„Uns kommt es auf die Wirkung der Förderkredite an“
Der deutsche Staat fördert den Mittelstand mit 22 Milliarden Euro jährlich. Warum es diese Kredite trotz günstiger Bankkredite braucht und was Unternehmen bei ihrem Förderantrag beachten sollten, verrät KfW-Bereichsleiter Detlev Kalischer im Interview.
In Zeiten der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank kommen Unternehmen leicht an Geld. Warum sollte ein Mittelständler dennoch die KfW in Anspruch nehmen?
Ziemlich einfach: Weil die KfW-Förderprogramme auch im Niedrigzinsumfeld wirkungsvoll sind. Sie gleichen die Nachteile aus, vor denen etwa Gründer oder kleine und mittlere Unternehmen bei der Finanzierung mancher ihrer Projekte immer wieder stehen. Außerdem schaffen wir Investitionsanreize für Innovationen und setzen Standards im Sachen Energieeffizienz. KfW-Kredite besitzen eine lange Laufzeit. Das macht sie attraktiv, genauso wie die Tatsache, dass bestimmte Risiken, etwa bei der Innovations- und Gründungsförderung, übernommen werden.
Nimmt die Nachfrage nach KfW-Förderung eher zu oder ab?
Die Nachfrage nach KfW-Förderung ist seit Jahren konstant hoch. Das Volumen unserer Zusagen hingegen ist zuletzt etwas gesunken. Angesichts der starken Konjunktur und der hohen Liquidität im Markt haben wir unsere inländischen Breitenprogramme etwas zurückgefahren. Uns kommt es nicht vornehmlich auf das Fördervolumen an – sondern auf die Förderwirkung, die wir erzielen.
Fast alle großen Banken entdecken den Mittelstand für sich: Spüren Sie die wachsende Konkurrenz?
Nein. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir uns nicht als Konkurrent, sondern als Partner der kommerziellen Banken verstehen. Schließlich leiten sie unsere Förderkredite an den Mittelstand durch. Wir wollen vor allem dort wirksam werden, wo es ohne Förderung hakt und ein volkswirtschaftlicher Nachteil für Deutschland entstehen könnte.
Welche KfW-Förderprogramme richten sich speziell an den industriell produzierenden Mittelstand?
Grundsätzlich stehen die Förderprogramme der KfW den mittelständischen Unternehmen aller Branchen offen. Für den industriell produzierenden Mittelstand dürften jedoch vor allem die Förderangebote interessant sein, mit denen sich Investitionen langfristig und zinsgünstig finanzieren lassen. So sprechen wir mit dem „KfW-Energieeffizienzprogramm – Abwärme“ gezielt das produzierende Gewerbe an, das Abwärme vermeiden oder nutzen will. Das Programm wird von den Unternehmen zunehmend nachgefragt – auch weil wir Zuschüsse in Höhe von bis zu 40 Prozent der förderfähigen Investitionen als „Bonus“ anbieten.
In welchen Branchen und für welche Produkte ist die Nachfrage am größten?
Im vergangenen Jahr hat die Mittelstandsbank der KfW insgesamt rund 22 Milliarden Euro an Finanzierungen ausgereicht. Etwa die Hälfte der Gelder floss in die Bereiche Innovation, Gründung und betriebliche Energieeffizienz. Naturgemäß ist die Nachfrage nach Krediten bei kapitalintensiven Branchen, allen voran dem verarbeitenden Gewerbe, besonders hoch. Dies gilt auch für Förderkredite.
Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen für eine KfW-Förderung erfüllen?
Das zu finanzierende Vorhaben muss den inhaltlichen Anforderungen des Programms entsprechen. Das ist für uns entscheidend. Unsere Programme für Gründer und den Mittelstand werden über externe Finanzierungspartner – also zum Beispiel die Hausbank des Unternehmers – vergeben. Diese tragen immer einen Teil des Kreditrisikos. Daher entscheiden sie auch über die Weiterleitung eines Kreditantrags an die KfW.
Zur Person:
Detlev W. Kalischer (Jahrgang 1959) leitet bei der staatlichen Förderbank KfW den Bereich Mittelstandsbank und Private Kunden. Damit verantwortet er die Vergabe von Fördergeldern in Höhe von rund 22 Milliarden Euro jährlich. Der Jurist war von 1992 bis 2002 für die Treuhandanstalt tätig, unter anderem als Leiter der Geschäftsstellen Halle, Leipzig und Magdeburg. 2002 kam er zur KfW-Bankengruppe.
Immer wieder hört man Klagen von Unternehmern, dass die Hausbanken eigentlich gar keine KfW-Produkte in den Kreditmix aufnehmen wollen. Woran liegt das?
Als KfW agieren wir im Rahmen der marktwirtschaftlichen Grundordnung und sind subsidiär tätig. Das heißt: Unsere Partner, die Banken, Volksbanken, Sparkassen, sind frei in der Gestaltung ihrer Produkte und ihrer Geschäftspolitik. Daher müssen wir unsere Förderprogramme so gestalten, dass sie sowohl für die Kreditnehmer als auch für die durchleitenden Finanzierungspartner attraktiv sind. Falls eine Bank eine KfW-Förderung ablehnt oder einen Kunden, steht es jedem frei, sich einen anderen Finanzierungspartner zu suchen.
Worauf müssen Unternehmen beim Gespräch mit ihrer Hausbank achten?
Wir raten immer, dass sich die Unternehmen vorab fundiert über die Produkte der KfW informieren – etwa über das Internet oder über unser telefonisches Infocenter. Anschließend sollte bei der Hausbank nachgefragt werden, welche Unterlagen und Dokumente sie für einen KfW-Antrag benötigt. Je besser sich ein Mittelständler vorbereitet, umso schlanker lässt sich der Prozess für alle Beteiligten halten.
Wie aufwendig ist der Bewerbungsprozess?
Auch bei KfW-Förderprogrammen muss der Unternehmer zunächst – wie bei jedem anderen Kredit auch – mit seiner Hausbank verhandeln. Wie lange das dauert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Denn es hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa ob Unterlagen vollständig sind und rechtzeitig vorliegen. Die KfW kommt erst dann ins Spiel, wenn die Bank den Kreditantrag mittträgt.
Wie hoch ist die Bewilligungsquote?
Ich kann nur über die Kreditanträge sprechen, die uns von den Finanzierungspartnern erreichen. Soweit die formalen Voraussetzungen erfüllt sind, sagen wir die Kreditanträge zu. Wir wissen aber nicht, wie viele Kreditverhandlungen schon während der Gespräche zwischen Unternehmen und Hausbank nicht zum Abschluss kommen und aus welchen Gründen. Daran sind wir nicht beteiligt.
Wie können Unternehmen ihre Erfolgsaussichten steigern?
Interessierte Unternehmer sollten bereits bei der Terminvereinbarung mit der Bank nachfragen, welche Unterlagen für das Gespräch benötigt werden. Außerdem sollten sie im Vorfeld über mögliche Sicherheiten, die eingebracht werden können, nachdenken. Im Beratungsgespräch selbst müssen sie dann ihren Berater überzeugen, ihr Projekt zu finanzieren.
Der Antrag wird noch weitgehend analog gestellt. Wann wird der Prozess digital ablaufen?
Seit 2012 setzen wir uns mit der Automatisierung im Fördergeschäft und seiner Digitalisierung auseinander. 2014 ging es mit den wohnwirtschaftlichen Programmen los. Seitdem bekommen Kunden binnen weniger Minuten eine Aussage darüber, ob ein Vorhaben KfW-förderfähig ist oder nicht. Zuvor hat das mehrere Tage gedauert. Seit zwei Jahren setzen wir die Digitalisierung der Prozesse auch im Gewerbekundenbereich um. Bis Ende 2018 sollen alle KfW-Produkte digital verfügbar und die Finanzierungspartner an das System angeschlossen sein.
Auch Mittelständler haben in Sachen Digitalisierung Nachholbedarf, oder?
In der Tat. Gerade mittelständischen Unternehmen bietet die Digitalisierung enorme Potentiale für das Wachstum, die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit. Das ist vielen aber nicht bewusst. Entsprechend wenig investieren sie in diesen Bereich. Wir sehen es daher als unsere Aufgabe, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen über die Möglichkeiten und Vorteile der Digitalisierung intensiv aufzuklären.
Dieser Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 06/2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.