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Finanzierung > Hausbanken

In guten und in schlechten Zeiten

In der Beziehung zwischen Hausbanken und KMU knirscht es gewaltig. Wer muss sich ändern? Einen lachenden Dritten gibt es schon.

Walther von der Vogelweide hätte nicht schöner säuseln können. "Dank unserer mittelständischen Wurzeln sind wir verlässliche Partner des deutschen Mittelstands", schalmeien die Volks- und Raiffeisenbanken. "Wir leben mit Leidenschaft unsere Tradition als globale Hausbank", tönt die Deutschen Bank. Und Sparkassen versprechen Unterstützung "unbürokratisch und flexibel in jeder Unternehmensphase".

Warum erwägen dann knapp 60 Prozent der Unternehmen den Wechsel ihrer Hausbank oder haben ihn schon vollzogen? Das zeigt der "Finanzierungsmonitor 2020" von Creditshelf. Unternehmer klagen über lange Prüfprozesse, Bürokratie und hohe Zinsen. Vor allem KMUs kommen schwerer an Kredite, so eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Diplomatisch drückt es deren Chefvolkswirtin, Fritzi Köhler-Geib, so aus: "Banken vergeben Kredite an kleine und mittlere Unternehmen zunehmend restriktiver, bleiben bei der Verschärfung ihrer Kreditvergabepolitik allerdings maßvoll."

Die Banken ziehen die Zügel an. Nicht trotz Corona, sondern wegen Corona. Das beobachtet auch Robert Ullmann, Controlling-Experte beim Software-Spezialisten Wolters Kluwer Tax & Accounting. "Sie wollen häufiger und detaillierter über die Finanzen ihrer Kreditnehmer informiert werden, fordern in kürzeren Abständen Szenario Rechnungen und oftmals auch Planbilanzen an." Absolution für alle Unternehmen erteilt Ullmann aber nicht. "Tatsächlich haben viele Unternehmen ihre Liquiditätsentwicklung nicht täglich im Blick. Oft sind die internen Berichtszyklen zu lang, Prozesse zu unklar oder langwierig." Unternehmen sollten ihre Zahlungsströme stärker überwachen und zur Anpassung der Zahlungsmodalitäten auch Informationen externer Datenanbieter, wie zum Beispiel der Creditreform, nutzen."

Seit Jahrzehnten liefern sich Privatbanken und Landesbanken, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie ausländische Anbieter einen brettharten Wettbewerb um das Firmenkundengeschäft. Die Deutsche Bank senkte ihre Ertragsprognose 2021 von drei auf ein Prozent Wachstum. Michael Kotzbauer, Chef des Firmenkundengeschäfts der Commerzbank, stimmte seine Kunden im Februar via Handelsblatt auf neue Zins-Zeiten mit risikoadäquaten Margen ein. "Kredite waren viele Jahre lang zu billig – das ist ein zentrales Problem des deutschen Bankensektors." Auch liquide Unternehmen müssen sich nicht nur deshalb auf höhere Finanzierungskosten einstellen. Ein anderer Grund ist Basel IV, die nächste Regulierungsrunde im Bemühen um mehr Eigenkapital und weniger Ausfälle bei Banken. Zudem werden die Rating-Agenturen auf Basis der 2020er-Zahlen mit dem Abstufen an Corona leidender Unternehmen beginnen.

Eine Chance für alternative Finanziers?

Interessiert schauen neue Geldgeber auf das Beziehungstief zwischen Hausbanken und Unternehmen. Benjamin Schöfer, Referent Wirtschaft und Politik beim Deutschen Mittelstandsbund, beobachtet: "Kreditgeber mit Hang zu höherem Risiko dürften bald noch stärker abgefragt werden.Finanzierungsinstrumente von institutionellen Investoren außerhalb des Bankensektors werden immer beliebter." Dirk Schiereck, Professor für Corporate Finance an der TU Darmstadt, hält das für keine schlechte Entwicklung.

Aber er warnt an anderer Stelle: "Alle reden jetzt über Fördergeld. Dabei müssen viele KMU dringend ihre Eigenkapitalbasis erhöhen, um nicht in einen Investitionsstau hineinzulaufen." Wohl wahr. Der "Finanzierungsmonitor" fragte im Juni 2020 Unternehmen: "Welche geplanten Aktivitäten werden Sie wegen Corona verschieben?" Am häufigsten genannt: Projekte zur Digitalisierung, Wachstumsfinanzierung, Klimapolitik und Nachfolge. Also alles das, was zukunfts- und wettbewerbsentscheidend ist.

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