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Recht und Steuern > Rechtstipp

Enterbt aber nicht entrechtet – Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche von Pflichtteilsberechtigten

Werden Angehörige enterbt, steht ihnen ein Pflichtteil zu. Von den Erben können sie dazu Auskunft über den Nachlasswert verlangen. Cecily Zöllner, Anwältin bei SKW Schwarz, stellt drei Urteile vor, die Pflichtteilsberechtigte kennen sollten.

Cecily Zöllner, Rechtsanwältin bei SKW Schwarz stellt drei Urteile über Auskunfts-und Wertermittlungsansprüche, die Pflichtteilsberechtigte kennen sollten.
Cecily Zöllner, Rechtsanwältin bei SKW Schwarz stellt drei Urteile über Auskunfts-und Wertermittlungsansprüche, die Pflichtteilsberechtigte kennen sollten.

Werden Kinder, Ehegatten oder Eltern enterbt, steht ihnen nach dem Gesetz ein Pflichtteil zu. Die Höhe beträgt die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils. Beziffern und durchsetzen kann ein Pflichtteilsberechtigter seinen Anspruch auf das Erbe aber nur dann, wenn er weiß, welchen Wert der Nachlass hat. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht deshalb Auskunfts-und Wertermittlungsansprüche gegenüber dem Erben vor. 

Unrichtiges Nachlassverzeichnis – welche Berichtigungsmöglichkeiten haben Pflichtteilsberechtigte?

Um den Wert des Nachlasses einschätzen zu können, kann ein Pflichtteilsberechtigter grundsätzlich verlangen, dass durch einen Notar ein Nachlassverzeichnis aufgenommen wird. Dieses Nachlassverzeichnis stellt sicher, dass sich alle Erben und eben auch die Pflichtteilsberechtigten einen Überblick über alle Nachlassgegenstände verschaffen können. Ist so ein Verzeichnis einmal erstellt, ist eine Berichtigung oder Ergänzung nicht mehr ohne weiteres möglich – es sei denn, im Nachlassverzeichnis sind wichtige Nachlassgegenstände oder Angaben über Schenkungen nicht aufgeführt oder der Notar hat gar nicht selbst ermittelt und sich allein auf die Angaben der Erben verlassen.

Der Bundesgerichtshof hat nun eine weitere Ausnahme zugelassen und entschieden: Ein Ergänzungs- oder Berichtigungsanspruch besteht auch dann, wenn das notarielle Nachlassverzeichnis unvollständig ist, weil die Erben daran nicht mitgewirkt haben (Az. IV ZR 193/19). Damit stärkt der BGH die Position des Pflichtteilsberechtigten vor allem gegenüber unkooperativen Erben.

Kurioses Schnäppchen – wann besteht Anspruch auf eine Wertermittlung? 

Wer Pflichtteilsberechtigter ist, kann eine Wertermittlung vom Erben verlangen. Dies ist vor allem wichtig, wenn zum Nachlass Immobilien gehören. Wollten die Erben verhindern, dass der Pflichtteilsberechtigte sich auch daran noch einen Anteil sichert, verkauften sie die Immobilien kurze Zeit nach dem Erbfall. Für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche war dann allein der erzielte Verkaufserlös maßgeblich, selbst wenn dieser offensichtlich zu niedrig erschien. 

Dem hat der BGH nun einen Riegel vorgeschoben (IV ZR 328/20). Ein Wertermittlungsanspruch, so der BGH, besteht auch noch nach dem Verkauf eines Nachlassgegenstandes, wenn der Pflichtteilsberechtige ein fortbestehendes Interesse an der Wertermittlung geltend machen kann. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn über den Wert eines Hauses unterschiedliche Gutachten vorliegen und sich kein klares Bild über den tatsächlichen Wert zeichnen lässt. Auch wenn das Haus oder Grundstück bereits verkauft wurde, muss nach Ansicht der Richter eine Wertermittlung durch einen unparteiischen Sachverständigen möglich bleiben, weil sich sonst nicht nachweisen lässt, dass der Veräußerungserlös nicht dem tatsächlichen Verkehrswert entsprach.

Erbe ausgeschlagen – gehen damit auch die Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche verloren?

Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche stehen nur dem Pflichtteilsberechtigten zu, der nicht Erbe geworden ist. In der Regel ist dies der enterbte Pflichtteilsberechtigte. Doch auch wer als Angehöriger ein Erbe ausschlägt, behält unter bestimmten Voraussetzungen sein Recht auf den Pflichtteil. Kann er dann also ebenso Auskunft über das Erbe verlangen und den Wert ermitteln lassen?

Der BGH ist in dieser Frage der herrschenden Meinung gefolgt und hat einem Pflichtteilsberechtigten auch nach Ausschlagung seines Erbteils ein Auskunftsanspruch zugestanden (Az. IV ZR 60/22). Auch wer bewusst auf das Erbe verzichtet, hat damit ein Recht zu erfahren, welchen Nachlasswert er sich entgehen lässt.
 

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