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Recht und Steuern > EU27 bei Ökodesign-Verordnung einig

Rote Karte für Vernichtung von Neuwaren, grünes Licht für digitalen Produktpass

Die EU-Staaten haben sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zu nachhaltigen Produkten geeinigt. Rückenwind erhält dadurch der Entwurf der Kommission für eine Ökodesign-Verordnung. Auf Hersteller kommen strengere Vorgaben zu.

Nicht verkaufte Kleidung soll nicht mehr vernichtet werden dürfen: Die „Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte“ soll den Green Deal vorantreiben. ©Shutterstock

Die EU-Kommission treibt ihren Green Deal voran und schaut auch bei der Ökobilanz von Produkten genauer hin. Was innerhalb der EU verkauft wird, soll in Zukunft nachweislich nachhaltiger sein. Der Schlüssel dazu: eine neue Verordnung, die den Rahmen absteckt. Der EU-Wettbewerbsrat hat dafür in dieser Woche sein grünes Licht gegeben.

Die „Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte“ soll eine entsprechende Richtlinie ablösen, die bereits seit 2009 Vorgaben für die Umweltverträglichkeit von Produkten macht. Der Grundgedanke ist der gleiche: Verbrauchsgüter, die innerhalb der EU verkauft werden, sollen haltbarer, zuverlässiger, wiederverwertbar und nachrüstbar sowie leichter zu reparieren und zu warten sein. Doch während die Richtlinie noch auf 31 Produktgruppen beschränkt ist, deren Energieeffizienz überwacht wird – zum Beispiel Kühlschränke oder Waschmaschinen –, geht die geplante Verordnung deutlich weiter: Sie betrifft so gut wie alle Arten von Produkten und nimmt damit deutlich mehr Unternehmen in die Pflicht.

Als „neuen Leitstern des Produktrechts“ bezeichnet Rechtsanwältin Astrid Seehafer, Partnerin der Kanzlei Arqis die Ökodesign-Verordnung. „Neben der Produktsicherheit treten die Umweltauswirkungen von Produkten in den Fokus, und zwar nicht mehr nur von energieverbrauchsrelevanten Produkten, sondern grundsätzlich von fast allen physischen Waren. Auf die produzierende Industrie und den Handel kommen damit große Veränderungen zu“, ist Seehafer überzeugt. 

Ein Kernpunkt der Verordnung ist, dass fabrikneue Waren nicht mehr vernichtet werden dürfen. Betroffen werden davon besonders Hersteller von Textilien, Kleidung und Schuhen, die bislang nicht verkaufte Kollektionen oder Retouren aus dem Online-Handel vernichten. Ausnahmen sollen für Kleinbetriebe gelten, für mittelgroße Unternehmen ist eine Übergangsfrist von vier Jahren vorgesehen. Ausgenommen sind außerdem Lebensmittel und Medikamente sowie Kfz, für die unter Umweltaspekten schon spezielle Regeln gelten.

Neu eingeführt soll durch die Ökodesign-Verordnung außerdem ein „digitaler Produktpass“, wie er auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen ist. Der Pass soll Verbrauchern ebenso wie Unternehmen unter anderem darüber Auskunft geben, wie ökologisch nachhaltig ein Produkt ist und damit ihre Kaufentscheidung beeinflussen können. Behörden sollen einfacher prüfen und kontrollieren können, inwieweit Hersteller umweltbezogene, aber auch sonstige produktrechtliche Vorgaben einhalten und die Rückverfolgbarkeit verbessern. Was grundsätzlich gut klingt, ist aus Sicht von Rechtsexpertin Astrid Seehafer aber noch nicht zu Ende gedacht. „Ein digitaler Produktpass kann den Weg zur Digitalisierung des Produktrechts ebnen. Worauf sich Wirtschaftsakteure aber genau einstellen müssen, welche Informationen hinterlegt werden, wer Zugang enthält, welche Datenträger verwendet werden müssen usw. ist derzeit noch völlig unklar. Diese Fragen werden erst später in sogenannten delegierten Rechtsakten für die einzelnen Produktgruppen festgelegt.“ Fest stehe allerdings schon jetzt, dass der digitale Produktpass vorerst eine Ergänzung bleibe. „Hersteller werden auch in Zukunft wichtige Produktinformationen analog bereitstellen müssen.“

Stimmen das EU-Parlament und der Rat der Verordnung zu, sollen dann innerhalb von mindestens 18 Monaten ganz konkrete Ökodesign-Anforderungen festgelegt werden. Mindestens so lange haben Unternehmen Zeit, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen. Wer das nicht schafft, wird auch danach nicht sofort in die Haftung genommen: Den EU-Mitgliedstaaten wird eine Frist von zwei Jahren eingeräumt, um entsprechende Kontrollmaßnahmen und Geldbußen zu regeln.

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