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Finanzierung > Wirtschaftskrise: Insolvenzanstieg

Insolvenzwelle trifft deutsche Wirtschaft: 14% mehr Pleiten im Januar 2025

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland steigt weiter an. Besonders betroffen sind die Möbel-, Spielzeug- und Handwerksbranche.

Foto: shutterstock

Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Im Januar 2025 verzeichnete das Statistische Bundesamt einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 14,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Diese besorgniserregende Entwicklung setzt sich damit im neuen Jahr fort, nachdem bereits 2024 ein Plus von 16,8 Prozent bei den Firmenpleiten zu verbuchen war.

Branchenspezifische Einbrüche: Möbel, Spielzeug und Handwerk besonders betroffen

Die Krise trifft verschiedene Wirtschaftszweige mit unterschiedlicher Härte. Besonders stark betroffen ist die Möbelindustrie, die nach einem Corona-bedingten Boom nun einen deutlichen Einbruch erlebt. Der Umsatz in der Branche sank um über sieben Prozent auf 16,4 Milliarden Euro. Jan Kurth, Geschäftsführer der Möbelverbände, nennt als Hauptgrund den rückläufigen Wohnungsbau. Auch die Google-Suchanfragen nach Möbeln gingen 2024 um 11 Prozent zurück, bei einzelnen Möbeltypen sogar um über 90 Prozent.

Im Handwerkssektor zeigt sich ein ähnlich düsteres Bild. Die Online-Suchen nach "Handwerker" fielen innerhalb eines Jahres von vier Millionen auf 180.000. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks rechnet mit weiter sinkenden Umsätzen. Auch die Spielwarenbranche leidet: Die Umsätze schrumpften von 4,9 Milliarden Euro (2021) auf 4,5 Milliarden Euro. Selbst Branchenführer wie Lego müssen laut KI-Spezialist Hase+Igel mit Rückgängen rechnen.

Ursachen der Krise: Schwache Nachfrage und internationale Wettbewerbsfähigkeit

Die Gründe für die wirtschaftliche Schieflage sind vielschichtig. Neben branchenspezifischen Faktoren wie dem Rückgang im Wohnungsbau spielt auch die allgemein schwache Inlandsnachfrage eine Rolle. Verbraucher halten sich besonders bei größeren Anschaffungen zurück oder versuchen durch Heimwerken, Geld zu sparen. Hinzu kommt eine schwache Auslandsnachfrage, die insbesondere die exportorientierte deutsche Industrie trifft.

Klaus Wohlrabe, Umfrageleiter des Ifo-Instituts, spricht von einem beispiellosen "Einbruch im internationalen Wettbewerb". Die globale Konjunkturabkühlung, geopolitische Spannungen und Handelskonflikte belasten wichtige Absatzmärkte wie China und die USA.

Insolvenzwelle erreicht bedrohliches Ausmaß

Die Zahl der Großinsolvenzen von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Millionen Euro ist im vierten Quartal 2024 sprunghaft angestiegen. Laut dem aktuellen Insolvenz-Report der Restrukturierungsberatung Falkensteg mussten 64 solcher Unternehmen Insolvenz anmelden - ein Plus von 31 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

Besonders alarmierend: Es handelt sich um den vierten Anstieg in Folge. Für das Gesamtjahr 2024 ergibt sich damit ein Rekordwert von 202 Großinsolvenzen, was einem Zuwachs von 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Jonas Eckhardt, Studienleiter und Partner bei Falkensteg, sieht darin "sowohl ein Symptom als auch eine Ursache für den Vertrauensverlust in die wirtschaftliche Stärke des Landes".

Liquiditätsengpässe in der gesamten Wirtschaft

Die Probleme beschränken sich nicht auf einzelne Branchen. Volker Treier, Chefanalyst der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), verweist auf Ergebnisse der aktuellen DIHK-Konjunkturumfrage: "Fast jedes fünfte Unternehmen kämpft mit Liquiditätsschwierigkeiten, so viele wie seit der Corona-Pandemie nicht mehr." Besonders betroffen sind der Kraftfahrzeugbau, das Gastgewerbe sowie Gesundheits- und soziale Dienste, wo jeweils 25 Prozent oder mehr der Unternehmen von Zahlungsengpässen berichten.

Fazit

Die aktuelle Insolvenzwelle markiert einen Wendepunkt für die deutsche Wirtschaft. Experten wie Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sehen die Entwicklung kritisch: "Wir sind in der Größenordnung, wo einzelne Monate durchaus 20-Jahres-Hochs abgeben." Christoph Niering vom Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) mahnt jedoch zur Differenzierung: Trotz des Anstiegs erreichen die Unternehmensinsolvenzen nicht die Spitzenwerte der Krisenjahre 2004 oder 2009. Für 2025 prognostiziert Restrukturierungsexperte Eckhardt einen weiteren Anstieg der Insolvenzen um 25 Prozent auf über 450 Anträge. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, fordern Wirtschaftsvertreter Bürokratieabbau, gezielte Infrastrukturinvestitionen und eine Senkung der Energiekosten und Steuern.

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