Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Einkauf, Marketing und Marken > „Grüne“ Lieferkette

Nachhaltiger Einkauf: So funktioniert er in der Praxis

Ökonomie und Ökologie müssen sich nicht ausschließen. Der Industriezulieferer Elobau wählt seine Zulieferer sehr genau aus. Für einen nachhaltigen Einkauf setzt das Unternehmen auf langfristige Kundenbeziehungen und entwickelt seine regionalen Lieferanten aktiv weiter.

Zerstörerische Rabatt- und Preisschlachten bis zum Ruin des Zulieferers sind in manchen Branchen an der Tagesordnung. Zum Beispiel in der Industrie – aber es kann auch anders gehen: Horst Huber, Leiter Einkauf beim Industrieausrüster Elobau, denkt bei der Beschaffung auch an die Auswirkungen für die Menschen, der Gesundheit und das Weltklima. Vor zehn Jahren hatte die Geschäftsleitung beschlossen nachhaltige Kriterien in der Wertschöpfungskette zu berücksichtigen – und jede Abteilung sollte ihren Beitrag dazu leisten.

Bei Nachhaltigkeit geht es allgemein darum, innerhalb der Wertschöpfung alle Aspekte eines Produkts und der Value-Chain so zu gestalten, dass daraus ein ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Nutzen entsteht. Ein nachhaltiger Einkauf kann vor allem in den Bereichen Materialien, Energie, Gesundheit und Klimaschutz einen Beitrag leisten. Das oberschwäbische Unternehmen hat insgesamt 1.400 Lieferanten bei denen es seine Einflussmöglichkeiten einsetzt.

85 Prozent der Zukaufsteile werden aus Deutschland bezogen

Um den Schalter auf „nachhaltig“ umzulegen, bedarf es einer guten Planung und vieler kleiner Schritte. Im ersten Schritt muss zunächst geklärt werden, von wo und von wem das Unternehmen die Ressourcen bezieht und unter welchen Bedingungen die Lieferanten produzieren. Das gilt für bestehende Zulieferer wie auch für neue. „Bei neuen Lieferanten führen wir vorab eine Befragung zu den Themen Qualität, Energie, Umwelt und soziale Verantwortung durch“, schildert Horst Huber das Vorgehen. Anhand der Antworten vergibt Elobau dann Punkte, die in eine selbst angepasste Einkaufssoftware einfließen.

 

Nur, weil der Industriezulieferer nachhaltig ist, heißt das nicht, dass er nicht auch Geld verdienen will. Um sicherzustellen, dass die Produktion reibungslos läuft, müssen deshalb auch noch konventionelle Kriterien erfüllt werden. „Ein umweltfreundlicher Rohstoff bringt uns nichts, wenn die Liefertreue schlecht ist“, sagt Huber. Deshalb fließen auch noch Gesichtspunkten wie eben Liefertreue, Flexibilität und Reklamationsverhalten in die Gesamtleistung für jeden Zulieferer ein. Das Ergebnis wird mit internen Benchmarks abgeglichen – Lieferanten, die über eine Mindestpunktzahl nicht hinauskommen, kommen nicht als Zulieferer infrage. „So können wir darauf vertrauen, dass wir möglichst nachhaltig einkaufen“, sagt Huber. Heute bezieht das Unternehmen 85 Prozent der rund 9.000 Zukaufteile aus Deutschland und zusätzlich 10 Prozent aus der EU, wobei rund 70 Prozent der zugekauften Artikel aus Deutschland auch in der EU hergestellt werden. Ein weiterer Schwerpunkt sind regionale Unternehmen.

Weniger Verpackungsmaterial = mehr Wertschöpfung

„Es ist uns sehr wichtig, unsere rund 1.400 Lieferanten auf Basis ihres Leistungsgrads ständig weiterzuentwickeln“, sagt Einkaufsleiter Horst Huber. Elobau berücksichtigt dabei bewusst auch kleine Unternehmen: Der Fragebogen ist so gestaltet, dass auch Betriebe eine Chance haben, wenn sie individuelle Nachhaltigkeitsmaßnahmen umsetzen, die nicht zertifiziert sind. „Mit den Mittelständlern aus der Region arbeiten wir sehr gern zusammen, weil wir durch kurze Wege flexibler sind“, erläutert Huber. 

Auf rund 30 Zulieferer vor Ort sind die Einkäufer und Materialexperten für einen nachhaltigen Einkauf aktiv zugegangen: „In eintägigen Audits machen wir konkrete Verbesserungsvorschläge. Viele sind dafür offen und dankbar“, sagt Huber und nennt ein Beispiel: Ein Lieferant hat den Transport von Drehteilen in einem umweltfreundlichen Mehrfachbehältersystem aus Kunststoff umgestellt. Diese Lösung spart Transportkosten, Arbeitszeit und Verpackungsmaterial und wirkt sich positiv auf die Wertschöpfung aus. Zudem ist die vereinbarte Qualitätskontrolle für die Drehteile verkürzt, weil man sich schon lange kennt und vertraut. „Die wissen, wie wir ticken, und wir wissen, wie die ticken“, bringt es Huber auf den Punkt. 

Suche nach weiteren „Preferred Suppliers“

„Wir versuchen positiven Einfluss auf unsere Zulieferer zu nehmen. Wenn wir etwas in der Presse oder aus einem Verband mitbekommen, sprechen wir unsere Lieferanten darauf an“, sagt Huber. Bei Magneten hat sich Elobau bisher schwergetan, seine nachhaltigen Kriterien umzusetzen, weil Abbau und Produktion im weit entfernten China stattfinden. Negative Folgen versucht das Unternehmen abzumildern, indem es seine Magnetzulieferer ermuntert, sich der vor kurzem gegründeten deutsch-chinesischen Kooperation „Fair Magnet“ anzuschließen. Die Nichtregierungsorganisation hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Rohmagnetproduktion zu verbessern. 

Elobau verfügt derzeit über 28 selbst weiterentwickelte Zulieferer. In diesem Jahr sollen 25 weitere solcher „Preferred Suppliers“ hinzukommen und langfristig mit dem Industriezulieferer kooperieren. Das seit 2010 klimaneutral produzierende Unternehmen arbeite im Durchschnitt 18 Jahre mit seinen Lieferanten zusammen, sagt Huber.

Vor einem halben Jahr hat Elobau auch sein erstes Produkt auf den Markt gebracht, das Nachhaltigkeitskriterien in den Mittelpunkt stellt. Der verwendete Kunststoff der „Modularmlehne Midi“ ist zu 75 Prozent biobasiert, und die Armauflage ist mit biologisch erzeugtem Lederimitat aus Apfelschalen bezogen, das keine Weichmacher enthält. Die Erfahrung aus der Armlehne soll nun auch auf andere Produkte übertragen werden, sagt Huber.

Ähnliche Artikel