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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Gleiche Bezahlung für gleiche Leistung

Klare Ansage für mehr Gleichberechtigung im Job. Das LAG Baden-Württemberg verpflichtet in einem aktuellen Urteil Arbeitgeber zur Anpassung von Gehältern, um geschlechtsspezifische Diskriminierung zu verhindern.

Foto: picture alliance / CHROMORANGE | Udo Herrmann

Der Fall

Eine Bereichsleiterin „Projekt- und Prozessmanagement“ forderte mehr Gehalt für das Jahr 2021 und berief sich dabei auf Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Nach dem Gesetz können Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigen Auskunft über das Gehalt vergleichbarer Beschäftigter des jeweils anderen Geschlechts verlangen.

Die Frau trug vor, dass ihre männlichen Kollegen, die dieselbe oder eine vergleichbare Tätigkeit im Unternehmen verrichteten, ein höheres Gehalt als sie selbst bekämen. In der Gehaltsdifferenz vermutete sie eine Form der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Tatsächlich waren jedenfalls die das Grundgehalt und das Dividendenäquivalent bei der Klägerin geringer als im Durchschnitt bei ihren männlichen Kollegen.

Der Arbeitgeber hielt die unterschiedliche Bezahlung zu den männlichen Kollegen allerdings aufgrund des Lebensalters und der längeren Berufserfahrung für begründet.

Die Sache ging vor Gericht.

 

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg gab der Klägerin in Teilen Recht.
Der Arbeitgeber habe nicht ausreichend nachweisen können, warum die unterschiedlichen Gehälter gerechtfertigt gewesen seien. Insbesondere hätte er darlegen müssen, wie die einzelnen Kriterien für die Unterscheidung bewertet und gewichtet worden seien.

Die Tatsache, dass unterschiedliche Gehälter gezahlt wurden, ohne eine detaillierte sachliche Rechtfertigung zu liefern, genüge nicht den Anforderungen des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

Das LAG bezog sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21.1.2021, 8 AZR 488/19), wonach der Arbeitgeber die Vermutung im Sinne eines sogenannten Vollbeweis hätte widerlegen müssen.

Im Ergebnis verpflichtete das Gericht den Arbeitgeber, das Gehalt der Klägerin auf das Niveau ihrer männlichen Kollegen anzugleichen und auch die rückständigen Beträge nachzuzahlen.

 

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Das sagt die Expertin

„Das Urteil unterstreicht, dass gleiche Arbeit gleich bezahlt werden muss und Unterschiede konkret und nachprüfbar gerechtfertigt werden müssen“, sagt Rechtsanwältin Merle Templin von der Kanzlei Eversheds Sutherland.

Arbeitgebern rät sie dazu, ihre Gehaltsstrukturen entsprechend laufend überprüfen, um sicherzustellen, dass keine Ungleichbehandlungen zwischen den Geschlechtern vorliegt, die nicht durch objektive Kriterien gerechtfertigt werden können.

„Pauschale Begründungen, subjektive Leistungsunterschiede oder besseres Verhandlungsgeschick reichen nicht aus“, so Merle Templin weiter.

Für die Zukunft rechnet die Rechtsanwältin insbesondere aufgrund der Entgelttransparenz-Richtlinie (EU) 2023/970 mit einer Zunahme von Verfahren aufgrund des Entgelttransparenzgesetzes. Darin enthalten sind unter anderem verbesserte Möglichkeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gegen Ungleichbehandlungen vorzugehen.

Die Entgelttransparenz-Richtlinie muss in Deutschland bis Juni 2026 umgesetzt werden. „Sie wirft aber bereits jetzt lange Schatten, wie die immer strenger werdende Rechtsprechung zeigt.“

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juni 2024, Az. 4 Sa 26/23

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