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Recht und Steuern > Forschungszulage

Förderung für Innovationen: Steuerlicher Boost durch die Forschungszulage

Die Forschungszulage fördert Innovationen unbürokratisch über die Steuererklärung. Unternehmen aller Größen in Deutschland können diese steuerliche Unterstützung nutzen.

Informatik-Entwickler, die mit Tablet-Software an einer Roboterarmverbindung und -steuerung arbeiten. Frauen in der Industrie 4.0 Robotik-Engineering-, futuristisches Technologiezentrum
(Foto: shutterstock)

Eine innovative Idee zur richtigen Zeit und die vergleichsweise umstandslose Förderung mit der Steuererklärung, sobald es passt – das ist der Gedanke hinter der Forschungszulage. „Ein derart simples und unbürokratisches Verfahren gab es bis dato nicht“, sagt Uli Binder, geschäftsführender Gesellschafter von XL-Protein im bayerischen Freising, der das Verfahren bereits genutzt hat. Einfach und unbürokratisch? In Deutschland? Tatsächlich.

Die Forschungszulage gibt es seit 2020. Mit ihr können Unternehmen ihre innovativen Vorhaben fördern lassen. Entsprechende Bescheinigung kostenlos bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) in Düsseldorf per Standardformular beantragen, nach Erhalt beim Finanzamt mit der nächsten Steuererklärung einreichen. Das war’s. Das Finanzamt zieht die bewilligte Summe von der Steuerschuld ab oder zahlt entstehende Überschüsse an das Unternehmen aus. Einzig zu beachten: Der Bescheid steht immer unter Vorbehalt der Nachprüfung – und erfordert Dokumentation.

„Wenn wir kurzfristig Personalressourcen freihaben, um eine Idee zu verfolgen, können wir sofort mit der Arbeit beginnen“, erklärt XL-Protein-Chef Binder. „Sollte diese Idee Früchte tragen und in einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt resultieren, können wir sogar rückwirkend einen Antrag bei der Bescheinigungsstelle stellen.“ Hauptsache, für dieses Forschungsvorhaben ist noch kein anderes Fördergeld geflossen.
 

Kein komplizierter Antrag

Für Ideen, die schon zu einem konkreten Projekt ausgereift seien, würde Binder nach wie vor eher Förderinstrumente wie ZIM (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) oder auch EU-Förderprogramme in Anspruch nehmen.

„Es gibt ja viele Möglichkeiten für Hightech-Förderung, bei denen Zuschüsse von bis zu 50 Prozent drin sind“, stellt er fest. „Allerdings muss man dafür ein halbes Jahr Vorlaufzeit einplanen.“

Anders als andere Förderprogramme können praktisch alle forschenden und in Deutschland steuerpflichtigen Unternehmen die Forschungszulage bekommen, „unabhängig von Größe, Rechtsform und Branche“, heißt es bei der BSFZ. Und statt Monate im voraus Anträge stellen zu müssen und aus einer großen Vielfalt möglicher Förderprogramme von Bund, Ländern und auch der EU das genau zu Förderzweck und Unternehmen passende Instrument beispielsweise aus der Förderdatenbank des Bundeswirtschaftsministeriums herauszusuchen, reicht bei der Forschungszulage ein einziges, immer gleiches Verfahren für alle Forschungsvorhaben.

 

 

Unternehmen können wiederholt Förderungen für F&E-Projekte beantragen

Ein Unternehmen kann für beliebig viele voneinander unabhängige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben immer wieder Förderung beantragen. Fachleute der drei Projektträger – AiF Projekt, DLR-Projektträger und VDI Technologie­zentrum – prüfen, ob die jeweiligen Vorhaben förderfähig sind. Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung sind es, Projekte, die Produkte optimieren, weiterentwickeln oder konstruktiv anpassen, sind es nicht.

„Das Vorhaben muss neuartig sein und einem Plan folgen“, sagt Michael Zahm, Gründer und Geschäftsführer der Innovationsberatungsgesellschaft PFIF Partner für Innovation & Förderung im baden-württembergischen Lahr. Das wichtigste Förderkriterium ist jedoch Unsicherheit. „Das heißt, das Projekt muss technische Risiken haben beziehungsweise auch scheitern können“, sagt Zahm. Dieser Part bei dem nur rund 4000 Zeichen kurzen Antrag ist seiner Erfahrung nach die größte Hürde.

„Unternehmer sind natürlich eher gewohnt, auf die Erfolgschancen ihrer Vorhaben zu schauen und diese auch zu betonen. Das gehört in diesen Antrag aber nicht hinein.“ Ablehnungsgründe sind dann auch meist fehlendes Forschungs- und Entwicklungsrisiko, aber auch mangelnde Neuheit, sagt BSFZ-Leiter Andreas Hoffknecht.

Im zweiten Schritt reichen Unternehmen den Bescheid über die Förderfähigkeit über das Onlineportal Elster beim Finanzamt ein. Die Behörde prüft die für das bewilligte Projekt aufgelaufenen Personalkosten und zieht 25 Prozent davon als Forschungszulage von der Körperschaftsteuer oder Einkommensteuerschuld ab. Die Summe wird im nächsten Steuerbescheid verrechnet. Ist die Zulage höher als die Steuerschuld, überweist das Finanzamt Geld. „So ist eine Beantragung auch im Verlustfall möglich“, stellt Thomas Reiche fest, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ (AiF). „Das macht die Förderung auch für Unternehmen attraktiv, die sich in einer Verlustphase befinden und deshalb keine oder nur wenig Steuern zahlen. Und für Start-ups in der Anfangsphase.“
 

Die Bewilligungsquote ist hoch

So machen nicht nur Konzerne und innovative Mittelständler von der Forschungszulage Gebrauch, sondern auch überraschend viele Kleinstunternehmen. Im ersten Quartal 2024 stellten 30 Firmen mit bis zu neun Beschäftigten einen Antrag, 32 kleine Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten und 36 Unternehmen mit mehr als 49 Beschäftigten, auch zwei junge Unternehmen ohne abgeschlossene Wirtschaftsjahre – und damit ohne obligatorische Angaben. Insgesamt beantragten 8000 Unternehmen 2023 die Forschungszulage beim BSFZ. Dieses Jahr erwartet Leiter Hoffknecht mehr als 10.000 Unternehmen.

Die Bewilligungsquote ist hoch, wenn die Angaben der Bundesregierung von 2021 noch gelten. Von 2417 Anträgen zwischen September 2020 und Juni 2021 bewilligte die Bundeszulagenstelle 83 Prozent. Neuere Zahlen zur Bewilligungsquote ­liegen nicht vor.
 

Die Summe der geförderten Forschungsausgaben ist bei vier Millionen Euro im Jahr gedeckelt

Das bedeutet: Maximal eine Million Euro jährlich können Unternehmen erhalten – rückwirkend ab 2020 noch bis Jahresende. Wer den Antrag während der Coronazeit nicht gestellt hat, kann ihn jetzt noch nachholen.

Das einfache und einheitliche Antragsverfahren soll „den Investitionsstandort Deutschland stärken und die Forschungsaktivitäten insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen anregen“, hebt AiF-Vorstand Reiche hervor. Das erreicht die Forschungszulage offensichtlich. Wichtig ist aus Reiches Sicht besonders, dass Unternehmen, die bei einer Projektförderung in einem Wettbewerbsverfahren nicht zum Zuge gekommen sind, dann alternativ die steuerliche Forschungsförderung in Anspruch nehmen können.

„Mit der Forschungszulage haben wir von Beginn an ein gewisses Maß an Planungssicherheit und die Chance, einen Teil unseres Risikos in jedem Fall zu kompensieren“, sagt Biotechunternehmer Binder, der mit seinen sieben Mitarbeitern zu den Kleinstunternehmern zählt und die beantragte Forschungszulage bereits erhalten hat.

„In welcher Höhe das Finanzamt die Forschungszulage am Ende gewährt, richtet sich nach den förderfähigen Personalaufwendungen für das bewilligte Fördervorhaben“, erklärt Förderberater Zahm. Diese korrekt zu dokumentieren, ist das Wichtigste – und eine Herausforderung. „Damit der Antrag erfolgreich ist, muss die Forschung und Entwicklung eng mit dem Rechnungswesen zusammenarbeiten“, sagt Ulrich Meißner, Referent Steuer beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). „Die Kosten müssen klar nachgewiesen sein und dürfen nicht beantragt werden, wenn es dafür bereits eine andere Förderung gibt.“
Haben beispielsweise Mitarbeiter im Forschungsprojekt, aber auch beim Kunden gearbeitet, müssen sich diese Tätigkeiten klar trennen lassen. Dafür braucht es eine lückenlose und zeitnah geführte Stundenerfassung. „Hat man die nicht, kann man natürlich versuchen, sie im Nachhinein aufzusetzen“, sagt Meißner. „Aber dann sollte man das Finanzamt darauf hinweisen, dass die Aufzeichnungen nicht zeitnah entstanden sind.“ Lässt sich das Finanzamt nicht überzeugen, gibt es auch mit BSFZ-Bescheinigung keine Forschungszulage.
 

Steuertypische Falle

An dieser Stelle lauert – so erfrischend unbürokratisch das Förderinstrument Forschungszulage auch ist – eine steuertypische Falle. „Die Bescheide über die Gewährung der Forschungszulage stehen immer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“, sagt Förderberater Zahm, „meist im Rahmen einer Buchprüfung, was viele Jahre später passieren kann.“

Bisweilen stockt die Bearbeitung noch. Besonders aus den 600 hiesigen Finanzämtern, die nicht inmitten von Innovationsclustern sitzen und ihren Forschungszulagespezialisten im Haus daher noch nicht auserkoren haben, kommen zuweilen technische Nachfragen, die Sache der Zulagenstelle sind. 27 Prozent der Maschinenbauer nannten in einer VDMA-Befragung die Kommunikation mit dem Finanzamt als größte Herausforderung, zwei Fünftel der Maschinenbauer hob die Dokumentation der internen Forschungs- und Entwicklungskosten hervor.

Ein unbürokratisches Verfahren ist also nicht alles. Bei der Forschungszulage kostet vor allem die Dokumentation und Kommunikation mit Steuerberatern und Finanzamt Zeit. „Der Aufwand lohnt sich meist ab zwei bis drei Mitarbeitern in der Forschung beziehungsweise 200.000 Euro Kosten“, ist Förderberater Zahms Erfahrung. Ein Drittel der Bewilligungssummen liegt einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zufolge zwischen 100.000 und 250.000 Euro, neun Prozent über einer halben Million.

Doch ein Drittel der Anträge liegt unterhalb einer Bewilligungssumme von 50.000 Euro.

Innovative Unternehmen kämen künftig mehr auf ihre Kosten, erwartet Zahm. Denn die Bundesregierung hat die Zulage verbessert. Das Wachstumschancengesetz legt seit 22. März 2024 zehn Millionen Euro maximale Bemessungsgrundlage fest, was bis zu 2,5 Millionen Euro Forschungszulage bedeutet. Die Förderung greift zudem nun auch für Sachkosten beziehungsweise abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Für Auftragsforschung sind künftig 70 statt 60 Prozent der Kosten mit der Forschungszulage förderfähig. Der pauschale Stundensatz bei beantragenden Einzelunternehmern steigt von 40 auf 70 Euro. Kleine und mittlere Unternehmen können eine Erhöhung der Forschungszulage von 25 auf 35 Prozent beantragen. Außerdem wird die Zulage künftig nicht erst mit der nächsten steuerlichen Veranlagung verrechnet. Von 2025 an soll sie die Steuervorauszahlungen senken und so noch direkter helfen.

DIE FORSCHUNGSZULAGE IN DER BILANZ

Die Forschungszulage ist eine steuerfreie Gutschrift und keine negative Steuer. Eine Buchung unter „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ kommt deshalb nicht infrage.

Kapitalgesellschaften müssen in der Bilanz eine Körperschaftsteuerrückstellung für die zu erwartende Steuerschuld bilden. Die Forschungszulage verringert diese Rückstellung. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften müssten Unternehmer/Gesellschafter Geld entnehmen, um die Einkommensteuer zu bezahlen. Dieser Betrag würde um die Forschungszulage vermindert.

In der Gewinn- und Verlustrechnung muss die Forschungszulage erfolgswirksam unter den sonstigen betrieblichen Erträgen verbucht werden (§ 275 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6 HGB). Der Anspruch entsteht mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem die förderfähigen Aufwände entstanden sind, auch wenn der berechtigte Anspruch erst 2024 geltend gemacht wird.

Ratsam ist, mit dem Steuerberater zu Bilanzierung und Kontenausweis zu sprechen.

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