„Nur 50 Emails an Lieferanten rauszuschicken reicht nicht“, warnt Vorstandsmitglied Yusuf Arslan vom International Turkish Business Center. Beschaffung in der Türkei hat Vorteile wie eine gute Qualität, eine hohe Qualifikation der Arbeitnehmer, ein wettbewerbsfähiges Preisniveau und kurze Transportwege. Doch wer zu wenig in Aufbau und Pflege der Geschäftsbeziehung steckt, kehrt mit negativen Erfahrungen aus dem Land im Aufbruch zurück.
Ein deutscher Mittelständler aus der Bekleidungsindustrie war über den Aufdruck seines Logos auf einer Lieferung von Kleidungsstücken aus der Türkei entsetzt. Der Aufdruck ließ beim besten Willen das Original nicht mehr erkennen. „Auf der sicheren Seite ist ein Einkäufer, wenn er mit Proben arbeitet und diese Proben vor Ort prüft", erklärt Rechtsanwalt Kaan Kalkan von Diem & Partner.
Lieferanten verstehen deutschen Markt
Ein anderer deutscher Einkäufer hatte zwar vorsorglich Toleranzen bei der Fertigung seiner Schläuche vereinbart, doch der größte Teil der gefertigten Schläuche bewegte sich am äußersten Rand der Toleranzgrenze und war damit faktisch schon fast Ausschussware. Besser wäre es gewesen, vorher festzulegen, dass sich 50 bis 60 Prozent der gelieferten Schläuche im mittleren Bereich der Fertigungstoleranz bewegen sollten. Kalkan betont: „Wichtig ist, im Einkauf genau zu spezifizieren: Was möchte ich, was erwarte ich.“
Torsten Müller, Chief Operating Officer beim Bekleidungshersteller Schöffel hat hingegen gute Erfahrungen beim Einkauf in der Türkei gemacht. Das Know-how und die Qualität der türkischen Lieferanten haben ihn davon überzeugt, sich der Beschaffung aus der Türkei verstärkt zuzuwenden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist für ihn die kurze räumliche Distanz zur Türkei. Damit sei man schnell vor Ort und auch eine andere, wichtige Form von Nähe zählt für ihn: „In der Türkei gibt es ein ausgeprägtes Verständnis für den deutschsprachigen Markt“, sagt der Chef-Einkäufer.
„Die Türken verstehen uns“, sagen viele Einkäufer über ihre türkischen Geschäftspartner. Allerdings erst, nachdem sie sie kennengelernt haben. Wer jedoch nur schriftlich in Kontakt tritt – möglicherweise auf deutsch – kommt nicht weit bei türkischen Lieferanten. Empfohlen wird von Experten ein erster Kontakt auf Messen, das Nachfassen per E-mail, Telefon und schließlich der persönliche Besuch, im besten Fall die gemeinsame Entwicklung mit dem Lieferanten.
Türkei: Beschaffungsmarkt der Zukunft
Die Vaillant-Gruppe kauft rund um ihren Fertigungsstandort Bozüyük in der Türkei unter anderem Manometer sowie größere Mengen an Stahlcoils und Gusskomponenten, insbesondere Radiatorenguss ein. Rund 12 Prozent des gesamten Beschaffungsvolumens der Gruppe bezieht das Unternehmen bereits aus der Türkei. Einkaufschef Martin Jungbluth schätzt die Türkei als einen Beschaffungsmarkt mit zunehmender strategischer Bedeutung ein: „Die Wirtschaftsleistung in der Türkei wächst und der Lieferantenmarkt wird zunehmend wettbewerbsfähiger. In der Gussindustrie ist die Türkei bereits heute auf der Kostenseite international wettbewerbsfähig.“
Auch die Gardner Denver Group setzt auf Beschaffung aus der Türkei: Baugruppen, Filtermaterial und Gussprodukte sind inzwischen made in Turkey. Aluminium und Eisenguss stehen derzeit auf der Agenda; hierzu werden intensiv die Einkaufsoptionen recherchiert. Einkaufsleiter Frank Wacker streicht seine positiven Erfahrungen heraus: „Die Qualität der Mitarbeiter ist gut. Die Technologie ist besser als in Asien, auch wenn das Preisniveau etwas über den asiatischen Anbietern liegt.“
„Oftmals ist das Back-office noch nicht so gut qualifiziert“, bedauert Wacker jedoch. Während die Geschäftsanbahnung in der Beschaffung oftmals sehr gut und professionell verlaufe, würde es oft noch in der weiteren Abwicklung in der Türkei hapern. Dies betreffe dann die Termintreue und die logistische Abwicklung.
Auch Martin Jungbluth sieht bei der Bewältigung von qualitativen Aufgaben auf Seiten der türkischen Lieferanten noch Verbesserungsbedarf. Hier müssten noch einige Ressourcen eingebracht und Prozesse etabliert werden, um die türkischen Lieferanten in eine internationale Spitzenposition zu bringen.

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Quelle: BME, Markt und Mittelstand
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Linktipps
Verband der türkischen Stahlproduzenten
www.dcud.org.tr
International Turkisch Business Center: Vorträge, Wirtschaftstage, Delegationsreisen, Geschäftsanbahnung
www.itb-center.com/index.php
Messemarkt Türkei: Messeplätze, Messetermine
http://www.auma.de/_pages/d/04_MessemaerkteAusland/0402_Laenderprofile/040228_Tuerkei/04022801_Wirtschaft.aspx
Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer: Geschäftspartnersuche, Lieferantensuche, Marktrecherche, Firmenauskünfte
http://www.dtr-ihk.de/
Vereinigung türkischer Industrieller und Geschäftsleute, TÜSIAD Berlin Office,
Turkish Industry & Business Association, Märkisches Ufer 28, 10179 Berlin
http://www.tusiad.org/