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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Bei fertigverpackter Leberwurst zählen Hülle und Verschlussclip mit zur Füllmenge

Dürfen bei 130 Gramm Leberwurst 2,3 Gramm auf nicht essbare Verpackung entfallen? Das Oberverwaltungsgericht NRW hat entschieden, dass Wursthüllen und Verschlussclipse zur Füllmenge von fertigverpackter Leberwurst gehören.

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat entschieden, dass Wursthüllen und Verschlussclipse zur Füllmenge von fertigverpackter Leberwurst gehören. Bild: Shutterstock

Dass eine Füllmengenabweichung von gut zwei Gramm nicht zu unterschätzen ist und unter Umständen zu einem Verkaufsverbot führen kann, zeigt ein Fall aus Münster, bei dem es für die Parteien wortwörtlich um die Wurst geht:

Der Fall

Ein Wurstwarenhersteller war 2019 zweimal durch den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen NRW kontrolliert worden. Bei den Füllmengenkontrollen stellte sich heraus, dass Leberwürste des Herstellers nicht wie angegeben 130 Gramm feine Wurstmasse enthielten, sondern nur 127,7 bzw. 127,4 Gramm. Die restlichen 2,3 bzw. 2,6 Gramm entfielen auf die nicht essbare Wursthülle und den Wurstendenabbinder.

Dieses Zuwenig an Wurst hatte die Kontrolleure bei früheren Kontrollen nicht gestört, weil nach einer Verwaltungsvorschrift zur Füllmengenkontrolle Pelle und Verschlussclip tatsächlich zum Nettogewicht zählten. Nach der europäischen Lebensmittelinformationsverordnung, die 2014 in Kraft trat, dürfen aber nicht essbare Teile nicht zur Füllmenge gezählt werden. Daran hielt sich der Messbetrieb nun und verbot dem Wursthersteller den Verkauf der entsprechend verpackten Waren.

Der Hersteller klagte.

Das Urteil

Das Verwaltungsgericht Münster wies die Klage des Herstellers ab. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen änderte das Urteil der Vorinstanz ab und hob die Untersagungsverfügung des Messbetriebes auf.

In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende Richter aus, dass nach einer europäischen Richtlinie von 1976 die Füllmenge die Erzeugnismenge meint, die eine Fertigpackung tatsächlich enthält. Die Fertigpackung bestehe dabei aus dem Erzeugnis und seiner „vollständigen und mengenerhaltenden Umschließung beliebiger Art“. Die seit 2014 geltende Lebensmittelinformationsverordnung habe die Bestimmungen zur Füllmenge vorverpackter Lebensmittel nicht geändert, sondern nehme auf die bestehenden Vorschriften Bezug.

Auch Würste in nicht essbaren Hüllen und mit Verschlussclipsen seien Erzeugnisse im Sinne des Fertigpackungsrechts, so das Gericht. Als fertigverpackt seien sie erst dann anzusehen, wenn sie mit einer Umschließung beliebiger Art an die Verbraucher abgegeben werden. Dieses Begriffsverständnis sei notwendig, um umhüllte Würste ohne Angabe der Nennfüllmenge überhaupt an der Fleischtheke zum Wiegen vor Ort anbieten zu können.

Weil es eine grundsätzliche Bedeutung der Sache sieht, ließ das OVG die Revision zu. Endgültig wird über das Wurstgewicht mit oder ohne Hülle nun das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

Oberverwaltungsgericht Münster, Az. 4 A 779/23

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