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Recht und Steuern > Arbeitsrecht

Probezeit muss „verhältnismäßig“ sein

Seit 1. August 2022 gilt eine Änderung im Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG), wonach in befristeten Arbeitsverträgen nur noch „verhältnismäßige“ Probezeiten vereinbart werden dürfen.

Bild: Shutterstock

Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Herauszufinden, ob Arbeitnehmer und Betrieb zusammenpassen, ist Sinn und Zweck der Probezeit. Als sogenannte Wartezeit kann sie nach dem Gesetz für maximal die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Die Kündigungsfrist kann dabei verkürzt werden, muss aber mindestens zwei Wochen betragen.

Bislang galt dies unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis unbefristet oder befristet ist. Für befristete Arbeitsverträge ändert sich dies nun. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der europäischen Arbeitsbedingungenrichtlinie in deutsches Recht ist neben dem Nachweisgesetz auch das TzBfG angepasst worden. Dieses sieht nach dem neuen Paragraf 15 Absatz 3 TzBfG vor, dass eine vereinbarte Probezeit nun „im Verhältnis“ einerseits zur Dauer der Befristung und andererseits zur Art der Tätigkeit stehen muss.

Was heißt das konkret? „Leider enthalten weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung Vorgaben oder Maßstäbe dazu“, sagt Tobias Lamß, Rechtsanwalt bei Kliemt Arbeitsrecht. „Hier werden die Gerichte erst noch entsprechende Anhaltspunkte definieren müssen.“ Klar ist schon jetzt: Die vollen ersten sechs Monate als Maßstab auszuschöpfen, wird unverhältnismäßig und damit unwirksam sein. „Es besteht also Handlungsbedarf“, so Lamß.

Seiner Einschätzung nach dürfte bis zu einem Drittel der vereinbarten Laufzeit des Arbeitsvertrages als Probezeit verhältnismäßig sein. Setzt der Arbeitgeber also beispielsweise bei einem auf sechs Monate befristeten Vertrag längstens zwei Monate Probezeit fest, dürfte er auf der sicheren Seite sein. „Ab einer Befristungsdauer von 12 Monaten ist es nach jetzigem Stand ratsam, die Länge der Probezeit bei vier Monaten zu belassen.“

Bleibt die Frage, wie sich die „Art der Tätigkeit“ auf die verhältnismäßige Probezeit auswirkt. Auch dazu fehlen bislang Vorgaben. Als Faustregel sollte derzeit gelten: Je einfacher die Tätigkeit, je kürzer die Einarbeitungszeit und je niedriger das Verantwortungslevel ist, desto geringer muss die Probezeit ausfallen.

Was passiert, wenn die Frist nicht verhältnismäßig ist? „Eine unverhältnismäßige Probezeit hat zur Folge, dass die Probezeitvereinbarung unwirksam ist“, so Tobias Lamß. Sicherheitshalber empfiehlt der Arbeitsrechtsexperte Arbeitgebern im Vertrag neben der Probezeitvereinbarung weiterhin klarzustellen, welche Frist für eine ordentliche Kündigung gilt. „Ist nämlich die Möglichkeit einer ordentlichen Kündbarkeit nicht gesondert oder nicht eindeutig unabhängig von der Probezeitkündigung vereinbart, ist der befristete Vertrag voraussichtlich nicht ordentlich kündbar“, warnt Lamß.

„Solange noch Kriterien in der Rechtsprechung zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Probezeitvereinbarungen fehlen, müssen Arbeitgeber in diesem Punkt auf Sicht fahren“, so Lamß. „In jedem Fall ist zu raten, die Klauseln zur Befristung in zukünftigen Arbeitsverträgen anzupassen. Idealerweise sollte dies im Zuge einer generellen Revision der Arbeitsvertragsmuster und HR-Prozesse aufgrund des Nachweisgesetzes geschehen.“


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