Finanzierung > Aktuelle Zahlen aus einer Umfrage des ifo Instituts
Finanzierungshürden werden deutlich höher
Für Unternehmen wird es schwieriger, an neue Kredite zu kommen, denn die Banken vergeben das Geld wesentlich zurückhaltender. Aber auch Investoren in Startups sind merklich wählerischer geworden.
Jedes dritte Unternehmen hat im Dezember feststellen müssen, dass die Banken Kredite nicht mehr so leicht vergeben als früher. Das ergibt eine Umfrage des Ifo Instituts in Köln. Im September hatte noch nur jedes vierte Unternehmen berichtet, dass die Banken bei den Finanzierungsverhandlungen restriktiver geworden sind. „Die Banken erhöhen nach und nach die Kreditzinsen und gehen zurückhaltender bei der Vergabe vor“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen. „Die Zeiten der Niedrigzinsen sind erst einmal vorbei. Viele Unternehmen müssen sich daran gewöhnen und die Finanzierungsstruktur anpassen.“
Bei den Dienstleistern klagt vor allem die Gastronomie über höhere Kredithürden. Hier haben 67,7 Prozent der befragten Betriebe von restriktiven Banken berichtet. In der Industrie lag der Wert bei rund 28 Prozent. Im Einzelhandel waren es hingegen nur knapp 21 Prozent. Am stärksten betroffen sind weiterhin die Kleinstunternehmen und Selbständigen. Fast jeder zweite Dienstleister in diesem Segment berichtete von Problemen, an Kredite zu kommen. „Für einige Selbständige ist die aktuelle wirtschaftliche Lage schwierig. Für sie ist der Bankkredit immer noch eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente. Das verschärft für viele Selbständige die Situation“, sagt Wohlrabe. Einzelunternehmen und Kleinstunternehmen stellen mit rund 83 Prozent den größten Teil der Unternehmen in Deutschland dar.
Harte Zeiten für die Gründerszene
Deutschlands Gründerszene muss sich auf härtere Zeiten einstellen, heißt es in einer Studie der Beratungsgesellschaft EY. Angesichts steigender Zinsen sowie der Unsicherheit aufgrund des Ukraine-Krieges und der eingetrübten Konjunktur halten sich Geldgeber zurück und scheuen riskante Geschäftsmodelle. Folge: Im vergangenen Jahr sind die Finanzierungen für hiesige Start-ups eingebrochen. Demnach warben Wachstumsfirmen rund 9,9 Milliarden Euro Risikokapital von Geldgebern ein – das waren 43 Prozent weniger als noch im Jahr 2021. Insgesamt sank die Zahl der Finanzierungsrunden der EY-Studie zufolge gemessen am Vorjahr um 13 Prozent auf 1008. Dabei fehlten vor allem große Deals: Laut Analyse wurden 37 Abschlüsse mit mehr als 50 Millionen Euro verzeichnet – rund halb so viele wie im Vorjahr.
„Angesichts steigender Kapitalkosten und sinkender Bewertungen achten Investoren mehr auf Rentabilität als auf langfristige Wachstumsversprechen“, stellt EY-Partner Thomas Prüver fest. Start-ups müssten einen klaren Weg zu Profitabilität aufzeigen. Gründer aus Berlin sammelten laut EY zwar 2022 erneut das mit Abstand meiste Geld ein (4,9 Milliarden Euro) – im Vorjahr waren es mit 10,5 Milliarden aber mehr als doppelt so viel. Es folgten Wachstumsfirmen aus Bayern, wo sich das eingeworbene Geld auf knapp 2,4 Milliarden Euro fast halbierte. Baden-Württemberg und Hamburg konnten dagegen auf weit niedrigerem Niveau leicht zulegen. Dahinter folgten Wachstumsunternehmen aus Bayern, die die eingeworbene Summe auf 2,4 Milliarden Euro fast halbierten. Sechs der Top 10 der größten Finanzierungsrunden fanden in Berlin statt. Ein Großteil des Geldes ging an den Berliner Versicherer Wefox und das Münchener Software-Startup Celonis.
Startups hatten in der Pandemie einen Boom erlebt und im Rekordjahr 2021 laut EY die Summe von 17,4 Milliarden Euro eingeworben. Sie profitierten davon, dass Geld billig war und die Digitalisierung in Corona-Zeiten einen Schub bekam – etwa bei Finanzgeschäften, Online-Shopping oder Essenslieferungen. Nun hat sich der Markt gedreht: Einige Startups strichen Jobs, andere wie der Berliner Lieferdienst Gorillas wurden übernommen.