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Finanzierung > Fußball Europameisterschaft

So umdribbeln Mittelständler EM-Fallen

Fußballspiele sind eine schöne Gelegenheit für Firmenevents. Im Stadion gilt es, einiges zu beachten. Sonst kann die Feier sehr teuer werden.

deutsche Nationalmannschaft
Angriff in Pink: Im März spielte die deutsche Nationalmannschaft im neuen Auswärtstrikot gegen die Niederlande. Das Spiel endete 2:1.Bildquelle: © picture alliance/dpa | Arne Dedert

Wer in der Veltins-Arena auf Schalke in Gelsenkirchen den Logenbereich entlangspaziert, erblickt schon mal eine junge Frau im Charleston-Kleid der 1920er-Jahre, mit Federboa um den Hals und einem Band ums wassergewellte Haar. „Unsere Mitarbeiterinnen werden oft fotografiert, wenn sie mal vor die Tür gehen“, sagt Andre Palmaccio, Geschäftsführer der Paro Gruppe aus Eschwege. In seine VIP-Loge „Capone’s Hinterzimmer“ im Stadion führt eine hinter einem Schrank verborgene Tür. Wer dort Einlass findet, lässt sich erst einmal auf Waffen durchsuchen. Palmaccios Veranstaltungen sind stilecht den illegalen Spielcasinos im Chicago der wilden 20er nachempfunden. „Echte Spieltische, echte Croupiers, aber kein echtes Geld als Einsatz“, erklärt der Geschäftsführer. Das ist dem gelernten Croupier wichtig, der als solcher in den Niederlanden in führender Position gearbeitet hat. 

Palmaccios Kunden bespaßen in Capone’s Hinterzimmer auf Schalke Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner. In der Gelsenkirchener Loge bietet der Eventservice seit acht Jahren Veranstaltungen an, wer will, kann auch im gesamten VIP-Bereich der Längsgeraden etwas buchen. „Casino-Event, Roulette- oder Black-Jack-Schulung, mit oder ohne Stadionführung, Bewirtung vor, während, nach oder auch ganz ohne Spiel“, zählt Palmaccio auf. Alles geht. Das Angebot gibt es auch außerhalb des Stadions in Gelsenkirchen, Frankfurt und mobil bei Kunden – zuletzt den Geissens in St. Tropez oder in den Stadien von Arminia Bielefeld, Bayer Leverkusen, Eintracht und FSV Frankfurt sowie der Eishockeyarena der Kölner Haie. Ob Capone’s Hinterzimmer auch während der vier in Gelsenkirchen angesetzten Spiele der Europameisterschaft öffnet, stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest. 

Das Geschäft mit VIP-Logen ist für Fußballvereine und andere Anbieter von Sportveranstaltungen eine zunehmend üppige Einnahmequelle. Fußballstadien oder Konzertarenen sind längst auch für mittelständische Unternehmer als Veranstaltungsorte interessant für Events, Tagungen oder einfach zum Fußballgucken. Steuerlich und rechtlich sind allerdings zahlreiche Fallen zu umdribbeln – für Unternehmer und deren Gäste und auch nicht nur zur EM.

Der Spielplan steht, nach dem die Nationalmannschaften vom 14. Juni bis 14. Juli ihre 51 Spiele der UEFA Euro 2024, wie die EM offiziell heißt, in Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig, Stuttgart sowie München austragen. Ebenso fest stehen die Preislisten für Business-Tickets, VIP-Logen, Catering und das Rahmenprogramm. Während Hertha BSC einen VIP-Logenplatz im Olympiastadion beim Spiel Hertha gegen Kaiserslautern für unter 300 Euro anbietet, kostet ein einzelner VIP-Logenplatz im Berliner Olympiastadion an den sechs Spieltagen der EM zwischen 12.875 und mehr als 25.000 Euro. 

Anders als im regulären Bundesligageschäft läuft die Vermarktung der Business-Tickets und VIP-Logen zur EM über Hospitality Experience Service aus Frankfurt. Wollen Unternehmer eine Loge für alle sechs EM-Spiele in Berlin buchen, kostet das laut Manager Magazin knapp 260.000 Euro, 43.000 Euro je Spiel, während eine Loge in Frankfurt oder Gelsenkirchen demnach 13.000 bis 15.000 Euro pro Spiel kosten sollen. Ein Drittel der Ticketeinnahmen spielen solche Hospitality-Tickets der UEFA bei der EM ein, schreibt das Branchenmagazin „Spobis“ – dabei sind nur rund vier Prozent aller EM-Tickets VIP-Tickets. Mit dem florierenden Geschäft finanzieren Vereine Stadionumbauten oder etwa Fan-Tickets quer. So will Fortuna Düsseldorf perspektivisch den bis zu 52.000 Zuschauern in der Merkur-Spiel-Arena freien Eintritt gewähren – und die nötigen 45 Millionen Euro von Sponsoren aufbringen lassen.

Strafrechtliche Vorwürfe

Mittelständler und ihre Gäste laufen bei derart kostspieligen Einladungen Gefahr, sich strafrechtlichen Vorwürfen auszusetzen, wie Bestechlichkeit und Bestechung, Vorteilsannahme und -gewährung – besonders bei Abgeordneten. Wie Unternehmer rechtssicher einladen, zeigt der Leitfaden, den die Vereinigung der Sportsponsoring-Anbieter und der Verein „S20 – The Sponsor’s Voice“ mit der Bundesregierung zusammen entwickelt haben. Der rät zu Klarheit und Transparenz – und zu Selbstverständlichkeiten wie etwa der, keine Gegenleistung zu erwarten. Jedoch: Während nach alter Rechtslage die Einladung für eine konkrete Diensthandlung ausgesprochen worden sein musste, um einen strafrechtlichen Verdacht zu erregen, reicht dafür heute bereits, den Vorteil allgemein für irgendeine Dienstausübung zu gewähren oder auch nur zum ebenfalls unter Strafe stehenden Anfüttern.

Ist eine Einladung angemessen und betrieblich veranlasst, sind die steuerlichen Fragen mittlerweile klar geregelt. Unternehmer dürfen die Kosten für eine VIP-Loge bei Sport- und Kulturveranstaltungen pauschal zu 40 Prozent als Werbungskosten, 30 Prozent Geschenk und 30 Prozent als Bewirtungskosten ansetzen, legte das Bundesfinanzministerium 2005 fest (Az.: IV B 2-S 2144-41/05). Dabei dürfen sie das Geschenk aus Vereinfachungsgründen gemäß Paragraf 37b Einkommensteuergesetz (EstG) mit der Steuer auf Sachzuwendungen aus betrieblicher Veranlassung für Arbeitnehmer wie auch Nichtarbeitnehmer pauschal mit 30 Prozent plus Solidaritätszuschlag besteuern.

Auf welcher Grundlage Unternehmer die Kosten für Plätze und Werbeanteil einer Loge ohne Bewirtung aufteilen können, hat der Bundesfinanzhof (BFH) 2023 entschieden (Az.: VI R 15/21). In dem Fall hatte das Finanzamt 75 Prozent der Kosten als Geschenk und nur 25 Prozent als Werbungskosten angenommen – und für den Geschenkanteil pauschale Lohnsteuer nachgefordert. Die Gesamtaufwendungen – Bruttobetrag einschließlich Umsatzsteuer – werden auf die Zahl der Teilnehmer, die möglich sind, aufgeteilt. Dann werden sie den tatsächlich besetzten Logenplätzen zugeordnet. Der BFH legte damit fest, dass Leerplätze nicht unter Paragraf 37b EStG fallen, weil sie dem Geschäftspartner nicht zuzurechnen sind. Zudem sind pauschal fünf Euro für Serviceleistungen zusätzlich zum Ticketpreis korrekt. Die Richter teilten die dann ermittelten Kosten anhand der Aufzeichnungen des Unternehmens auf Geschäftspartner und Arbeitnehmer auf. Die so ermittelten Gesamtkosten anschließend um einen „Werbeanteil“ in Höhe von 40 Prozent zu kürzen, befand der BFH ebenfalls für schlüssig, weil die angemietete Loge über deutlich mehr Platz verfügt hatte, als für die zwölf Teilnehmer nötig war. Nicht gekürzt würde der Werbeanteil bei Arbeitnehmern.

Laden Unternehmer Mitarbeiter und Geschäftspartner zu einem Public-Viewing außerhalb des Stadions ein, erhöht es den geldwerten Vorteil durchaus, wenn Teilnehmer zusagen, aber nicht erscheinen. Der Freibetrag für den geldwerten Vorteil beträgt 110 Euro – die Bundesregierung hatte mit dem Wachstumschancengesetz eine Erhöhung geplant, die aber während der Verhandlungen gestrichen wurde. Hier gilt, was für jede Betriebsfeier gilt.

Anbieter aus Gastronomie und Hotellerie, die üblicherweise Sportsendungen zeigen und die dafür nötigen kommerziellen Bewilligungen besitzen, brauchen keine Public-Viewing-Lizenz, wie der europäische Fußballverband UEFA erklärt. Alle anderen Anbieter zahlen gestaffelte Gebühren von 500 Euro bis 10.000 Euro. Keine Lizenz wird für kleine Viewing-Events mit maximal 300 Menschen fällig – sofern der Eintritt frei ist und es kein Sponsoring gibt. Werbung darf im Drei-Meter-Umfeld des Viewing-Bildschirms nicht zu sehen sein. Gern aber Fingerfood und Kaltgetränke.

So laden Sie rechtssicher ein

Verschenken Sie Business-Tickets oder laden in Ihre Loge ein, müssen Sie auf Transparenz achten, damit es rechtssicher zugeht.

  • Adressat: Adressieren Sie die Einladung stets an die offizielle Geschäftsanschrift.
  • Offenheit: Der Vermerk „persönlich/vertraulich“ ist nicht angebracht.
  • Klarheit: In der Einladung sollten Sie den Einladungsinhalt genau bezeichnen nach Art und Umfang, beispielsweise „Einladung zum Fußballspiel auf unseren Business-Plätzen“ mit Zeit und Ort – egal ob Sie zu einem Spiel des SV Wehen Wiesbaden, des FC Bayern oder der Nationalmannschaft während der EM einladen.
  • Genehmigung: Die Einladung sollten Sie ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch den Dienstherrn oder Arbeitgeber stellen.
  • Gegenleistung: Die Einladung darf nicht mit einer Gegenleistung verbunden sein.
  • Angemessenheit: Und wenn Sie Partner oder Familienangehörige mit einladen, sollten Sie sicherheitshalber vorher mit einem Anwalt klären, was als sozial angemessen und üblich gelten kann – denn das ist die Richtschnur.

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