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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Kündigung zu „postüblicher Einwurfzeit“ ist wirksam

Eine Kündigung per Einwurf-Einschreiben am letzten Tag der Kündigungsfrist ist im Regelfall wirksam. Es besteht ein Anscheinsbeweis, dass der Postbote sie zu den „postüblichen Zeiten“ zugestellt hat, so das Bundesarbeitsgericht.

(Foto: picture alliance, Udo Herrmann)

Der Fall

Die Arbeitgeberin kündigte einer Mitarbeiterin ordentlich zum 31. Dezember 2021. Der Arbeitsvertrag sah eine Kündigungsfrist von einem Vierteljahr zum Quartalsende vor. Die Arbeitgeberin kündigte deshalb mit Schreiben vom 28. September 2021, gab dieses als Einwurf-Einschreiben in die Post, und der Postbote warf das Schreiben am 30. September 2021 in den Hausbriefkasten der Mitarbeiterin ein.

Die Mitarbeiterin wollte die Kündigung aber nicht zum 31. Dezember 2021, sondern erst mit Ablauf des 31. März 2022 akzeptieren. Sie bestritt, dass der Postbote das Schreiben zu den üblichen Postzustellungszeiten in ihren Hausbriefkasten eingeworfen habe. Deshalb sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass sie das Schreiben noch am 30. September zur Kenntnis nehmen würde. Vielmehr sei es ihr erst am 1. Oktober zugegangen – und damit habe sie noch drei weitere Monate Anspruch auf ihr Gehalt.

Der Fall ging vor das Arbeitsgericht.

 

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht wies die Klage der Frau gegen die Kündigung zum 31. Dezember ab. Die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg blieb ebenfalls ohne Erfolg. Und auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) vermochte die Klägerin nicht zu überzeugen.

In seinem Urteil verwies das BAG auf seine ständige Rechtsprechung, wonach eine „verkörperte Willenserklärung unter Abwesenden“ – in diesem Fall das Kündigungsschreiben – als zugegangen gilt, sobald sie in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und der Empfänger die Möglichkeit hat, davon Kenntnis zu nehmen.

In dem konkreten Fall habe das LAG zu Recht angenommen, dass ein Beweis des ersten Anscheins dafür besteht, dass das Kündigungsschreiben am Zustelltag zu den üblichen Postzustellzeiten in den Hausbriefkasten der Klägerin gelegt wurde. Ein solcher Anscheinsbeweis werde nur dadurch erschüttert, dass der Prozessgegner – hier die gekündigte Mitarbeiterin – außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls darlegt und Tatsachen nachweist, die ernsthaft einen abweichenden Geschehensablaufs nahelegen.

  Im konkreten Fall bestehe ein Anscheinsbeweis, dass das Kündigungsschreiben am 30. September 2021 zu den üblichen Postzustellzeiten in den Hausbriefkasten der Klägerin gelegt wurde. Maßgeblich dafür sei allein der Umstand, dass sich die übliche Postzustellungszeit aus der Arbeitszeit der Postbediensteten ergibt und ein solcher Bediensteter auch das Kündigungsschreiben zugestellt habe. Dass es anders gewesen sei, dafür habe die Klägerin keine Umstände dargelegt, sondern sich insoweit auf Nichtwissen berufen.

Weil die Frau also am 30. September noch damit rechnen musste, Post zu bekommen, war die Kündigung zum 31. Dezember 2021 wirksam.


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.6.2024 - 2 AZR 213/23

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