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Recht und Steuern > Gastbeitrag

KI-Revolution in der Steuerberaterbranche: Ausblick auf 2023

In der Steuerberaterbranche geht die Digitalisierung derzeit immer noch zu langsam voran. Zu dieser Beurteilung kamen im Spätsommer 2022 die Autoren des DATEV-Digitalisierungsindex. Die Erhebung zeigt, dass sich in zu vielen Kanzleien – nach einem Schub infolge der Corona-Pandemie – aktuell noch zu wenig bezüglich der Umstellung des Geschäftsmodells auf digitale Prozesse bewegt.

Christoph Prieler, Managing Director des österreichischen FinTechs Finmatics, schätzt dies ähnlich ein. Er argumentiert, warum KI-basierte Automatisierungsprozesse in der Steuerberaterbranche immer relevanter werden.

 

Die Kontakt- und Mobilitätseinschränkungen während der Covid-19-Pandemie führten branchen- und länderübergreifend zu erheblichen Fortschritten in der digitalen Transformation. Nach Abklingen der Pandemie nutzten viele Unternehmen und Organisationen diesen Drive, um die eigene Digitalisierung weiter voranzubringen und sich frühzeitig mit den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz zu beschäftigen. Leider verpassten viele Steuerberater diese Gelegenheit und hinken bei der Digitalisierung deutlich hinterher. Der DATEV-Digitalisierungsindex zeigt die entsprechenden Defizite im Detail auf. Als Ursachen werden Zeitmangel (93%), aber auch der Mangel an fachkundigem Personal (19%) aufgeführt. Dass sich entsprechende Maßnahmen lohnen, lässt sich ebenfalls klar belegen: Wer sich im oberen Drittel des Digitalisierungsindex bewegt, liegt auch beim Geschäftsklima mit 132,8 Punkten vorne. Digitalisierung sorgt also für eine hohe wirtschaftliche Resilienz, die gerade in unsicheren Zeiten zum Tragen kommt. Welchen Herausforderungen sind nun konkret Steuerberatungskanzleien ausgesetzt – und wie können KI-basierte Automatisierungsprozesse zur Bewältigung beitragen?

 

Branchenspezifischer Fachkräftemangel

 

Die gesamte Wirtschaft klagt zunehmend über den Fachkräftemangel, dennoch werden einige Branchen und Bereiche besonders stark gebeutelt. Neben dem Pflegesektor und etlichen Handwerksberufen gelten nach einer Haufe-Studie gerade auch Jobs in einer Steuerberaterkanzlei als wenig attraktiv bei der Generation Z. Als Konsequenz können viele Unternehmen keine neuen Aufträge oder Mandanten mehr aufnehmen und verlieren wichtiges Umsatzpotential. Der Einsatz moderner Technologien und KI-basierter Tools sowie die Implementierung selbstlernender Automatisierungsprozesse erhöhen die Attraktivität für den Berufsnachwuchs und verringern deutlich den Anteil an repetitiven, analogen (und langweiligen) Routinetätigkeiten.

 

Ineffizienter Einsatz qualifizierter Personalressourcen

 

Die vorhandenen Mitarbeiter einer Kanzlei werden immer mehr zur knappen, wertvollen und existenzkritischen Ressource. Nicht selten im eigenen Betrieb kosten- und zeitintensiv ausgebildet, weiterqualifiziert und mit den individuellen unternehmerischen Rahmenbedingungen bestens vertraut, müssen die Mitglieder des Kanzlei-Teams oft Tätigkeiten mit geringem Wertschöpfungspotential ausführen, können ihre Qualifizierung nicht in Anwendung bringen und erleben auch oft wenig Anerkennung für die Erledigung von Routinen wie das manuelle Erfassen von Belegen. In diesem Bereich eröffnet der Einsatz von KI-Software erhebliches Optimierungspotential, Routine- und Standardaufgaben können der KI überlassen werden, gutbezahlte und qualifizierte Finanzbuchhalter können sich wieder mehr der Beratung ihrer Mandanten widmen – und entsprechenden Mehrwert für die Kanzlei generieren. Inzwischen können KI-Tools auch dazu beitragen, mögliche Steuerrisiken frühzeitig zu erkennen, Prognosen abzugeben und negative Auswirkungen zu minimieren.

 

Langsame, ineffiziente Kommunikationsprozesse mit Mandanten

 

Sicherlich wird es auch noch in fünf oder zehn Jahren Mandanten geben, die ihre Belege im sprichwörtlichen Schuhkarton abliefern oder nur über Fax oder Festnetztelefon für Rückfragen zu erreichen sind. Der klassische Pendelordner verzögert die Belegübergabe und -abstimmung erheblich – und hat sich dementsprechend überholt. Die überwiegende Mehrheit der gewerblichen und auch privaten Mandanten nutzt mittlerweile digitale Applikationen und mobile Devices, um Belege zu erfassen und mit ihren Ansprechpartnern in der Kanzlei zu kommunizieren. Viele Steuerberater suchen daher nach Lösungen, um ihre Mandanten im Erfassungs- und Scanprozess zu unterstützen, rechtliche Vorgaben einzuhalten sowie die Daten digital sicher zu übertragen und zu verarbeiten. Ausgebremst werden die Prozesse vor allem durch inhaltliche Rückfragen zu einzelnen Belegen und Positionen, die ohne KI-Unterstützung viel Zeit kosten sowie das Auftreten von Fehlern und Missverständnissen begünstigen. Historisch bedingt fehlen oft auch automatisierte Abstimmungs- und Freigabeprozesse und Workflows, dies verzögert und erschwert die Buchhaltung erheblich.

 

Fazit: KI tut not!

 

Angesichts dieser Argumente lasse ich keinen Einwand mehr gelten, die Vorteile der KI nicht zu nutzen, um die Kanzlei zukunftsfähig und resilient zu machen. Tatsächlich verlangt niemand von Steuerberatern, dass sie das Vertrauen ihrer Kunden leichtsinnig in die Hände einer "KI-Blackbox" legen. KI-Tools können aber in fast allen Bereichen Routineaufgaben übernehmen, Daten zuverlässiger erfassen, Mehrwert schaffen und zur unternehmerischen Entscheidungsfindung beitragen. Finale Kontrolle und Verantwortung obliegen natürlich immer noch dem Menschen.  
 

Über den Autor

Christoph Prieler ist Buchhaltungsexperte und Managing Director des österreichischen FinTechs Finmatics. Die KI-gestützte Software des Unternehmens kommt bei mittlerweile 800 Steuerberatungskanzleien und über 50.000 Unternehmen zum Einsatz.




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