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Finanzierung > Rezession

Trumpf Elektronik kürzt Gehälter – Bosch verringert Arbeitszeiten

Rezession im Südwesten verschärft sich: Trumpf Elektronik senkt ab Oktober die Gehälter um 10 %, wenn mehr als 100 Minusstunden vorhanden sind. Bosch verkürzt die Arbeitszeiten.

(Foto: Shutterstock)

Trumpf Elektronik

Immer mehr Beschäftigte im Südwesten bekommen die anhaltende Rezession zu spüren. Jetzt trifft es auch einen Großteil der insgesamt 600 Mitarbeiter von Trumpf Elektronik in Freiburg. Ab Oktober bekommen sie zehn Prozent weniger Gehalt überwiesen, wenn ihre Zeitkonten mehr als 100 Minusstunden erreicht haben. Der Maschinenbau- und Laserkonzern aus Ditzingen bei Stuttgart weitet damit ein Abkommen aus, das bereits für 2750 Beschäftigte am Stammsitz vereinbart wurde. Für das Tochterunternehmen in Freiburg musste aufgrund der gesonderten Firmenstruktur ein separates Abkommen ausgehandelt werden. Die Elektronik-Tochter baut Hightech-Generatoren – die Stromquellen für Trumpfs Laser- und Plasma-Anlagen. Am Laserstandort in Schramberg sind noch keine Einschnitte geplant.

Der Einigung in Freiburg sind offenbar zähe Verhandlungen vorausgegangen. Ursprünglich wollte man schon vergangene Woche zu einer Vereinbarung kommen. „Wir freuen uns, dass wir uns mit dem Betriebsrat auf eine sehr gute Lösung für die Kolleginnen und Kollegen in Freiburg einigen konnten. Wir können so ein flexibles Instrument des Tarifvertrags sowie unsere betriebsinternen Arbeitszeitkonten nutzen, um auf die inzwischen sehr volatilen Märkte zu reagieren", betont Rafal Bugyi, Geschäftsführer von Trumpf Elektronik. Der Manager spielt dabei auf den Tarifvertrag an, der für solche Fälle eine Reduzierung der Arbeitszeit und entsprechender Gehaltskürzung vorsieht. Bei Trumpf sind es zehn Prozent.

Die Zahl der Betroffenen, die tatsächlich weniger Geld bekommen, werde im Laufe der kommenden zwölf Monate sukzessive steigen, heißt es in Ditzingen. Bis Ende des Jahres könne fast jeder Zweite weniger Geld bekommen - im Frühjahr sogar gut zwei Drittel. Immer dann, wenn mehr Arbeit zu erledigen sei, würden die Maßnahmen ausgesetzt, so ein Trumpf-Sprecher. Deshalb sei diese Lösung für beide Seiten besser und flexibler als Kurzarbeit. Das Weihnachtsgeld sei von den Kürzungen nicht betroffen. Trumpf hat gleichzeitig die Beschäftigungsgarantie um zwei Monate auf August 2025 ausgeweitet. Konkret wird das Gehalt bei den Beschäftigten gekürzt, die keine Überstunden mehr abbauen können. Möglich ist jedoch, dass auf den Zeitkonten bis zu 100 Minusstunden auflaufen können. Nach Angaben von Trumpf entspricht das einem Kredit an die Beschäftigten von rund 18 Millionen Euro. Allein in Freiburg strecke das Unternehmen 1,5 Millionen Euro vor.

Das Familienunternehmen reagiert damit auf einen Umsatzeinbruch von zehn Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Insgesamt will Trumpf 300 Millionen Euro einsparen. Zudem wurde der Bau eines neuen Kundencenters am Stammsitz in Ditzingen vertagt. Die Einrichtung soll 180 Millionen Euro kosten. Trumpf hat auch 80 von 330 befristete Verträge auslaufen lassen und nicht verlängert. Der Konzern erwartet, dass sich die Auftragslage erst von April 2025 an wieder verbessert. Sollten sich diese Erwartungen nicht erfüllen und sich die Lage weiter zuspitzen, werde Trumpf doch noch auf Kurzarbeit zurückgreifen müssen.

Bosch

Bosch hat bereits im Juli die wöchentliche Arbeitszeit von 6000 Beschäftigten von 40 auf 35 Stunden zurückgefahren. Betroffen sind Standorte im Großraum Stuttgart sowie in Hildesheim. Sie gehören alle zur Sparte Mobility, die unter der weltweiten Absatzkrise der Autokonzerne leidet. Auch die Arbeitszeiten von 2300 Mitarbeiter der Entwicklungstochter Engineering in Abstatt und Holzkirchen wurden reduziert.  
Mit den Gehaltskürzungen versuchen die Unternehmen Kurzarbeit zu vermeiden. Die ist für die Betriebe relativ teuer, denn die Lohnnebenkosten lasten weiter auf den Büchern. Gleichwohl steigt die Zahl der Kurzarbeiter weiter. „Im Zeitraum Mai bis Juli 2024 wurde in Baden-Württemberg für rund 20 Prozent mehr Personen Kurzarbeit angezeigt als im Vorjahr“, teilt die Bundesagentur für Arbeit in Stuttgart mit. Die Kurzarbeiterquote lag in Baden-Württemberg im Mai bei 1,2 Prozent – etwa doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. „Schaut man auf die langjährige Entwicklung, so liegt das aktuelle Niveau deutlich über den Vor-Corona-Jahren.“

In der Metall- und Elektroindustrie kommt in solchen Fällen der Tarifvertrag Beschäftigungssicherung (TV-Besch) zum Tragen. „Wir stellen in unseren Bezirksgruppen aber derzeit einen erhöhten Beratungsbedarf zu diesem Thema fest“, betätigt ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall. Der TV-Besch eröffne eine Reihe von Möglichkeiten, um die aktuelle Schwächephase zu überbrücken. So können die Arbeitszeit und damit auch die monatlichen Entgelte auf bis zu 30 Stunden abgesenkt werden. „Darüber hinaus stehen noch die tarifliche Kurzarbeit bei konjunkturellen Beschäftigungsproblemen und die Arbeitszeitabsenkung mit Teilentgeltausgleich bei strukturellen Problemen zur Verfügung.“

Regelungen wie der TV-Besch gelten allerdings nur für einen geringen Teil der 1044 Unternehmen, die im Wirtschaftsverband industrieller Unternehmen Baden (WVIB) organisiert sind. Die meisten, überwiegend mittelständischen, Betriebe sind nicht an einen Tarifvertrag gebunden. Sie entwickeln deshalb eigene Lösungen. Das erfolge in der Regel sehr geräuschlos, heißt es beim WVIB. Aber auch der badische Industrieverband erwartet zunehmenden Zahl von Beratungsanfragen nach den Sommerferien ein. WVIB-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer hat bereits vor einigen Wochen festgestellt, dass gut 80 Prozent der Mitgliedsunternehmen nicht ausgelastet sind. 

Rückgang der Inlandsaufträge belastet baden-württembergischen Maschinenbau

Eine Besserung der aktuellen Lage ist nicht in Sicht. So meldet der baden-württembergische Maschinen- und Anlagenbau, dass die inländischen Orders im Juli um 22 Prozent zurückgegangen sind. Die Bestellungen aus dem Ausland zogen hingegen um zwölf Prozent an (Euro-Raum plus zwei Prozent, Nicht-Euro-Länder plus 16 Prozent). „Das zweistellige Plus aus dem Ausland ist zwar erfreulich, beruht jedoch auf einem schwachem Auftragsvolumen im Vorjahresmonat“, kommentiert Dietrich Birk, Geschäftsführer des VDMA Baden-Württemberg. Im weniger schwankungsanfälligen Drei-Monats-Zeitraum Mai bis Juli lag der Auftragseingang real um fünf Prozent unter dem Vorjahresniveau.

„Insgesamt bleibt die Auftragslage im Maschinen- und Anlagenbau unbefriedigend und ist nach wie vor starken monatlichen Schwankungen unterworfen. Es fehlt schlichtweg an Investitionsbereitschaft“, so Birk. VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann fordert von der Bundesregierung klare Signale, notwendige Reformen anzugehen: „Nur fünf von 49 Maßnahmen der Wachstumsinitiative wurden bisher vom Kabinett beschlossen. Das ist zu wenig für die Wirtschaftswende.“

 

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