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Finanzierung > Den Wandel gestalten

Neue Finanzierungswege für die Transformation

Transformationsprojekte kosten viel Geld – und Kredite sind teuer geworden. Es gibt Alternativen für die Finanzierung.

Samtige Sonderausgabe: Schuhdesigner Manolo ­Blahnik hat für Birkenstock gestaltet. Der Mittelständler holte sich von einem Finanz­investor nicht nur Geld, sondern auch Zugang zum wichtigen asiatischen Markt. Bildquelle: YouTube - Birkenstock

Vermutlich gab es noch nie in der Wirtschaftsgeschichte einen Zeitpunkt, an dem es hieß: Derzeit gibt es keinen Anlass für Innovationen, keinen Transformationsdruck. Allerdings betonen Berater, Firmenchefs und Banker dieser Tage das Wort wirklich sehr stark, wenn sie sagen, im Moment sei der Wandlungsdruck äußerst hoch.

Geschäftsmodelle zu verändern, neue Technologien einzuführen, Prozesse zu modernisieren – das ist für den Mittelstand beileibe nichts Neues. Das tun die Betriebe seit Jahrzehnten. Doch derzeit fühlen sich gerade die Finanzvorstände wie Burgerpattys, wenn sie zwischen zwei Brötchenhälften gepresst werden: Von unten drücken steigende Kosten für Energie und Personal auf die Margen. Von oben wächst der Bedarf für Investitionen in die Zukunft – in neue Märkte, Technologien, Produkte. Und in Nachhaltigkeit inklusive all der Reportingpflichten. Natürlich braucht es viel mehr als nur Geld, um all die Projekte umzusetzen. Führung und die ohnehin knappen Managementressourcen zum Beispiel. Und: „Man braucht ein gewisses Durchhaltevermögen. Timing ist wichtig, Konsequenz ist wichtig. Das sind alles Faktoren, die zum Erfolg von Transformationen beitragen“, sagt Falco Weidemeyer, Global Turnaround and Restructuring Leader bei der Beratungsfirma EY

Nur, ohne Geld helfen auch die anderen Tugenden nicht viel. „Finanzierung und Refinanzierung ist nicht nur teurer geworden, sie ist auch schwieriger geworden, sagt Weidemeyer. Der sieht zwar noch keine Kreditklemme, aber die schwierigen Umstände würden einige Geschäftsmodelle an den Rand bringen, „denn manche sind groß geworden in einer Zeit, in der Kapital leicht verfügbar und ziemlich billig war.“ Nun seien die Umstände völlig neu.
Das Problem sind eben nicht nur höhere Zinsen, sondern dass Betriebe Lieferketten und Marktportfolios aus geostrategischen Gründen völlig neu denken müssen. Die neue Sicherheitslage sorgt überall für eine gewisse Verunsicherung. Und dass sich Millionen Unternehmen auf nachhaltiges Wirtschaften und die Einbeziehung von künstlicher Intelligenz umstellen müssen, macht die Sache auch nicht einfacher. „Vor diesem Hintergrund muss man sich fragen: ,Wie finanziere ich die nötige Transformation? Und wie wichtig ist auch die Innenfinanzierung?‘“ sagt Weidemeyer
Letzteres war in den vergangenen Jahren angesichts des Niedrigzinsumfelds nicht so wichtig. „Doch nun müssen sich Betriebe wieder mehr fragen, wie sie ihr Working Capital managen, ihre Bestände und wie das Vermögen strukturiert sein soll“, sagt der EY-Experte. Es gehe darum, sich möglichst leicht aufzustellen in diesem schwankenden Markt. Bei der Innenfinanzierung geht es darum, aus dem Working Capital das Maximum rauszuholen. Denn alles, was Betriebe da erreichen, müssen sie nicht für teures Geld finanzieren. Soll heißen: Transparenz schaffen, Forderungen gut managen, keine unnötigen Bestände vorhalten.

Im Hinblick auf die Außenfinanzierung brauchen Unternehmen angesichts der gestiegenen Zinssätze mehr Risiko-Diversifikation und „mehr Offenheit gegenüber neuen Finanzierungsquellen“, wie Weidemeyer sagt. Er beobachtet seit einigen Jahren, dass Banken zwar große Mittelstandsfinanzierer sind und bleiben, aber alternative Finanzierungsquellen an Bedeutung gewinnen, sowohl auf der Eigenkapital- wie auf der Fremdkapital-Seite – was gut ist für ein möglichst breit gefächertes Angebot.

Private Equity wird interessant

Alexandra Avramopoulos sieht das sehr ähnlich. Sie ist Managing Director im Global Banking der UBS Europe und sagt: „Tatsache ist, dass gerade Wachstumsinvestitionen Eigenkapital benötigen.“ Nun ist der Mittelstand tendenziell konservativ finanziert. „Deswegen werbe ich für mehr Offenheit bezüglich langfristigen Eigenkapitalgebern. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten.“ Langfristig orientierte Geldgeberalternativen sind Pensions- und Staatsfonds. Oder Private-Equity-Fonds. Letztere ticken mit ihrem Investitionshorizont von oft nur drei bis fünf Jahren eher kurzfristig, was nicht jedem Mittelständler passt. Dennoch wird dieser Weg für viele Familienunternehmer derzeit attraktiver, auch weil sich die Finanzinvestoren immer häufiger damit begnügen, Mittelständlern langfristig Kredite zur Verfügung zu stellen, statt sich zu beteiligen – sich also wie eine Bank verhalten.
Die Zahl der Private-Equity-Geschäfte hat sich in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2022 halbiert, wie die Beratung PwC ausgerechnet hat. Auch hier machen sie die gestiegenen Zinsen bemerkbar. Aber: Nur weil die ganz großen Abschlüsse selten waren, heißt das nicht, dass Private Equity nicht am Mittelstand interessiert ist. Denn genau das ist der Fall.

Gerade weil es schwierig geworden, große Mengen Fremdkapital einzusammeln, sind kleinere Geschäfte für die Private-Equity-Branche deutlich attraktiver geworden. Bei Transaktionswerten zwischen 100 und 500 Millionen Euro gibt es reichlich Aktivität. Firmenbewertungen liegen beim zehn- bis 15-fachen des Betriebsgewinns. Deutschland genießt dabei immer noch einen guten Ruf: Der PwC-Studie zufolge würden 93 Prozent der Investoren, die hierzulande schon Geschäfte gemacht haben, dies wieder tun. Nur Großbritannien und die USA sind noch beliebter. Mittelständler reagieren auch deshalb mit immer weniger Scheu auf Private-Equity-Avancen, weil sie sich neben Geld auch das Know-how ins Haus holen. Marktteilnehmer gehen davon aus, dass sich der Markt nach der Sommerpause und vor allem vom kommenden Jahr an beleben wird.

Eine andere Option ist, Kapital bei einer Industrieholding einzusammeln – eine Variante, die derzeit gefragt ist. Meist haben Familienunternehmer ihr eigenes Geschäft verkauft, wollen das Geld wieder in Firmen investieren und haben einen Anlagehorizont von einer Generation. Wichtig dabei: Die Chemie muss stimmen, das Zwischenmenschliche. „Es ist gerade bei familiengeführten Unternehmen wichtig, dass das auf vertrauensvoller Basis passiert“, sagt Avramopoulos von der UBS. Unverzichtbar sei eine klare Vorstellung, wofür neues Eigenkapital gebraucht werde und auf welcher Ebene investiert werden soll, also zum Beispiel in eine Dach- oder nur eine Tochtergesellschaft. 

Für den Einstieg in solche Gespräche muss deshalb ein gut aufbereiteter Businessplan inklusive Mittelverwendung vorhanden sein, aber auch eine klare Vorstellung, was der Partner mitbringen soll. Neben Kapital kann das zusätzliche Expertise, aber auch „Türöffnerkompetenz“ sein, beispielsweise um eine neue geografische Region oder einen neu entstehenden Geschäftsbereich zu erschließen. So bekam zum Beispiel Birkenstock 2021 durch den Einstieg von L Catterton aus dem Umfeld des Luxusherstellers LVMH Zugang zum asiatischen Markt.

Externe Hilfe bietet sich vor allem dann an, wenn keine eigene M&A-Abteilung besteht. Sie ermöglicht oft erst den Zugang zu einer breiten Auswahl potenzieller Kapitalgeber und hilft zum Beispiel bei der Abwägung, wie kompetitiv die Suche gestaltet werden soll, also mit wie vielen Parteien man überhaupt Gespräche führen möchte. Gerade wenn es um eher ungewöhnliche Finanzierungsquellen geht, muss die Belegschaft informiert und beteiligt werden.

EY-Experte Weidemeyer betont, wie wichtig Konsequenz und Ehrlichkeit mit sich selbst für die Finanzierung von Transformationsprojekten ist. Wie lange dauern Prozesse? Was kosten sie? Mit der Transformation verschlechtert sich in der Regel erst einmal einiges, bevor der große Schub nach vorn kommt. Da gibt es auf dem Weg ohnehin Frustrationen, zusätzliche finanzielle Engpässe sollten vermieden werden. Ehrlichkeit und Konsequenz sind auch in der Kommunikation wichtig. Es gelte, die Beschäftigten frühzeitig und verständlich mitzunehmen, sagt Weidemeyer. „Es besteht die Gefahr, dass man zu abstrakt kommuniziert, statt klar und selbstbewusst zu erklären, wo die Probleme liegen und wie man gedenkt, sie zu beseitigen.“

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