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Finanzierung > Kommentar

Kartenpflicht für Restaurants und Geschäfte? Zwingt uns zu unserem Glück!

Ein Satz im Koalitionsvertrag schreckt Verbände auf: Neben Bargeld müssen Betriebe bald auch eine elektronische Bezahlmöglichkeit anbieten. Für alle Beteiligten ein guter erster Schritt, dem hoffentlich noch ein zweiter folgt.

Wie hier beim Imbiss 'Zum Gaumenschmaus' war es schon auf dem Oktoberfest 2024 in München üblich, bargeldlos zu bezahlen.

Ostermontag auf dem Spielplatz beobachteten unsere niederländischen Gäste irritiert das Treiben beim benachbarten Geldautomaten. Im Minutentakt gingen Menschen hinein und hinaus. Man könnte die Maschinen mit dem Bargeld rattern hören. Mit seinem herrlichen Akzent sagte unser Freund: „Was stimmt mit euch Deutschen nicht?“ Fürwahr, beim Thema Bargeld gehen wir so manchen Sonderweg im internationalen Vergleich.

Wie wir bezahlen, ist ein emotionales Thema. Umso diskussionsträchtiger ist ein Satz auf Seite 49 des Koali­ti­ons­ver­trags: „Wir setzen uns für echte Wahlfrei­heit im Zahlungs­ver­kehr ein und wollen, dass grund­sätz­lich Bargeld und mindes­tens eine digita­le Zahlungs­op­ti­on schritt­wei­se angebo­ten werden sollen.“ In Hamburg kennen es Busfahrer seit Längerem, denn dort kann man auch nicht mehr mit Münze und Schein sein Ticket kaufen. Zusammengebrochen ist der öffentliche Nahverkehr deswegen nicht, eher pünktlicher geworden.

Nun könnten also auch Gaststätten, Restaurants und Geschäfte, die auf Barzahlung pochen, bald der Vergangenheit angehören. Ohne Rebellion wird das aber wohl nicht gehen. Das mag auch ab den Motiven liegen, die sich seitens der neuen Regierung hinter dem Vorhaben verberen könnte: Dem Staat entgehen durch Steuer­hin­ter­zie­hung in bargeld­in­ten­si­ven Berei­chen mehr als 15 Milli­ar­den Euro im Jahr. Zugeben will keine der beiden Parteien eine Parallele – genauso wenig möchte es niemand als Gegen­leis­tung verstehen für die im Koali­ti­ons­ver­trag festge­hal­te­ne dauer­haf­te Senkung des Mehrwert­steu­er­sat­zes von 19 auf sieben Prozent in der Gastro­no­mie.

Entfällt bald die Pflicht, Bargeld annehmen zu müssen?

Stattdessen betonen Union und SPD, dass es ihnen um die Wahlfreiheit der Bürger gehe. Das Meinungs­in­sti­tut Yougov hat dazu fix die Deutschen befragt: 57 Prozent finden den Plan der Koalition gut. Der Hotel- und Gaststät­ten­ver­bands Dehoga nicht: „Eine pauscha­le Pflicht würde viele kleine Betrie­be unver­hält­nis­mä­ßig belas­ten.“ Die Kosten seien „unver­hält­nis­mä­ßig hoch“. Und natürlich sei es nicht so, dass Betrie­be, die Bargeld bevor­zug­ten, etwas zu verber­gen hätten.

Das ist grober Unfug. Es gibt zig Dienstleister, die Kartenzahlung günstig und mit geringem Aufwand parat stellen. Und für krasse Ausnahmen, wenn es zum Beispiel an der Konnektivität zum Internet mangelt, lassen sich Ausnahmen finden. In Italien gibt es zu Pflicht seit 2012 mit hohem Gewinn für Kunden und Steuerzahler. In Griechenland sank die Schwarzarbeit erheblich.

Vermutlich diskutieren wir bald über den nächsten Schritt – und der dürfte viel mehr Unternehmen freuen als sich welche aktuell über die Kartenbezahl-Pflicht beschweren: Dass Restaurants und Geschäfte gar kein Bargeld mehr anbieten müssen. An der Currywurstbude nur noch per Karte zahlen? Warum nicht? 

Keine Bargeldkasse vorhalten zu müssen, spart so manchem Betrieb erhebliches Geld. Es reduziert Diebstähle von – oft freien – Mitarbeitenden, was ein erheblich unterschätztes Problem ist. Und es fördert die Hygiene, wo Münzen und Nahrungsmittel immer wieder abwechselnd angefasst werden. Unsere Freunde aus den Niederlanden kaufen ihre Frikandel und Pommes nur noch so.

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