Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Recht und Steuern > Corona-Rückforderungen meistern

Herausforderungen und rechtliche Hürden bei der Rückzahlung von Corona-Hilfen

Bei der abschließenden Abrechnung der Corona-Wirtschaftshilfen sehen sich viele Unternehmen mit behördlichen Rückforderungen von geflossenen Unterstützungszahlungen konfrontiert.

(Foto: Shutterstock)

Ein Teil der Schlussbescheide liegt vor, eine Vielzahl von Verfahren sind allerdings noch nicht abgeschlossen. Nach Bekunden des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sollen alle ausstehenden Schlussabrechnungen der Unternehmen über prüfende Dritte wie etwa Steuerberater bis Ende September 2024 eingereicht werden. Das Vorgehen der öffentlichen Hand löst auf Unternehmensseite viele Fragen aus.

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen zur Abmilderung der Pandemieauswirkungen

Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die deutsche Wirtschaft abzumildern, hat der Bund in Kooperation mit den Ländern beginnend im Jahr 2020 verschiedene öffentliche Unterstützungsprogramme für betroffene Unternehmen aufgelegt. Dies umfasst etwa die Neustarthilfe und die November- und Dezemberhilfe sowie die Überbrückungshilfen I-IV. Die Wirtschaftshilfen sehen regelmäßig Fixkostenzuschüsse für coronabedingte Umsatz- bzw. Liquiditätsrückgänge vor.

Antragsverfahren mit Schlussabrechnungs-Mechanismus

Die Antragstellung für die Wirtschaftshilfen erfolgte weithin über sogenannte prüfende Dritte wie Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Anzugeben waren neben allgemeinen Informationen zum Unternehmen insbesondere bestehende Fixkosten sowie die aufgrund der Corona-Pandemie zu erwartenden Umsatz-/Liquiditätsrückgänge. Um betroffene Unternehmen kurzfristig zu unterstützen, erließen die von den Ländern bestimmten Bewilligungsstellen (Bewilligungsbehörden) Bescheide auf vorläufiger Basis und leisteten auf dieser Grundlage Abschlagszahlungen. Die Berechnung der endgültigen Höhe der Wirtschaftshilfen bleibt dann der Abrechnung im Schlussbescheid vorbehalten.

Zur Durchführung der Schlussabrechnung muss bzw. musste der prüfende Dritte Informationen und Unterlagen bei den Bewilligungsbehörden einreichen, regelmäßig über das digitale Portal des Bundes. Für die Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen konnte eine Fristverlängerung bis zum 30. September 2024 beantragt werden. Die zu erwartende Bearbeitungszeit für die Prüfung der Schlussabrechnung durch die Bewilligungsbehörden und deren Berater ist erheblich.

Auslösung einer Rückforderung

Auf Grundlage der Schlussabrechnung erfolgt eine inhaltliche Prüfung der Fördervoraussetzungen einschließlich der Berechnung der Höhe der Wirtschaftshilfe durch die Bewilligungsbehörde. Im Schlussbescheid legt die Behörde die Förderhöhe fest. Sind die Anforderungen für die Wirtschaftshilfen nicht erfüllt oder unterschreitet die final errechnete Hilfe die ausgezahlte Abschlagszahlung, so fordert die Behörde geleistete Abschlagszahlungen ganz oder teilweise zurück. Wird keine Schlussabrechnung eingereicht, werden die Hilfen in voller Höhe zurückgefordert.

Die Bewilligungsbehörden haben sich auf Eckpunkte für Rückzahlungs- und Stundungsabreden verständigt. Die Rückzahlungsfrist beträgt regelmäßig sechs Monate ab Datum des Schlussbescheids. Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen können im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu 36 Monaten getroffen werden. Wird keine Schlussabrechnung eingereicht oder geht die Behörde von einem Missbrauchsfall aus, beträgt die Rückzahlungsfrist lediglich einen Monat.

Darlegungs- und Rechtsschutzmöglichkeiten

In der vom prüfenden Dritten einzureichenden Schlussabrechnung des geförderten Unternehmens können unzutreffende oder unvollständige Informationen aus dem ursprünglichen Antrag korrigiert werden. Häufig ist es ratsam, solche Änderungen und Ergänzungen näher zu erläutern. Dies kann die Chancen erhöhen, dass die Bewilligungsbehörde die neuen Daten wie vom Unternehmen gewünscht der Abrechnung zugrunde legt.

Gegen einen Rückforderungsbescheid der Bewilligungsbehörde kann sich das betroffene Unternehmen rechtlich wehren. Hierfür stehen je nach Förderkonstellation der Widerspruch gegenüber den Behörden oder die direkte gerichtliche Klage zur Verfügung. Regelmäßig muss hierbei eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids eingehalten werden. Widerspruch und Anfechtungsklage haben normalerweise sogenannte aufschiebende Wirkung, dann ist während des laufenden Verfahrens zunächst keine Rückzahlung zu leisten. Es kann viele Jahre bis zur finalen gerichtlichen Klärung einer Rückforderung dauern.

 

Mögliche Förderthemen und Argumente

Die möglichen Gründe für behördliche Rückfragen bei der Schlussabrechnung sowie den Erlass eines Rückforderungsbescheids sind vielfältig. Dies schließt die folgenden Themen ein:

Coronabedingte Umsatzrückgänge

Teile der Bewilligungsbehörden stellen sehr hohe Anforderungen an den Nachweis eines coronabedingten Umsatzrückgangs. Diese restriktive Linie wird von den Behörden häufig trotz Bestätigung des prüfenden Dritten zum Coronabezug des Umsatzrückgangs verfolgt. Die Behörden argumentieren dann etwa, bei Umsatzeinbußen handele es sich nicht um coronabedingte Folgen, sondern vielmehr um generelle Entwicklungen im Bereich des allgemeinen unternehmerischen Risikos wie etwa saisonale Schwankungen. Entscheidend ist, gegenüber den Behörden im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen und in welchem Umfang das Unternehmen spezifisch durch die Corona-Pandemie betroffenen war. Dies können namentlich deutsche Schließungsanordnungen und Infektionsschutzmaßnahmen und deren direkte Folgen für das geförderte Unternehmen sein. Weniger erfolgsversprechend ist nach vorliegender Rechtsprechung und Verwaltungspraxis der Verweis auf allgemeinere wirtschaftliche Faktoren wie etwa (letztlich globale) Liefer- oder Materialengpässe.

Variable Fixkosten

Variable Kosten sind in den Förderbedingungen weithin von den Unterstützungsprogrammen ausgenommen. Allerdings sind oftmals auch variable Kostenpositionen wie Mieten betriebsnotwendig. Teilweise können variable Kosten auch in einen fixen und einen variablen Kostenblock aufgeteilt werden. Betriebsnotwendigkeit und etwaig „fixe“ Kostenanteile sollten gegenüber den Bewilligungsbehörden dargestellt und erläutert werden. Neue, nicht im ursprünglichen Antrag angegebene Fixkosten können von den Bewilligungsbehörden in begründeten Einzelfällen anerkannt werden.

Vorliegen eines Verbundunternehmens

Bei verbunden Unternehmen und gewissen Fällen der familiären Verflechtung von Unternehmensinhabern ist die Unterstützung in konsolidierter Form für den Verbund zu beantragen und zu berechnen. Dies kann zu Rückforderungen führen, wenn Verbundunternehmen bislang nicht bei der Berechnung berücksichtigt wurden.
Auf Grundlage des Mitte Juli 2024 veröffentlichten BMWK-Leitfadens zum Thema Verbundunternehmen spricht viel dafür, dass die Vermutung eines Verbundunternehmens auch bei bestehenden familiären Verbindungen von Unternehmensinhabern widerlegt werden kann. Viele Kriterien können gegen ein Verbundunternehmen sprechen, etwa eine getrennte Geschäftsführung und Buchhaltung, die fehlende gemeinschaftliche Nutzung von Betriebsmitteln, divergierende Kundenkreise und unterschiedliche Zielmärkte sowie das Fehlen von wirtschaftlichen Abhängigkeiten. Bei Vermietung im Familienkreis sollte dargelegt werden, wenn sich die Vermietung auf eine private Vermögenverwaltung beschränkt.

Weitere Themen

Auch vorgeblich falsche oder unvollständige Angaben zum geförderten Unternehmen bewirken teilweise Rückforderungsstreitigkeiten. Häufig haben diese Streitigkeiten ihren Grund in der formularmäßigen Begrenzung der Auswahlmöglichkeiten im Antragsprozess. Bloß angreifbare Schlüsse bei unklarer Antragsmaske sollten förderrechtlich unschädlich sein. Häufig ist auch die Förderpraxis zu den vorliegenden behördlichen Leitfäden heranzuziehen. So unterlagen manche Bewilligungsbehörden bei den Soforthilfen vielfach vor Gericht aufgrund unklarer Formulierungen in den Förderbedingungen.

Fazit

Die Rückforderung von staatlichen Corona-Wirtschaftshilfen stellt viele Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, bis hin zu drohenden Liquiditätsengpässen. Hierbei können sich komplexe förderrechtliche Fragen stellen. Betroffene Unternehmen sollten die Möglichkeit zur Darlegung der eigenen Rechtsposition im Verfahren nutzen, und sich ggf. hierzu rechtlich beraten lassen.

 

Rechtsanwalt Erasmus Hoffmann ist Partner am Standort Berlin der internationalen Anwaltssozietät White & Case.

Ähnliche Artikel