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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Immobilienverkäufer darf wichtige Unterlagen nicht „klammheimlich unterschieben“

Wer eine Immobilie verkauft, muss den Käufer auch über anstehende Sanierungskosten aufklären. Entsprechende Angaben erst kurz vor Vertragsschluss in ein Verzeichnis einzustellen, reicht dazu nicht aus, entschied der BGH.

Wer eine Immobilie verkauft, muss den Käufer auch über anstehende Sanierungskosten aufklären. Bild: ©Shutterstock

Immobilienverkäufer dürfen nichts verschweigen, was die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussen kann. Ihre Aufklärungspflichten erstrecken sich vor allem auf Mängel an der Immobilie, aber beispielsweise ebenso auf die Kosten, die für eine anstehende Sanierung anfallen können. Über die Frage, ob es ausreicht, wenn der Käufer solche Information hätte theoretisch wahrnehmen können, hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden. 

Der Fall

Ein Unternehmen hatte mehrere Immobilien gekauft – Kaufpreis: insgesamt über 1,5 Millionen Euro. Diverse Unterlagen zu den Kaufobjekten wie etwa Protokolle der Eigentümerversammlungen hatte die Verkäuferin in einen virtuellen Datenraum eingestellt, auf den die Käuferin Zugriff erhielt. 

Drei Tage vor dem geplanten Termin beim Notar, einem Freitag, stellte die Verkäuferin in den Datenraum ein weiteres Protokoll einer Eigentümerversammlung ein, aus dem sich ergab, dass schlimmstenfalls bis zu 50 Millionen Euro für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums auf die Käuferin zukommen könnten. Pikant daran: Im Kaufvertrag hatte die Verkäuferin unter anderem noch versichert, dass nach ihrer Kenntnis keine außergewöhnlichen Sanierungsarbeiten anstünden, deren Kosten nicht durch die Instandhaltungsrücklage gedeckt seien. 

Die Käuferin unterzeichnete den Kaufvertrag und wurde anschließend tatsächlich auf Zahlung von Instandhaltungskosten in Anspruch genommen. Sie sah sich arglistig getäuscht, focht den Kaufvertrag an und verlangte Schadensersatz. Das letzte Protokoll sei „klammheimlich hochgeladen“ und ihr damit „untergeschoben“ worden. Auf die Ergänzung im Datenraum habe die Verkäuferin sie unbedingt hinweisen müssen. Das sah die Verkäuferin anders: Die Käuferin habe den Text des Kaufvertrags ja gekannt, und wenn sie dazu nicht nachfrage, sei sie selbst schuld.

Das Landgericht und das Oberlandesgericht Celle gaben der Verkäuferin recht. Die Käuferin müsse sich alle notwendigen Informationen selbst besorgen, bevor sie den Vertrag unterzeichne. 

Das Urteil

Das Urteil des OLG hob der Bundesgerichtshof auf. Die Karlsruher Richter sahen die vorvertraglichen Aufklärungspflichten durch die Verkäuferin verletzt. Diese habe die Käuferin sehr wohl ungefragt auf die Kosten der anstehenden Sanierung hinweisen müssen. Nur weil über einen virtuellen Datenraum ein Zugriff auf solche offenbarungspflichtigen Unterlagen bestehe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Käufer sie auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt. Das Hochladen drei Tage vor Vertragsschluss sei jedenfalls zu kurzfristig; um sicher zu gehen, dass die Käuferin die Unterlangen noch rechtzeitig liest, wäre ein Hinweis nötig gewesen.

Der BGH verwies den Fall an das OLG zurück. Dieses muss nun unter anderem klären, ob der Klägerin die relevanten Unterlagen vielleicht doch schon vorab in Papierform vorlagen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.09.2023, Az. V ZR 77/22
 

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