Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Finanzierung > Interview

Erfolgsgeheimnis im turbulenten Finanzmarkt

Michael Kotzbauer, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Commerzbank AG, enthüllt, wie sie ihren Kunden zur Seite steht, die grüne Transformation vorantreibt und neue Chancen in der Schweiz ergreift.

(Picture alliance)

Die letzten Jahre der Multikrisen und der Nullzinsperiode waren für Banken generell nicht vergnüglich. Wieso steht die Commerzbank dennoch heute so gut da?

Wir haben unsere „Hausaufgaben“ zur richtigen Zeit erledigt und die Bank zukunftsgerichtet aufgestellt. Unsere gute Ertragsentwicklung zeigt, dass unser kundenzentriertes Geschäftsmodell auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld trägt. Gerade in Zeiten wie diesen stehen wir fest an der Seite unserer Kunden. Entsprechend haben beide Kundensegmente, damit meine ich das Privat- und das Firmenkundengeschäft, starke Ergebnisse erwirtschaftet. Wir hatten nach einem erfolgreichen 2023 auch ein sehr gutes erstes Halbjahr 2024. Insgesamt, sogar das Beste seit 15 Jahren.

…was ein Zeichen dafür sein könnte, dass die Commerzbank, - wenn man auch den aktuellen Awards glauben darf – die unangefochtene Mittelstandsbank Nr. 1. ist. Sie haben ihr Ohr nah am Kunden. Wie ist derzeit die Stimmung bei Ihren Kunden – dem deutschen Mittelstand?

Zu allererst: Ich freue ich mich wirklich außerordentlich darüber, dass wir seit vielen Jahren von unseren Kunden zur Mittelstandsbank Nr. 1 gewählt werden. Das bestätigt uns in unserer Arbeit und ist für uns Ansporn, immer noch besser zu werden. Von unseren Firmenkunden höre ich bei meinen regelmäßigen Besuchen nämlich ganz klar, dass ihre Sorgen um den Wirtschaftsstandort Deutschland wachsen. Viele wollen und erwarten, dass die strukturellen Probleme in unserem Land schnell und entschlossen angegangen und dann auch gelöst werden, um die Innovationsfähigkeit des Mittelstands im Inland nicht dauerhaft zu gefährden und durch klare Rahmenbedingungen die Investitionstätigkeit zu fördern.

Und welche Lösung schlagen Sie vor?

Die aktuelle Konjunkturlage ist für Unternehmen in Deutschland herausfordernd. Aus meiner Sicht braucht es daher im ersten Schritt eine ganzheitliche Zukunftsagenda, die Bildung, Digitalisierung, Energie und Infrastruktur als wichtigste Säulen unserer Wirtschaft zusammenführt. Darüber hinaus fordern viele Unternehmen von der Politik, die überbordende Bürokratie auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren. Dies gilt natürlich auch für den Bankensektor. Klares Ziel muss es sein, die Standortbedingungen wieder zu verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die grüne Transformation der Wirtschaft voranzutreiben. Dazu sind alle Beteiligten wie Unternehmen, Banken und Politik gefordert.

Michael Kotzbauer, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Commerzbank AG

Apropos Transformation: Erneuerbare Energien laufen gut - aber ist das nicht schon die nächste Blase?

Nach allen mir bekannten Rahmendaten kann ich derzeit keine Blase erkennen. Der Zubau der erneuerbaren Energien hat insbesondere seit Beginn des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine an Fahrt gewonnen. Gerade in Deutschland ist der Aufbau einer resilienten und CO2-freien Energieversorgung ohne erneuerbare Energien nicht denkbar.

Ihr Stichwort Ukraine nehme ich gerne auf. Die Commerzbank hat Renk an die Börse gebracht - wie sind die Aussichten für mittelständische Defense-Unternehmen generell?

Es gibt hochgradig spezialisierte mittelständische Anbieter in dem Bereich, die sich aufgrund ihrer Schlüsseltechnologien eine gute Marktstellung erarbeitet haben. Das liegt natürlich an der veränderten geopolitischen Lage und damit an der erhöhten Nachfrage.

 

Bleiben wir bei der Geopolitik. Was treibt die mittelständischen Kunden der Commerzbank derzeit mehr um: Chinas Schwäche oder neue Zölle in den USA ?

Wenn Sie danach fragen, welcher Markt wichtiger für den deutschen Mittelstand ist, dann lautet die Antwort: beide Märkte sind sehr wichtig. Die USA sind der größte Abnehmer für deutsche Exporte und China gehört auch zu den Top 5. Der Handel mit China hat sich jedoch zuletzt abgeschwächt, ein akutes Problem für deutsche Unternehmen. Sicherlich würden auch zusätzliche Zölle in den USA auf Einfuhren aus Deutschland zu neuen Herausforderungen führen. Dabei ist aber gerade für das deutsche Wirtschaftsmodell mit vielen mittelständischen Unternehmen, die eng in die globalen Wertschöpfungsketten eingebunden sind, ein freier grenzüberschreitender Handel essentiell.

Die Commerzbank ist die Hausbank des exportierenden Mittelstands. Wie wirkt sich der Trend zum Friendshoring und Nearshoring aus? Ist die Zeit der Globalisierung vorbei?

Der Trend zu Friendshoring und Nearshoring veranlasst den Mittelstand, Produktionsstätten in geopolitisch stabile oder geografisch nähere Länder zu verlagern. Dies verringert Risiken und Abhängigkeiten, was gerade in Krisenzeiten entscheidend ist. Die Globalisierung ist nicht gebrochen, sondern sie wandelt sich und passt sich der Lage an. Der Fokus verlagert sich auf stabilere, oft regionale Partnerschaften, was zu einer resilienteren internationalen Ausrichtung führt.

Sie haben kürzlich verkündet, dass die Commerzbank für die Schweiz 30 neue Mitarbeiter an Bord holen möchte. Was macht ausgerechnet die Schweiz zu einem interessanten Markt?

Die Schweiz ist für uns ein sehr attraktiver Markt. Schweizer Unternehmen erschließen traditionell und mit einer großen Innovationsstärke neue Märkte außerhalb der Heimat und sind im Export höchst erfolgreich. Viele Schweizer Unternehmer fragen deshalb nach Finanzierungslösungen rund um den Außenhandel. Diese Nachfrage kann die Commerzbank als führende deutsche Außenhandelsbank optimal abdecken. Unser Anspruch ist es, die internationale Hausbank für Schweizer Firmenkunden zu sein.

 

Das Interview führte David Harnasch

Ähnliche Artikel