Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Finanzierung > Handelskonflikte zwischen der EU, USA und China

Pokern an der Zollschranke

Rote Karte oder Eigentor? Vor dieser Frage steht die EU-Kommission, nachdem die USA die Zölle für chinesische Produkte drastisch verschärft hat.

Die EU steht vor der Herausforderung, auf die verschärften Handelskonflikte mit China und den USA zu reagieren. Höhere Zölle könnten den Wettbewerb schützen, aber auch zu wirtschaftlichen Spannungen führen.

So sind E-Autos um 100 Prozent teurer geworden und damit nicht mehr attraktiv. In Brüssel wird zu Recht befürchtet, dass diese Fahrzeuge nun die europäischen Märkte überfluten. Sie würden eine lange Liste von Produkten ergänzen, die schon heute für einen ungleichen Wettbewerb sorgen. Die Konkurrenz China kann dank kräftiger Subventionen deutlich günstiger produzieren und verkaufen. Das hat schon ganze Branchen an die Wand gedrückt. Vor einigen Wochen gab der Mayer-Burger seine Solarproduktion in Sachsen auf. Keine Chance gegen China zu bestehen. Mayer-Burger will nun in den USA fertigen. Dort schützen Einfuhrzölle die Branche.

Die Rufe, Brüssel soll ebenfalls mit einer Roten Karte Chinas Treiben stoppen, werden immer lauter. Doch mancher warnt, dass sich höhere Zölle am Ende als Eigentor erweisen werden. Vor allem die Deutschen bauen ihren Wohlstand auf offene Märkte. Autos, Maschinen, Konsumgüter: China ist ein wichtiger Absatzmarkt. Wer von diesem Export lebt, warnt deshalb eindringlich, dass Peking als Reaktion ebenfalls die Schotten dicht machen könnte. Dabei wird allerdings verschwiegen, dass dies bereits der Fall ist. Seit Jahren pusht China die Produktion im eigenen Land. Viele Konzerne und Mittelständler kommen längst diesem Wunsch nach. Mehr noch: sie exportieren selbst ihre in China gefertigten Produkte und wären somit von den EU-Zöllen ebenfalls betroffen.

Hinter der Flut der Billigprodukte steckt eine Krise der chinesischen Wirtschaft und am Ende eine der allmächtigen Kommunistischen Partei. Über viele Jahre hat die KP den wirtschaftlichen Aufschwung mit gewaltigen Mittel gefördert. Es galt, für viele Millionen Chinesen eine Beschäftigung und somit mehr Wohlstand zu schaffen. Das ist unbestritten gelungen. Doch die Machthaber in Peking müssen nun feststellen, dass sich auch eine staatlich gelenkte Wirtschaft am Ende dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage nicht entziehen kann. Im Zuge der Pandemie ist der Inlandsmarkt zusammengebrochen. Erschwerend kommt hinzu, dass über Jahre Immobilien als Spekulationsobjekt aus dem Boden gestampft wurden. Diese Blase platzt gerade und kostet vielen Verbrauchern das Ersparte.

Der lahme chinesische Markt kann die gewaltigen Mengen an subventionierten Waren nicht mehr absorbieren. In einer funktionierenden Wirtschaft würden jene Unternehmen Pleite gehen, die sich in der Krise nicht halten können. Doch der Staat hat den Bürgern stetiges Wachstum versprochen und kann sich nach der Pandemie nicht noch eine Krise leisten. Schon jetzt finden Millionen von jungen Akademikern in China keine Beschäftigung mehr. Zu den beliebtesten Themen in sozialen Medien gehört die Frage: wie kommt man mit 3000 Yuan über den Monat? Das sind 390 Euro. Vor allem unter den jungen Leuten wächst die Unzufriedenheit mit dem Machtapparat.

Chinas KP wird also freiwillig kaum davon ablassen, die Folgen von Planwirtschaft und inländischer Krise ins Ausland zu exportieren. Das eigene Überleben ist den roten Machthabern wichtiger als fairer Wettbewerb. Das sind keine guten Aussichten für Europa. Vieles deutet auf eine Eskalation hin. Darauf muss sich die EU schnellstmöglich einstellen. Mit „Pokern an der Zollschranke“ wird jetzt ausgetestet, wer bei diesem Handelskrieg den längeren Atem behält. Sollte im November Donald Trump die US-Wahl gewinnen, sitzt bald ein besonders verwegener Zocker mit am Tisch. Also sich raushalten und lieber alles laufen lassen? Gewonnen wäre leider nur etwas Zeit für manchen Wahlkämpfer. Weitsichtig ist das jedoch nicht. Am Ende wären die in China fälligen Pleiten dann in Europa zu finden. Das Eigentor käme also nur zeitverzögert. Die Folgen wären aber umso heftiger.

Ähnliche Artikel