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Geld & Vorsorge > Insolvenzwelle Mittelstand

Insolvenzwelle im Mittelstand: Traditionsunternehmen kämpfen ums Überleben

Zwei traditionsreiche Unternehmen melden Insolvenz an. Fensterbauer Meeth und die Maschinenfabrik Bermatingen zeigen exemplarisch die Herausforderungen für den deutschen Mittelstand.

Die Insolvenzwelle trifft immer mehr mittelständische Unternehmen. (Foto: Shutterstock)

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter an. Besonders betroffen ist der Mittelstand, wie die jüngsten Fälle des Fensterbauers Meeth aus Rheinland-Pfalz und der Maschinenfabrik Bermatingen aus Baden-Württemberg zeigen. Beide Unternehmen blicken auf eine jahrzehntelange Geschichte zurück und stehen nun vor einer ungewissen Zukunft.

Fensterbauer Meeth: Opfer der Baukrise

Die Helmut Meeth GmbH & Co. KG aus Wittlich, ein Spezialist für Fenster und Türen, hat nach 40 Jahren Firmengeschichte Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen beschäftigt 90 Mitarbeiter, deren Löhne und Gehälter laut Mitteilung der eingesetzten Insolvenzverwalterkanzlei Lieser bis Ende März gesichert sind. Als Hauptgrund für die finanzielle Schieflage nennt das Unternehmen die anhaltende Krise in der Bauwirtschaft. Bereits seit 2023 sind die Baugenehmigungen in Deutschland rückläufig, was sich in sinkenden Auftragszahlen für Fenster- und Türenbauer niederschlägt, erklärte ein Unternehmenssprecher gegenüber t-online.

Zusätzlich zu den Marktproblemen kämpfte Meeth mit massiven IT-Störungen, die die Produktions- und Lieferketten erheblich beeinträchtigten. Trotz der Insolvenz bleibt der Betrieb vorerst uneingeschränkt bestehen. Eine Investorensuche wurde bereits eingeleitet, um frisches Kapital zu gewinnen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.

Maschinenfabrik Bermatingen: Vom Boom zur Insolvenz

Ein ähnliches Schicksal ereilte die Maschinenfabrik Bermatingen (Mabe), einen Hersteller von Mulchgeräten der Marke Humus. Das 1954 gegründete Unternehmen meldete am 13. Januar 2025 Insolvenz in Eigenverwaltung an. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten begannen bereits vor einigen Jahren und führten zu einem massiven Personalabbau. Von ehemals 250 Mitarbeitern sind aktuell noch etwa 100 beschäftigt.

Die Schwierigkeiten des Agrarmarktes, die hohen Kosten sowie die Folgen der Corona-Pandemie haben eine Restrukturierung notwendig gemacht, so die Geschäftsführung in einer Mitteilung vom 7. Februar. Trotz der Probleme will das Unternehmen den Geschäftsbetrieb in Eigenverwaltung vollumfänglich fortführen. Zum vorläufigen Sachwalter wurde der Ravensburger Rechtsanwalt Matthias Rösch ernannt.

Gründe für Insolvenzen und Schutzmaßnahmen

Die steigende Zahl von Insolvenzen im deutschen Mittelstand ist ein alarmierendes Signal für die gesamte Wirtschaft. Um die Ursachen besser zu verstehen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln, haben wir die wichtigsten Gründe und mögliche Schutzmaßnahmen zusammengestellt:

  • Konjunkturelle Schwankungen: Mittelständische Unternehmen sind oft stärker von Konjunkturschwankungen betroffen als Großkonzerne. Sie verfügen über geringere finanzielle Reserven und sind weniger diversifiziert, was sie anfälliger für Marktveränderungen macht.
  • Finanzierungsprobleme: Viele Mittelständler haben Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten oder Investoren zu finden. Dies kann zu Liquiditätsengpässen führen, insbesondere in Krisenzeiten oder bei notwendigen Investitionen.
  • Managementfehler: Fehlentscheidungen in der Unternehmensführung, wie falsche Markteinschätzungen oder verpasste Innovationen, können mittelständische Unternehmen schnell in Schieflage bringen.
  • Externe Schocks: Unvorhergesehene Ereignisse wie die Corona-Pandemie oder geopolitische Krisen können die Geschäftsgrundlage von Mittelständlern innerhalb kurzer Zeit massiv beeinträchtigen.

Schutzmaßnahmen für Unternehmen:

  • Diversifizierung: Eine breitere Aufstellung in Bezug auf Produkte, Dienstleistungen und Märkte kann Risiken streuen und die Abhängigkeit von einzelnen Faktoren reduzieren.
  • Digitalisierung und Innovation: Investitionen in digitale Technologien und innovative Prozesse können die Wettbewerbsfähigkeit stärken und neue Geschäftsfelder erschließen.
  • Finanzielle Vorsorge: Der Aufbau von Rücklagen und eine vorausschauende Finanzplanung helfen, Krisen besser zu überstehen.
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Die Fähigkeit, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren und das Geschäftsmodell anzupassen, ist entscheidend für den langfristigen Erfolg.

Auswirkungen auf Regionen und Arbeitsmarkt

Die Insolvenzen mittelständischer Unternehmen haben oft weitreichende Folgen für die betroffenen Regionen. So war die Maschinenfabrik Bermatingen lange Zeit der größte industrielle Arbeitgeber in der Gemeinde und maßgeblich für deren wirtschaftlichen Wohlstand verantwortlich. Der Verlust von Arbeitsplätzen kann gerade in ländlichen Regionen zu einer Abwanderung von Fachkräften und einer Schwächung der lokalen Wirtschaft führen.

Auch für die Zulieferer und Geschäftspartner der insolventen Unternehmen ergeben sich oft Schwierigkeiten. Offene Rechnungen bleiben unbezahlt, Aufträge fallen weg. Dies kann zu einer Kettenreaktion führen, die weitere Unternehmen in Bedrängnis bringt.

Sanierungsversuche und Zukunftsaussichten

Trotz der schwierigen Lage gibt es Hoffnung für die betroffenen Unternehmen. Sowohl Meeth als auch die Maschinenfabrik Bermatingen streben eine Sanierung an. Die Insolvenz in Eigenverwaltung, wie sie Mabe gewählt hat, bietet die Chance, das Unternehmen unter Aufsicht eines Sachwalters zu restrukturieren und neu auszurichten.

Entscheidend für den Erfolg solcher Sanierungsversuche sind oft die Unterstützung der Gläubiger, die Bereitschaft der Mitarbeiter zu Zugeständnissen und die Fähigkeit des Managements, ein überzeugendes Zukunftskonzept zu entwickeln. In einigen Fällen kann auch die Suche nach strategischen Investoren oder Übernahmekandidaten eine Option sein, um das Unternehmen oder zumindest Teile davon zu erhalten.

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