitionstrend ins Ausland

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Während 2008 noch 70 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsausgaben deutscher Autokonzerne ins Inland flossen, sank dieser Anteil bis 2023 auf unter 50 Prozent. Bei den Sachinvestitionen in Produktionsanlagen ist der Trend noch dramatischer. Hier schrumpfte der Anteil für deutsche Standorte von 49 Prozent im Jahr 2012 auf nur noch 38 Prozent im Jahr 2023, wie VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte.

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Neben den Standortbedingungen in Deutschland spielen auch Faktoren wie Kompetenzen und Marktnähe eine Rolle. "Die Entwicklung der Märkte begünstigt Entwicklungsausgaben außerhalb Europas", erläutert Kallweit. "Dort gibt es Wachstumspotential, manche asiatische Märkte wie etwa Indien stehen aber noch am Anfang der Entwicklung. Da begünstigen Forschung und Entwicklung im Land auch die Markterschließung."

Forderungen nach Reformen

Angesichts dieser Entwicklung fordert VDA-Präsidentin Hildegard Müller tiefgreifende Reformen. "2025 muss ein Jahr des Neustarts sein, um das Jahr der Trendwende zu werden", sagte Müller auf der VDA-Jahrespressekonferenz. Sie betonte die Notwendigkeit eines "zwingend notwendigen Mentalitätswandels und Politikwechsels, um den Standort international wieder wettbewerbsfähig zu machen". Konkret fordert Müller eine Agenda für Innovation, Wachstum, Bürokratieabbau und Arbeitsplätze. Sie warnt: "Keine kleinen Schritte, sondern der große Wurf ist notwendig, politisch und ja auch gesellschaftlich – denn dies kann nur gemeinschaftlich gelingen."

Als zentrale Herausforderungen für den Automobilstandort Deutschland identifiziert Müller die hohen Energiepreise, übermäßige Bürokratie und Defizite in der Digitalisierung. Sie verweist darauf, dass die Gaspreise in Deutschland um den Faktor drei über denen in China und sogar um den Faktor fünf über denen in den USA liegen. Auch beim Strompreis sieht sie einen massiven Wettbewerbsnachteil. Im Bereich Digitalisierung kritisiert Müller eine übermäßige Regulierung, die Innovationen bremse. Sie fordert eine praxistaugliche Umsetzung von Gesetzen wie dem AI Act und eine Überarbeitung der KI-Strategie, um Deutschland als führenden KI-Standort zu etablieren.

Agenda der VDA-Präsidentin: Vier Kernpunkte für die Zukunft

Hildegard Müller hat eine klare Vision für die Zukunft der deutschen Automobilindustrie. Hier sind die vier wichtigsten Punkte ihrer Agenda:

  • Energiekosten senken: Müller fordert eine Reform der Netzentgelte und einen technologieoffenen Kapazitätsmarkt für die Stromerzeugung. Ziel ist es, die Stromkosten zu senken und das Laden von Elektrofahrzeugen günstiger als das Tanken zu machen.
  • Digitalisierung vorantreiben: Die VDA-Präsidentin plädiert für eine praxistaugliche Umsetzung von Gesetzen wie dem AI Act und eine Überarbeitung der KI-Strategie. Sie sieht in der Künstlichen Intelligenz eine Schlüsseltechnologie für die Automobilindustrie.
  • Bürokratie abbauen: Müller fordert konkrete Maßnahmen zum Bürokratieabbau, sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene. Sie schlägt verpflichtende Praxischecks und Digitalchecks für neue Gesetze vor.
  • Steuern und Abgaben reformieren: Die VDA-Präsidentin spricht sich für eine Senkung der Unternehmenssteuern, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und bessere Abschreibungsbedingungen aus. Zudem fordert sie eine Investitionsprämie für Klimaschutz und Digitalisierung.

Diese Agenda zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie zu stärken und den Standort Deutschland attraktiver für Investitionen zu machen.
 

Prognosen für den deutschen Automarkt

Trotz der Herausforderungen gibt es auch positive Signale. Für den deutschen Pkw-Markt prognostiziert der VDA für 2025 einen leichten Anstieg um ein Prozent auf 2,8 Millionen Einheiten. Besonders erfreulich entwickelt sich der Markt für Elektrofahrzeuge: Der VDA erwartet für 2025 einen Anstieg der Neuzulassungen von Elektro-Pkw um 53 Prozent auf 873.000 Einheiten. Auch bei der inländischen Produktion von Elektro-Pkw rechnet der VDA mit einem deutlichen Wachstum. Für 2025 wird ein Plus von 24 Prozent erwartet, wodurch insgesamt 1,7 Millionen Elektro-Pkw in Deutschland gefertigt werden sollen. Damit könnte Deutschland seine Position als weltweit zweitgrößter Produktionsstandort für Elektro-Pkw festigen.