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Finanzierung > Stiftungen

„Diese Entscheidung ist unwiderruflich“

Die Gründung einer nicht gemeinnützigen ­Familienstiftung hat viele rechtliche und steuerliche Tücken. Das rät Fachanwalt Thomas Schinhärl.

Thomas Schinhärl ist Rechtsanwalt bei Ecovis in Regensburg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Unternehmenssanierer. Bildquelle: © Ecovis

Das Gespräch führte Anke Henrich.

Herr Schinhärl, wo liegt der Unterschied zwischen einer reinen Familienstiftung und einer gemeinnützigen Stiftung im Namen der Familie?

Er liegt im Stiftungszweck. Die gemeinnützige Variante verfolgt ausschließlich mildtätige Zwecke, die die Familie definieren und über das Kuratorium auch kontrollieren kann. Eine reine Familienstiftung dient ausschließlich den Interessen und der Versorgung der Familie. Welche Variante die bessere Entscheidung ist, liegt an der Einstellung des Stifters.

Welche Fallstricke gibt es bei der reinen Familienstiftung?

Eine Stiftung ist immer eine Einbahnstraße. Das gestiftete Kapital ist nicht rückholbar. Dafür lässt sich der Nachlass so vor Erb- oder Familienstreitigkeiten schützen. In vielen Familien gibt es auch das Problem, dass der Unternehmenserbe andere Erben nicht ausbezahlen kann, weil das geerbte Vermögen etwa im Unternehmen investiert ist. Dann kann eine Stiftung ein probates Mittel sein. Aber dem Stifter muss klar sein: Eigentümer der Stiftung werden nicht seine Erben, sondern die Stiftung gehört sich selbst. Aber auch die Stiftung kann nicht schalten und walten, wie sie will. Jede Stiftung in Deutschland unterliegt dem Stiftungsrecht und damit der Stiftungsaufsicht. Die sitzt bei der Gründung und im laufenden Betrieb bei jeder wichtigen Entscheidung mit am Tisch. Schon die Stiftungssatzung muss nicht nur mit ihr abgestimmt werden, oft auch mit dem Finanzamt.

Was ist wichtig bei der Ausgestaltung?

Wer wird der Stiftungsvorstand? Denn der ist der aktiv Handelnde. Wer kommt ins Kuratorium? Dieser Beirat ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber die Stiftungsaufsichten sehen ihn gerne als weitere Kontrollinstanz. Ich empfehle, eher das Kuratorium als den Stiftungsvorstand personell auszuweiten. Und das Kuratorium sollte idealerweise aus einer ungeraden Anzahl von Personen bestehen, um eine Pattsituation auszuschließen. Zudem sollten die Gremien nicht zu groß gewählt werden.

Eine Frage zum Stiftungszweck: Darf der auch schlicht die jährliche Gewinnausschüttung an die Unternehmerfamilie sein?

Das ist eine ganz wichtige Frage. Der sogenannte Stiftungsstock ist die finanzielle Basis der Stiftung, aus der kein Vermögen entnommen werden darf. Deshalb stehen den Begünstigten der Stiftung nur die laufenden Erträge aus dem Stock oder dem Unternehmen, das den Stock stellt, zur Verfügung. Aber auch die in der Regel nicht in voller Höhe, denn ein Teil der Erträge verbleibt – analog zu der Fünf-Prozent-Vorschrift für Aktiengesellschaften in der Gewinnrücklage des Unternehmens. Viele Unternehmer arbeiten mit höheren Prozentsätzen.

Wie entscheidend ist die Struktur des Vermögens generell?

Ein Unternehmen im Stiftungsstock ist aufwendiger zu verwalten als etwa Immobilien. Die Fragen, wie man die Stiftung im Detail gestaltet und wie man sie befüllt, sind enorm komplex. Da geht es um rechtliche und steuerliche Aspekte. Zum Beispiel: Wie genau gelangt das Vermögen in die Stiftung? Und wie erfolgt die laufende Besteuerung des Ertrags? Fallen auch Erbschafts- und Schenkungssteuer an? Problematisch ist es, nicht das ganze Betriebsvermögen in die Stiftung zu geben, sondern nur Teile. Falsch gemacht, kann das zur Aufdeckung stiller Reserven und zu deren Versteuerung führen. Beispielsweise würde ich auch davon abraten, dass eine Stiftung eine aktive Rolle bei der Unternehmensführung übernimmt. Aber gerade das schwebt womöglich manchem Stifter vor. Aus Sicht des Unternehmens würde ich bei einer Gesellschaftsstruktur wie einer GmbH oder GmbH & Co. KG bleiben und nur die Gesellschaftsanteile an die Stiftung übertragen. Im laufenden Betrieb eines Unternehmens müssen ständig Entscheidungen getroffen werden – monatlich, wöchentlich, vielleicht sogar täglich. Dafür ist das System der Stiftungsaufsicht einfach zu träge.

Nehmen wir an, der Unternehmer ist sich über alle Schritte klar geworden. Wie sagt er es seinen  Kindern?

Ich empfehle, erst einmal im kleinen Kreis nachzudenken und danach alle Beteiligten abzuholen und Entscheidungen zu erläutern. Das ist definitiv besser, als die Erben nach dem Tod zu überraschen. Leider scheut mancher Unternehmer dieses Gespräch. Es können aber auch familiäre Situation vorliegen, in denen die Emotionen längst hochkochen. Im schlimmsten Fall würden Erben die Stiftungsgründung womöglich anfechten. Doch dafür müsste der Erblasser geschäftsunfähig gewesen sein. Das ist mehr als unwahrscheinlich. Jeder Unternehmer hat das gute Recht, sein Lebenswerk zu würdigen und über den Stiftungsvorstand über seinen Tod hinaus zu entscheiden. Wichtig ist, kein Detail der Stiftungssatzung einfach offen zu lassen. Der Stifter hat nur zu Beginn die Möglichkeit, die Satzung in seinem Interesse zu gestalten und sie auf alle Eventualitäten vorzubereiten. 

Wie viel Zeit und Geld kostet eine Stiftungs gründung?

Mindestens ein halbes Jahr, eher ein Jahr. Bei den Kosten ist man schnell in Regionen um die 50.000 Euro. Das hängt auch von der Komplexität, der Höhe des Vermögens und Kosten wie für Notare oder Grundbuchamt ab. In diesem Kontext ist auch wichtig: Manche Unternehmer fangen zu Lebzeiten mit der Stiftung klein an und vererben das Wesentliche erst nach ihrem Tod in die Stiftung hinein. Hat Corona eigentlich das Stiftungsverhalten verändert? Vor der Pandemie war die Nachfrage nach reinen Informationsgesprächen höher. Seit Corona sind die Anfragen gestiegen und auch die Anzahl der Projekte, die tatsächlich umgesetzt werden. Die Pandemie hat vielen Menschen deutlich gemacht: Auch dein Leben ist endlich, regele deine Geschäfte. Wer sich jetzt informiert, der will auch umsetzen.

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