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Finanzierung > Vergaberecht und Co

So will das Finanzministerium Bürokratie abbauen

Das Bundesfinanzministerium hat soeben verkündet, das Vergaberecht zu entbürokratisieren. Spoiler: Nur nicht zu früh freuen! Das Tischlerhandwerk hat einen Gegenvorschlag, der viele überzeugen könnte.

Vorschlag zum Bürokratieabbau aus dem Bundesfinanzministerium macht Tischlerhandwerk skeptisch.
Aus dem Bundesfinanzministerium kam ein Vorschlag zum Bürokratieabbau. Das Tischlerhandwerk ist skeptisch und schlägt Kompetenzschulung der Mitarbeiter in den Vergabestellen vor. Bild: Shutterstock

Mit den Gegenteilen ist das so eine Sache. Gut und Böse, schnell und langsam – das ist leicht zu verstehen. Was das Gegenteil eines Papiers ist, darüber müssen die meisten wohl nachdenken. Nicht so in der FDP: Denn der liberale Finanz-Staatssekretär Steffen Saebisch hat jetzt ein solches „Non-Paper“ geschrieben. Darin steht keineswegs nichts, sondern sehr viele Vorschläge, wie Unternehmer künftig leichter an staatliche Aufträge kommen sollen. Und dieses Non-Paper sollten viele lesen, deshalb gelangte es wie zufällig in die Medien. Saebisch kommt damit dem Auftrag nach, den die Bundesregierung schon in ihrem Koalitionsvertrag formuliert hat. Bürokratieabbau!

Möglicherweise ist das kein ganz dankbarer Auftrag für einen Staatssekretär. Er soll den Papierkram minimieren, aber gleichzeitig über das Vergaberecht auch weiterhin Korruption verhindern und sicherstellen, dass alle Unternehmen Zugang zu den Ausschreibungen samt Aussicht auf Erfolg haben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Latte noch etwas höher gehängt: "Die öffentliche Beschaffung und Vergabe soll wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausgerichtet und die Verbindlichkeit gestärkt werden, ohne dabei die Rechtssicherheit von Vergabeentscheidungen zu gefährden oder die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen.“ Denn, das geben die Ministrablen zu: „Die Komplexität dieses Rechtsbereichs ist ungewöhnlich hoch.“

Es geht um jährlich zwischen 280 und 360 Milliarden Euro. Dafür müssen viele Steuerzahler sehr lange stricken. Schon 2022 hatte das Finanzministerium um Vorschläge zum Verschlankungsprozess gebeten. An Ideen mangelte es offensichtlich nicht: Rund 400 Stellungnahmen und Verbesserungsvorschläge erreichten das Ministerium.
 
Nun also will Saebisch Unternehmern das Unternehmen erleichtern. Bei den Vergaben sollen einheitliche Wertgrenzen festgelegt werden. Die Vergabeschwellen, ab denen Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden müssen und die nicht von der EU vorgeschrieben sind, sollen vereinheitlicht werden. Das Ziel: die bestehenden Unterschiede in den Bundesländern zu minimieren. Aufträge sollen ohne Ausschreibungen vergeben werden, „wenn der Auftragswert ohne Umsatzsteuer 100.000 Euro nicht überschreitet“. Bei bestimmten Bauprojekten soll das bis zur Grenze von 250.000 Euro möglich sein.
 
Wichtige Verfahrensvorschriften, zum Beispiel bei der Mittelstandsförderung oder bei Nachhaltigkeitskriterien, will das Finanzministerium ebenfalls vereinfachen. Und Überraschung: Auch die digitale Zusammenarbeit von Unternehmen und öffentlicher Vergabe soll verbessert werden. Klingt gut, oder?

Aber selbst Saebisch schreibt in einem Brief an seine Kollegen vom Wirtschaftsministerium: Diese „konkreten Formulierungshilfen“ stellten aus Sicht des Finanzministeriums „wichtige Ansatzpunkte“ für eine Reform dar. Mehr nicht. Das wäre bitter, unter anderem für das Bauhandwerk, welches die so händeringend von der Bundesregierung gewünschten 400.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr errichten soll.
 
Das Tischlerhandwerk hat sich deshalb direkt zu Wort gemeldet. Es befürchtet künftig nicht weniger, sondern zusätzliche Bürokratieauflagen: Antragsnehmer würden mit immer neuen Nachweispflichten belastet, wobei deren Praxistauglichkeit schon jetzt auf der Strecke bliebe. Bei der Bewertung alternativer und umweltverträglicherer Verfahren seien öffentliche Ausschreibungen oft zu formal und unflexibel. Die Priorisierung vergabefremder Kriterien verkompliziere die Prozesse zusätzlich und unnötig. So schließen der Bundesverband Holz und Kunststoff seine Stellungnahme mit einem eindringlichen Appell: Ein zentraler Punkt für weniger Bürokratie sei die Kompetenzschulung der Mitarbeiter in den Vergabestellen.

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