Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Finanzierung > Mario Götze, Philipp Lahm, Mario Gomez

Nicht jeder Schuss ist ein Treffer

Profisportler setzen als Investoren gern auf Start-ups. Mancher zahlt viel Lehrgeld. Vorbild sind berühmte US-Stars, die ihr Geld sehr erfolgreich vermehren.

Fußballer Mario Götze
Hat gut lachen: Fußballer Mario Götze hat nicht nur die Nationalmannschaft zum Weltmeister geschossen, sondern investiert auch in zahlreiche Start-ups.Bildquelle: Lukas Korschan

Mein Rennwagen, mein Pool, meine Partys: Wenn von Geld im Zusammenhang mit Spitzensportlern die Rede ist, spielen in der Regel teure Konsumgüter und ausschweifende Vergnügen eine Hauptrolle. Die wenigsten Stars fallen als Investor auf. Doch es gibt sie, die reichen Sportstars, die sich auf das ungewohnte wirtschaftliche Parkett wagen und ihre Millionen langfristig anlegen. Besonders ragt Fußballstar Mario Götze heraus, der als entscheidender Torschütze bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien schon jetzt einen festen Platz in der Sportgeschichte hat. Der 34-Jährige in Diensten von Eintracht Frankfurt hat sich inzwischen an 55 verschiedenen Unternehmen beteiligt. „Es sollen noch mehr werden, am Ende gern 80 Firmen“, sagte der Profi im Gespräch mit der FAS.

Götzes Weltmeisterkollege Philipp Lahm hat inzwischen die Fußballschuhe in die Vitrine gestellt und betätigt sich als Unternehmer, Berater, Funktionär, Stifter, Buchautor, Werbepartner – und Investor. Schon Mitte der vergangenen Dekade hat der ehemalige Bayern-Star die Mehrheit am Körperpflegemittelproduzenten Sixtus erworben. Zudem ist er Eigner von Schneekoppe, einem Hersteller von Flocken, Müsli und diätetischen Erzeugnissen. Auch am Berliner Start-up Fanmiles hat sich der Chef-Organisator der Europameisterschaft 2024 beteiligt.

Die Tücken des Unternehmens

„Es geht mir bei diesen Beteiligungen nicht um eine stille Teilhabe. Ich will mir unternehmerisches Wissen aneignen und einen ganz neuen Aufgabenbereich erarbeiten“, hat Lahm einmal begründet, warum er lieber in Unternehmen investiert, die in schwieriger Lage stecken oder noch am Anfang stehen, statt auf stabile Firmen zu setzen. Erfahrungen dürfte er mit seinen Anlagen mehr gesammelt haben, als ihm lieb ist. Ob Schneekoppe, Sixtus oder Fanmiles: Die Beteiligungen haben bisher wenig Freude bereitet. Der Fan-Dienstleister musste sogar liquidiert werden. Das Engagement bei der mittlerweile zahlungsunfähigen Sixtus endete vor dem Landgericht München. Der unternehmerische Hansdampf dürfte die Rückschläge aber locker verdaut haben. Seine Philipp-Lahm-Holding ist noch an der Sportlotterie und der Unternehmensberatung Brückenköpfe beteiligt. Insgesamt wird sein Einkommen vom Vermögensmagazin auf zwei Millionen Euro jährlich geschätzt. Die kommen zu den 60 Millionen Euro hinzu, die Lahm auf der hohen Kante haben soll.

Auch Götze hat negative Erfahrungen gesammelt. „Als die Zinsen gestiegen sind, hat sich das eine oder andere nicht durchgesetzt. Das tat im Einzelfall weh.“ Das Risiko, als Prominenter an die falschen Leute zu geraten, schätzt er niedrig ein. „Ich habe die richtigen Leute an meiner Seite, um gute Entscheidungen zu treffen.“ Wichtigster Austauschpartner für Götze zu dem Thema ist sein Vater. Jürgen Götze ist Professor für Elektrotechnik an der TU Dortmund. Ihm sei klar, betont der Fußballprofi, dass es sich um Investitionen mit hohem Risiko und langfristigem Anlagehorizont handele. Er sei aber auch von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungskraft von Start-ups überzeugt.

Das Portfolio des Fußballers, der sich auf Linkedin „Professional Athlete and Business Angel“ bezeichnet, ist breit gefächert. Zu den Beteiligungen gehört beispielsweise der US-Start-up Vejo. Es bietet einen akkubetriebenen Smoothie-Mixer an, in den keine frischen Früchte, sondern Kapseln mit gefriergetrocknetem Pulver kommen. Beteiligt ist er aber auch an Meine Erde, einem Anbieter alternativer Bestattungsmethoden, der Onlinedrogerie Koro, der Wohnungssuch-App Mietz oder der Lernplattform Junto. Das Fußballfachmagazin Kicker spricht von „klassischer Risikodiversifizierung“. Schwerpunkte seien Gesundheit und Finanzen, Blockchain, Klimaschutztechnik und Software as a Service (SaaS) –
also IT-Dienstleistungen für Unternehmen.

Besonders angetan hat es dem Fußballprofi die Berliner Eterno, 2020 gegründet. Chef Max Waldmann will damit die Digitalisierung der Arztpraxen und Kliniken in Deutschland voranbringen. Hier schlummern für viele Ärzte erhebliche Synergien, mit denen sie die oft angespannte Kostensituation deutlich verbessern können. Die Lösung des Frankfurter Start-ups soll Terminbuchung, Diagnostik und Abrechnung verbessern. „Mir geht es auch darum, anderen Investoren Mut zu machen und für diese Anlageklasse zu werben“, sagt Götze. Das macht er beispielsweise bei SPRK.global, einer KI-gestützten Lebensmitteldistributionsplattform, die ihn ebenfalls als Investor gewonnen hat. Der Fußballprofi habe Dritte „aktiv dazu aufgerufen, mit SPRK zu partnern“, sagt Gründer Alexander Piutti.

Eine Sogwirkung durch den prominenten Investor erwartet auch Thomas Isermann, Gründer des veganen Münchener Lebensmittelanbieters Greenforce. Hier ist Bayern-Star Thomas Müller engagiert. Der Sportprofi verleihe in der Außenwahrnehmung der Marke „ein enormer Mehrwert“, sagt Isermann – besonders, weil Müller sich selbst nicht rein vegan ernährt. Für das Start-up habe das Engagement des Bayern-Profis dementsprechend „bisher aus medialer Sicht sowie umsatz- und reputationsseitig sehr viel gebracht“. Dem Gründer ist dabei wichtig, „dass Thomas Müller für uns kein klassischer Werbeträger ist, sondern an der Steigerung des Unternehmenswertes aktiv partizipiert und uns strategisch dabei hilft, die Marke weiterzuentwickeln“, wie Isermann dem Onlinedienst OMR verriet. Müller ist mit Ex-Kollegen Mario Gomez auch am Lebensmittelhändler Organic Garden aus Ingolstadt beteiligt. Das Start-up will die gesamte Kette vom Acker bis zum Teller abdecken.

Sportler locken Kunden

„Sportler lenken im besten Fall die Aufmerksamkeit auf ein neues Produkt, das dadurch schneller bekannt wird“, sagt Christoph Breuer, Sportökonom an der Deutschen Sporthochschule Köln. „Zudem locken sie auch weitere Geldgeber an.“ Sport-Institutionen wie die Stiftung Deutsche Sporthilfe fördern sogar den Einstieg in die Neugründungen. So ist die „Sporthilfe Start-up Academy“ ein Förderbaustein zur dualen Karriere und richtet sich an Athleten, die nach ihrer sportlichen Laufbahn eine Firma gründen wollen oder Unternehmer werden wollen. Weitere Anlaufstelle ist das seit 2017 in den USA aktive Profinetzwerk „The Players' Impact“ (TPI). Es gibt Mitgliedern die Möglichkeit, langsam mit der Start-up-Welt und ihren von Finanzierungsrunden dominierten Zyklen vertraut zu werden. Um später dann selbst richtig einzusteigen.

Vorbilder für die deutschen Spitzensportler sind US-Profis wie beispielsweise die Basketballstars LeBron James oder Micheal Jordan. Das Geschäftsvolumen von „King James“ wird vom US-Wirtschaftsmagazin Forbes auf mehr als eine Milliarde Dollar taxiert. Dazu zählt auch eine Beteiligung am Koblenzer Fahrradhersteller Canyon. Dort hofft man, dass sich das Engagement des prominenten Amerikaners ähnlich gut entwickelt wie dessen Beteiligung an Blaze Pizza. Dort ist James 2012 mit einer Million Dollar eingestiegen. Heute wird der Wert der Beteiligung auf das Fünfzigfache geschätzt.

Gut gelaufen ist auch das Engagement der Schweizer Tennisikone Roger Federer in den heimischen Schuhhersteller On Running. Die Handelszeitung berechnete das Volumen auf 50 Millionen Euro. Nach dem Börsengang seien daraus 300 Millionen Euro geworden. Tenniskollegin Serena Williams punktet seit 2014 mit Investitionen in mehr als 50 Unternehmen. Allein ihre Beteiligungen am Footballteam Miami und der Kampfserie UFC soll viele hundert Millionen Dollar wert sein. Williams betreibt inzwischen eine eigene Fondgesellschaft. Der Ansatz gefällt dem deutschen Fußballer Götze. Erst einmal gibt er sich indes bescheiden: „Ich muss mich noch viel tiefer in die Sache einarbeiten und vielleicht eine Weile bei Profi-Investoren in die Lehre gehen.“ 

Ähnliche Artikel