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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Unfall auf dem Firmengelände: Mittlere Fahrlässigkeit macht Beschäftigte ersatzpflichtig

Baut ein Mitarbeiter beim Rückwärtsfahren auf dem Betriebsgelände mit einem Firmenwagen fahrlässig einen Unfall, muss er Schadensersatz leisten. Wegen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung haftet er allerdings nur anteilig.

Baut ein Mitarbeiter beim Rückwärtsfahren auf dem Betriebshof mit einem Firmenwagen fahrlässig einen Unfall, muss er anteilig Schadensersatz leisten. Bild: Shutterstock

Der Fall

Der Kläger war von Februar 2022 bis Januar 2023 in einem Betrieb in Niedersachsen beschäftigt und verdiente monatlich 2.700 Euro brutto. Außerdem hatte der Arbeitgeber ihm einen Nissan als Firmenfahrzeug überlassen; der Nissan war vollkaskoversichert.

Am 14. Juli 2022 rammte der Mitarbeiter beim Rückwärtsfahren auf dem Betriebsgelände mit dem Firmen-Nissan das BMW-Cabrio des Geschäftsführers. Der Wagen war dort dauerhaft geparkt, aber abgemeldet. Für den Schaden an beiden Fahrzeugen sollte der Mitarbeiter aufkommen. Er hielt jedoch entgegen, der Betrieb müsse zuerst die Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen und außerdem dafür Sorge tragen, dass das Leasingfahrzeug auch umfassend haftpflichtversichert sei. Zudem wies er den Vorwurf von sich, den Unfall grob fahrlässig verursacht zu haben.

Die Sache ging vor Gericht.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht entschied zunächst zugunsten des Mitarbeiters. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gab in der Berufung allerdings dem Arbeitgeber Recht. Der Fahrer müsse sich während des Rückwärtsfahrens permanent durch die Benutzung der Innen- und Außenspiegel sowie durch einen Schulterblick vergewissern, dass die Fahrstrecke frei ist. Notfalls müsse er sich durch einen Beifahrer oder eine andere Person einweisen lassen.

Das Gericht wendete in dem Fall die Grundsätze über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung an. Diese setzt voraus, dass der Arbeitnehmer betrieblich veranlasst handelt, sprich im Rahmen seines Arbeitsvertrags tätig wird oder im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb handelt. Den Begriff der betrieblichen Tätigkeit legen die Gerichte hier weit aus. Deshalb müssen Arbeitnehmer nur für vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang aufkommen, nicht aber bei leichtester Fahrlässigkeit, zum Beispiel, wenn sie „sich vergreifen“ oder „sich vertun“.

Im Fall des gerammten BMW gingen die Richter allerdings von mittlerer Fahrlässigkeit aus. Die ist dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat und der Schaden vermeidbar gewesen wäre. Der Mitarbeiter hätte sich zwingend vergewissern müssen, dass der rückwärtige Fahrweg frei von Hindernissen ist. Der Hinweis, er habe sich bei dem Fahrmanöver verschätzt, könne den Mitarbeiter nicht entlasten. Er haftet daher anteilig für den Schaden und muss für zwei Drittel des Schadens an dem BMW aufkommen.

LAG Niedersachsen vom 10.4.2024, Az. 2 Sa 642/23

 

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