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Finanzierung > Gastbeitrag Felix Pröfrock

Ein effizienter Kapitalmarktzugang ist Wachstumsmotor für den Mittelstand

Ein effizienter Kapitalmarktzugang ist für deutsche Mittelständler entscheidend, um makroökonomische Herausforderungen und strukturelle Hürden zu überwinden.

Felix Pröfrock, Leiter Capital Markets bei M.M.Warburg & CO Bildquelle: M.M.Warburg & CO

In den vergangenen Monaten wurde viel Negatives über die deutsche Volkswirtschaft geschrieben. Der Krieg in Europa, der Nahostkonflikt, die Ergebnisse der Europawahl und die anstehenden US-Wahlen sorgen für Unsicherheiten. In Deutschland kommen strukturelle Herausforderungen wie hohe Bürokratie, überbordende Regulatorik und Abgabenlasten hinzu. Gleichzeitig zeigen die Research-Reports der Aktienanalysten, dass die Lage vieler Unternehmen gar nicht so düster ist.

Entkoppelung von Small & Mid Caps

Die Allzeit-Hochstände des DAX scheinen dies zu bestätigen. Doch berücksichtigt man die mittelständische Struktur unserer Wirtschaft, zeigt sich ein anderes Bild. Aktuell investieren institutionelle Anleger vorwiegend in große, liquide Titel. Die Kurse von Small & Mid Caps sind weniger stark gestiegen und haben sich von den Large Caps entkoppelt. Dieses Umfeld erschwert kleinen und mittelgroßen Unternehmen die Finanzierung. Besonders für stark wachsende, junge Unternehmen ist der Zugang zu Eigenkapital über die Kapitalmärkte eine wichtige Wachstumsoption.

Hoher Kapitalbedarf

Viele mittelständische Unternehmen stehen vor Herausforderungen: Fällige Unternehmensanleihen oder Kredite, Investitionen in Technologien und Digitalisierung, Wachstum durch Zukäufe und Nachfolgelösungen in Familienunternehmen erhöhen den Kapitalbedarf oder erfordern die Öffnung des Eigentümerkreises.

Einfache Optionen wären die Ausgabe neuer Anleihen oder die Aufnahme von Fremdkapital über Banken. Allerdings sind gestiegene Finanzierungskosten und unzureichende Bilanzqualität oft hinderlich. Fehlendes Eigenkapital begrenzt die Kreditaufnahme, weshalb Unternehmenskredite trotz Bedarf zurückgehen.

Eine wichtige Finanzierungsoption für börsennotierte Unternehmen ist die Aufnahme von neuem Eigenkapital durch eine Kapitalerhöhung über den Kapitalmarkt. Börsennotierten Unternehmen stehen hier grundsätzlich flexible Transaktionsstrukturen zur Verfügung, die zum Beispiel bei einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts für Altaktionäre quasi „über Nacht“ zu neuem Eigenkapital führen können. Insbesondere in Deutschland unterliegen diese Strukturen jedoch – gerade im Vergleich zu anderen EU-Ländern – starken Einschränkungen, die eine Kapitalaufnahme erschweren und zu einem Standortnachteil führen. Dazu zählen starre Abschlagsgrenzen, Volumengrenzen sowie ein Auseinanderfallen von Prospekt- und Aktienrecht. Gerade die starren Abschlagsgrenzen sind internationalen Investoren kaum noch vermittelbar und es zeigt sich, dass wir von einer vielfach gepriesenen und notwendigen Harmonisierung des Kapitalmarktes in der EU noch weit entfernt sind.

Private Equity als Alternative?

Der Einstieg eines Private Equity Investors kann neues Eigenkapital bringen, ist jedoch langwierig und benötigt eine Due Diligence. Die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung ist damit geringer als bei einer Kapitalerhöhung über den Kapitalmarkt. Zudem streben Private-Equity-Investoren oft die Mehrheit am Unternehmen an, was Kontrollverlust oder eine Komplett-Übernahme bedeuten kann. Und erfahrungsgemäß kommt es regelmäßig zu einer Verschuldung durch das Ziel des PE-Investors, die Akquisitionsfinanzierung durch den Emittenten übernehmen zu lassen. Daher ist die Ausgabe neuer Aktien über den Kapitalmarkt für kleinere und mittelgroße börsennotierte Unternehmen oft die bessere Option.

Fehlende Börsengänge als Standortnachteil

In vielen Ländern, besonders im angelsächsischen Raum, ist der Börsengang zur Verbesserung der Eigenkapitalsituation eine Hauptoption für Unternehmen. In Deutschland hingegen muss der Nutzen einer Börsennotierung oft erst vermittelt werden. Das Emissionsvolumen der Börsengänge in Deutschland 2023 betrug rund zwei Milliarden Euro bei wenigen großen Transaktionen, was im internationalen Vergleich gering ist. Ob 2024 oder 2025 eine Verbesserung bringt, bleibt abzuwarten. Die Performance der Börsengänge war in den letzten Jahren fast ausschließlich negativ, der regulatorische Aufwand ist immens und wird immer größer. Auch aufgrund der schwierigen makroökonomischen Lage herrscht Zurückhaltung bei IPOs, insbesondere bei Small & Mid Caps.

Erfolgsfaktoren für Börsengänge: Interessante Equity Story und breiterer Investorenzugang

Damit mehr kleinere Unternehmen den Sprung an die Börse wagen, muss sich das Sentiment verbessern. Erfolgreiche größere IPOs könnten ermutigen. Wichtig ist auch das Interesse potenzieller Investoren zu wecken. Eine gute Equity Story und Partner mit einem großen Investorennetzwerk sind hierbei zwingend notwendig.

Auch die Kapitalmarktunion könnte ein Treiber sein. Es ist wichtig, den EU-Binnenmarkt für Kapital und für Finanzdienstleistungen vertiefen und erweitern, damit auch kleinere und mittelgroße Unternehmen einen leichteren Zugang dazu bekommen. Eine Vereinheitlichung der rechtlichen Anforderungen und die Aufgabe wenig flexibler deutscher Sonderregeln wären entscheidend, da Deutschland hier im Nachteil ist.

Gerade in schwierigen Marktphasen kommt für Small & Mid Caps belastend hinzu, dass sie in der Regel eine geringere Handels-Liquidität aufweisen, was sie für Investoren weniger attraktiv macht. Damit die Märkte liquider werden, ist gutes Research ein entscheidender Faktor. Durch die EU-Richtlinie MiFid 2 (Markets in Financial Instruments Directive 2) und den Wegfall eines Großteils der Monetarisierungsmöglichkeiten des Brokerage-Geschäfts leisten sich bei kleineren Titeln nur noch wenige Banken Research und Kapitalmarktbetreuung über Roadshows und Konferenzen. Dies vermindert die Aufmerksamkeit für Small- und Mid Cap-Unternehmen und erschwert die Kapitalaufnahme.

Fazit: Verbesserung des Kapitalmarktzugangs dringend notwendig

Aktuell steht das makroökonomische Umfeld einem größeren Comeback von Börsengängen bei Small & Mid Caps noch im Wege. Langfristig sind Eigenkapitalmaßnahmen über den Kapitalmarkt aber attraktiver als beispielsweise die Aufnahme von Private-Equity-Investoren. Sobald höhere Kursniveaus erreicht und weltpolitische Krisen stärker eingedämmt sind, wird sich auch der Markt für Kapitalerhöhungen und IPOs für Small & Mid Caps verbessern – was wiederum weiteres Wachstum für jüngere und kleinere Unternehmen ermöglicht.

Um den Zugang zu Eigenkapital über den Kapitalmarkt zu erleichtern, können Small & Mid Caps schon heute folgende Punkte beachten:

  • Starke Equity Story entwickeln: Eine überzeugende Equity Story ist Grundvoraussetzung, um des Investoreninteresse zu wecken
  • Netzwerk ausbauen: Frühen Partnerschaften mit Akteuren, die über ein breites Investorennetzwerk verfügen, sind hilfreich.

  • Aktive Kommunikation: Gutes Research und Roadshows sind entscheidend, um die Sichtbarkeit und Liquidität zu erhöhen.

  • Regulatorische Entwicklungen verfolgen: Initiativen wie das Zukunftsfinanzierungsgesetz und Prospekterleichterungen können Vorteile bringen.

Eine umfassende Harmonisierung des Kapitalmarktrechts und der Abbau von Regularien wie MiFid 2 bleiben dabei wichtige Ziele.

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