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Finanzierung > Serie Bürokratie

Gelesen, gelacht, gelocht: Die Post ans Amt vergällt Handwerkern ihren Beruf

Nicht nur steigende Zinsen bremsen Häuslebauer aus. Jetzt müssen sich Bauherren auch noch auf Preissteigerungen bei den Handwerkern einstellen, die vor lauter Bürokratie Überstunden machen.

Bürokratie erschwert Handwerkerberufe und vertreibt Bauherren. @shutterstock

Brandenburgs Handwerker sind sauer. Sie vergraulen ihre potenzielle Kunden, ohne es zu wollen. Wer sich trotz teurer gewordener Kredite für einen Umbau- oder Neubau entscheidet, bekommt von ihnen bald höhere Kostenvoranschläge und Rechnungen präsentiert. Was wiederum das Interesse am Bauen weiter minimiert. So beißt sich die Katze in den Schwanz. Aus Sicht der Handwerker sind überhandnehmende Vorschriften schuld daran. 

Man muss nicht in Tränen ausbrechen, dass es in einer eben noch von der Nachfrage überrannten Branche nun nicht mehr die Kunden fast von allein in die Tür weht. Aber hier trifft es massiv die Bauherren. 47,4 Prozent der befragten Firmen in der aktuellen Umfrage der Handwerkskammer Brandenburg gaben an, dass sie ihre Dienstleistungen und Produkte aufgrund der bürokratischen Anforderungen teurer gestalten müssten. Das ist aber nicht die einzige schlechte Nachricht für Bauherren. Fast zwei Drittel der Befragten erklärten, dass sie die Selbstständigkeit im Handwerk aufgrund des hohen Bürokratieaufwands als unattraktiv empfänden. Sie klagen über die ständige Anpassung an neue Regelungen sowie immer neue Nachweis-, Dokumentations- und Meldepflichten - und den daraus resultierenden längeren Wartezeiten der vergrätzten Kundschaft.


Besserung wäre kein Hexenwerk:  Das größte Entlastungspotenzial liegt aus Sicht der Handwerker bei steuerrechtliche Anforderungen, Datenschutz und statistischen Auskunftspflichten. Und man mag es kaum glauben: 65 Prozent der Betriebe kommunizieren noch überwiegend auf dem Postweg mit Behörden und Verwaltungen. Der Grund: Die digitalen Kommunikationsverfahren seien zu kompliziert und zeitaufwändig.
 

Wenn knapp zwei Drittel der erfahrenen Handwerker nicht nur klagen, sondern ihre Drohung wahrmachen und auf einen eigenen Betrieb in Zukunft lieber verzichten, dann gehen den Bauherren die Handwerker, die jetzt schon schwer zu bekommen sind, ganz aus. 
Ein Staat, der jährlich allein 400 000 Wohnungen bauen lassen will, muss das Bauen erschwinglich machen. Und er sollte möglicherweise auch besser zuhören, wenn die Architektenkammer Bürokratieabbau im Sinne der Bauherren einfordert. 


Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen aus Sicht der Profis erleichtert werden. Tausende Normen zwängen die Planer und Planerinnen häufig dazu, teuren Höchststandard zu benutzen, wo er weder sinnvoll noch nötig ist.  


Der Architekturprofessor Florian Nagler von der TU München bringt es schön auf den Punkt. „Es gibt einen guten Grund, warum sich Normen im Laufe der Zeit entwickelt haben. Sie sollen eine gewisse Qualität gewährleisten. Doch man ist über das Ziel hinausgeschossen. Viele Altbauten haben einen schlechten Schallschutz. Und trotzdem würden die Leute niemals ausziehen - weil’s wunderschöne Häuser sind."    

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