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Finanzierung > Interview

Theo Waigel über Euro-Stärke, Rubel-Trend und Aufgaben der Bundesregierung

Ex-Finanzminister Theo Waigel spricht über Chancen eines starken Euro, den Rubel und die wirtschaftspolitischen Prioritäten der nächsten Regierung.

(Foto: shutterstock)

WEIMER MEDIA GROUP: Der Euro scheint auf dem Weg zu einer neuen Härte – was sagen Sie als Mister Euro dazu? Welche Chancen und welche Herausforderungen bringt es mit sich?

  • Theo Waigel: Es ist nie für eine Währung von Nachteil, wenn sie stärker wird. Es spiegelt Vertrauen in die Wirtschaft und auch in die zukünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik wider. 1985 war ich erstmals bei der Fed, also der Zentralbank Federal Reserve. Damals hatten wir einen solchen Swing – von 3,50 Mark für den Dollar bis auf 1,35 Mark für den Dollar – innerhalb eines Jahrzehnts. Die aktuelle Euro-Stärke bewegt sich also im Rahmen der Stärke der D-Mark. Die Wirtschaft muss sich natürlich etwas anstrengen. Ein starker Euro ist eine Herausforderung etwa beim Export. Dafür nützt es uns im Urlaub, wenn wir ins Ausland fahren. Der Euro steht im Weltwährungssystem an zweiter Stelle mit einem Anteil von 20 Prozent. Der dürfte zunehmen. Der Euro wird zweitwichtigste Währung bleiben.

Auch der Rubel erstarkt wegen des Dollar-Einbruchs. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?

  • Theo Waigel: Der Rubel spielt für uns keine große Rolle, weil nur noch wenig Verbindung. Wenn sich die Dinge in Amerika stabilisieren, wird eher die US-Wirtschaft ein wichtiger Partner sein und bleiben.

Welches sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten politischen Aufgaben für die kommende Bundesregierung?

  • Theo Waigel: Wichtig ist, dass Vertrauen in der Wirtschaft entsteht und stabilisiert werden kann. Ein solches Negativwachstum über zwei Jahre in Folge hat es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben. Hier muss Verlässlichkeit für die Wirtschaft an oberster Stelle stehen. Die Terms of Trade, also unsere Rahmenbedingungen dürfen sich nicht verschlechtern. Wir brauchen Bürokratieabbau. Die Bedingungen für Steuern und Abschreibungen sind hierfür wichtig. Ich glaube schon, dass das große Infrastrukturprogramm eine wichtige Rolle spielen sollte für mehr Potenzialwachstum und damit auch für mehr Wirtschaftswachstum.

Theo Waigel

Dr. Theo Waigel absolvierte ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München und Würzburg, 1963 folgten das erste juristische Staatsexamen, 1967 die Promotion und das zweite juristische Staatsexamen. Nach einer Tätigkeit als Gerichtsassessor bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht München I wechselte er in das Bayerische Staatsministerium der Finanzen als persönlicher Referent von Anton Jaumann sowie danach ins Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr. Einige Stationen der politischen Laufbahn waren unter anderem Mitglied des Kreistages Krumbach, Landesvorsitzender der Jungen Union Bayern, CSU-Vorsitzender (1988 bis 1999), Mitglied des Bundestages (1972 bis 2002), Vorsitzender der CSU-Landesgruppe und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion (1982 bis 1989) sowie Bundesminister der Finanzen (1989 bis 1998). Seit 2009 ist er Ehrenvorsitzender der CSU.

Waigel war in der Kanzlei GSK Stockmann + Kollegen tätig (1999 bis 2014), als Compliance Monitor bei Siemens (2009 bis 2012) und Mitglied des Independent Compliance Review Panel bei Airbus (2017 bis 2020). Seit 2016 wirkt der ehemalige Politiker als Of-Counsel in der Kanzlei WAIGEL Rechtsanwälte in München.

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