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Recht und Steuern > Urteil der Woche

BFH: Unangekündigter Besuch vom Finanzamt war unzulässig

Dürfen Finanzbeamte einfach so klingeln, um nachzuschauen, ob die Angaben zum häuslichen Arbeitszimmer in der Steuererklärung stimmen? Diese Frage hatte jüngst der Bundesfinanzhof (BFH) zu beantworten. Die Antwort fiel eindeutig aus.

Unangekündigter Besuch vom Finanzamt war unzulässigBild: Shutterstock

Angaben in der Steuererklärung zum häuslichen Arbeitszimmer erwecken immer einmal wieder den Argwohn des Finanzamts: Wird das Zimmer tatsächlich zum Arbeiten genutzt? Und gibt es das Zimmer in der angegebenen Art und Weise überhaupt? Um das zweifelsfrei zu überprüfen, wäre ein sicherer Weg: Hinfahren, nachschauen. Doch ganz so einfach geht das nicht, entschieden jetzt die obersten Finanzrichter (Urteil vom 12.07.2022, VIII R 8/19).

 

Worum ging es in dem Fall vor dem BFH?

In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte eine selbstständige Unternehmensberaterin in ihrer Einkommenssteuererklärung erstmals die Kosten für ein Arbeitszimmer geltend gemacht. Als das Finanzamt nachfragte, legt sie dazu eine Wohnungsskizze vor. Doch diese überzeugte den zuständigen Finanzbeamten nicht, so dass er einen Kollegen von der Steuerfahndung bat, sich ein Bild von der Wohnung zu machen. Dieser stattete der Unternehmensberaterin dann tatsächlich unangekündigt einen Besuch ab. Die Unternehmensberaterin widersprach nicht und ließ den Mann in die Wohnung.

 

Im Nachhinein wollte die Frau allerdings feststellen lassen, dass die Aktion der Finanzbeamten nicht korrekt war und klagte. Der BFH entschied: Die spontane Wohnungsbesichtigung auf Geheiß des Finanzamts war rechtswidrig. Die Unternehmensberaterin hatte erkennbar daran mitgewirkt den Sachverhalt aufzuklären, so dass als milderes Mittel zunächst weitere Anfragen an sie geboten waren. Zudem betont der BFH, dass das Betreten von Wohnräumen durch Finanzbeamte ein Grundrechtseingriff ist, der nur in sehr engen Grenzen verhältnismäßig sein kann. Dies war er im entschiedenen Fall auch deshalb nicht, weil die Wohnungsbesichtigung unangekündigt erfolgte. 

 

Unangekündigte Besichtigung war unverhältnismäßig

Für den Düsseldorfer Steueranwalt Rainer Biesgen von Wessing & Partner ist die Entscheidung folgerichtig: „Der BFH hat die unangekündigte Überprüfung zu Recht als unverhältnismäßig angesehen und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die grundgesetzlich geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung hingewiesen“, so Biesgen. „Weil die Klägerin den Beamten in die Wohnung hineingelassen hat, haben die Richter zwar keinen schweren Grundrechtseingriff gesehen. Dennoch haben sie klargestellt, dass die Maßnahme weder erforderlich noch verhältnismäßig war. Aus der Begründung des Urteils ergibt sich über den konkreten Fall hinaus, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung zur Überprüfung eines Arbeitszimmers regelmäßig unverhältnismäßig ist.“

 

Klare Worte fand der BFH außerdem zu dem Umstand, dass das Finanzamt nicht einen Mitarbeiter der Veranlagungsstelle, sondern gleich einen Steuerfahnder mit der Wohnungsbesichtigung beauftragte. „Die Steuerfahndung ist zuständig, wenn ein Verdacht auf eine Steuerstraftat vorliegt und kann dann auch steuerlich ermitteln. Darum ging es hier aber keineswegs, da kein Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung bestand“, erläutert Rechtsanwalt Biesgen. „Wie der BFH in der Entscheidung völlig richtig anmerkt, kann ein Besuch von der Steuerfahndung beispielsweise bei den Nachbarn den Eindruck erwecken, dass gegen den Betroffene wegen einer Straftrat ermittelt werde. Das muss niemand dulden, wenn gar kein Verdacht besteht.

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