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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Amazon darf Arbeitstempo seiner Beschäftigten überwachen

Wie sehr dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter überwachen dürfen, wird immer wieder hitzig diskutiert. Jetzt hat ein Gericht ausgerechnet Amazon den Rücken gestärkt. Was das auch für andere Unternehmen bedeutet.

Amazon gewinnt vor Gericht: Mitarbeiter dürfen überwacht werden

Das Verwaltungsgericht Hannover hat nun in einem Fall der Unternehmensseite den Rücken gestärkt: Amazon darf das Arbeitstempo seiner Beschäftigten auswerten. Lisa-Marie Niklas, Partnerin im Arbeitsrecht bei ARQIS und Daniel Schlemann, Rechtsanwalt bei ARQIS, ordnen das Urteil ein.

 

Der Fall

 

Amazon-Mitarbeiter im Logistikzentrum nutzen Handscanner, mit denen sie alle Arbeitsschritte erfassen. Die so gewonnen Daten nutzt Amazon zum einen für die Qualitätssicherung und um Warenstaus zu vermeiden. Zum anderen wird aber auch erfasst und ausgewertet, wie schnell die Beschäftigten arbeiten.
Eben diese Erfassung und Auswertung der Arbeitsgeschwindigkeit hielt die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen für datenschutzwidrig und untersagte sie dem Unternehmen. Die ununterbrochene, minutengenaue Qualitäts- und Quantitätsauswertung verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter, so die Behörde.

 

Amazon hielt dagegen, man habe ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung und klagte gegen die Untersagungsverfügung vor dem Verwaltungsgericht. Die Datenverarbeitung diene dazu, die logistischen Dienstleistungen zu steuern. Durch die Leistungswerte werde erkennbar, in welchem Tempo die Arbeitnehmer ihre Arbeit verrichten, sodass die Arbeit frühzeitig umverteilt werden könne. Es würden zudem objektive und faire Bewertungsgrundlagen für Feedback und Personalentscheidungen geschaffen.

Das Urteil

 

Das Verwaltungsgericht Hannover räumte zwar ein, dass mit der Datenerfassung ein gewisser Anpassungs- und Überwachungsdruck durch Amazon einhergehen könne. Es schloss sich aber letztlich der Ansicht von Amazon an und hielt die Verarbeitung der Leistungsdaten für erforderlich (Az. 10 A 6199/20).
In der Erhebung von Leistungsdaten der Beschäftigten liege kein Verstoß gegen den Datenschutz, da personenbezogene Daten im Beschäftigungsverhältnis nach § 26 Bundesdatenschutzgesetz verarbeitet werden dürften, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses erforderlich sei. Die Auswertung der Daten diene dem legitimen Zweck der Steuerung von Logistikprozessen und nicht dazu, personenbezogene Daten zu erfassen. Dabei berücksichtigte das Gericht unter anderem, dass keine heimliche Datenerhebung erfolge, sondern die Beschäftigten die Datenerhebung vorhersehen könnten und wüssten, dass die Klägerin die Daten für die logistischen Prozesse benötige. Zudem fände keine Verhaltenskontrolle statt, sondern lediglich eine Leistungskontrolle. Die Kommunikation der Mitarbeiter und physische Bewegungen würden nicht erfasst. Die Privatsphäre sei nicht betroffen. Das wirtschaftliche Interesse des Unternehmens überwiege gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter. Die Überwachung habe zudem auch einen positiven Effekt auf die Mitarbeiter. Denn hierdurch würde objektives Feedback ermöglicht und könne Stress reduziert werden, da die Mitarbeiter anhand ihrer persönlichen Arbeitskraft eingesetzt würden.

 

Folgen für die Praxis

 

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zeigt, dass die Erfassung und Auswertung von Leistungsdaten nicht per se verboten ist, sondern jeweils vom konkreten Einzelfall abhängt. Wenn Auswertungen für den Betriebsablauf notwendig sind und die Interessen der Mitarbeiter gewahrt sind, insbesondere die Überwachung nicht heimlich erfolgt und für die Mitarbeiter vorhersehbar ist, kann eine solche Datenverarbeitung also gerechtfertigt sein.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Sollte es aber Rechtskraft erlangen oder in der möglichen Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht bestätigt werden, stärkt es Arbeitgeber darin, bei der Leistungsauswertung bei Streitigkeiten über Datenerhebung im Betrieb gegenüber Mitarbeitern und Betriebsräten nicht sofort klein beizugeben, sondern auf die berechtigten Zwecke der Datenverarbeitung zu verweisen. Damit dies gelingen kann, müssen die Zwecke allerdings sauber dokumentiert werden. Zudem muss auch darauf geachtet werden, dass wirklich nur die Daten erfasst werden, die für das Erreichen dieser Zwecke erforderlich sind.

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