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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Eigenbedarfskündigung: Mieter muss einem Cousin nicht weichen

Bei einer Eigenbedarfskündigung gilt ein Cousin nicht als Familienangehöriger. Der BGH gab einem Mieter Recht, der seine Wohnung nicht für einen Cousin räumen wollte, der als Mit-Gesellschafter die Wohnung gekauft hatte.

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Das sagt die Expertin

„Knackpunkt in solchen Fällen ist meistens die Beweisfrage, sprich: Kann der ausschreibende Arbeitgeber beweisen, dass die Auswahl unter den Bewerbern diskriminierungsfrei stattgefunden hat?“, sagt Annika Hennewig, Rechtsanwältin bei Kliemt.Arbeitsrecht. „Arbeitgeber müssen also nachweisen können, dass sie die jeweilige Person aus anderen Gründen als den im Gesetz genannten Diskriminierungsgründen abgelehnt haben.“ In dem konkreten Fall hatte das Unternehmen nach Feststellung des Arbeitsgerichts die Vermutung der Altersdiskriminierung nicht ausräumen können. Für den Bewerbungsprozess bedeute dies, so Rechtsanwältin Hennewig, dass Arbeitgeber von Anfang an dafür Sorge tragen müssten, nicht nur die Bewerberauswahl diskriminierungsfrei zu treffen, sondern auch den Entscheidungsprozess nachvollziehbar zu dokumentieren.

„Am besten ist es, wenn gezeigt werden kann, dass die klagende Person mangels Qualifikation für die Position abgelehnt wurde“, rät Annika Hennewig. Auch könne es nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn hilfreich sein, darlegen zu können, dass die Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren gesichtet wurden, das eine Benachteiligung wegen eines in Paragraf 1 AGG genannten Grundes ausschließt.

Der Fall

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hatte ein Haus mit Mietwohnungen gekauft und war zur Vermieterin geworden. Gesellschafter der GbR waren zwei Cousins. Einem der Bestandsmieter schickte die Gesellschaft eine Kündigung wegen Eigenbedarfs und forderte ihn zur Räumung der Wohnung auf. Einziehen wollte einer der Cousins.

Die Mieter hielten die Kündigung für unwirksam. Sie verwiesen auf die Rechtslage, wonach sich eine Personengesellschaft, die vermieteten Wohnraum erwirbt, erst nach Ablauf von zehn Jahren auf ein berechtigtes Interesse an der Kündigung berufen kann. Eine Ausnahme von dieser Kündigungsbeschränkung gilt nur dann, wenn die Gesellschafter derselben Familie angehören.

Dies sei auch bei Cousins der Fall, meinten die Wohnungskäufer und reichten bei Gericht eine Räumungsklage ein.

Das Urteil

Das Amtsgericht Berlin-Mitte wies die Räumungsklage ab. Das Landgericht gab der Klage statt: Die beiden Gesellschafter gehörten als Cousins, zwischen denen hier eine enge soziale Bindung bestehe, einer Familie im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an.

Der BGH stellte das erstinstanzliche Urteil wieder her mit dem Ergebnis, dass die Mieter dem Cousin nicht weichen müssen.

Die Begriffe „Familie“ und „Familienangehörige“ meinten nach dem BGB ausschließlich Personen, denen aus persönlichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehe, argumentiert der BGH. Ein entfernterer Verwandter wie ein Cousin gehöre nicht dazu.

Mit der Privilegierung von Familienangehörigen habe der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass innerhalb einer Familie typischerweise ein persönliches Nähe- und Solidaritätsverhältnis bestehe, das eine Kündigung zugunsten von Familienangehörigen rechtfertige. Für welchen Personenkreis dies gelte, habe der Gesetzgeber im BGB zwar nicht näher konkretisiert. Er habe aber bei der Einräumung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus persönlichen Gründen objektive Kriterien nach dem Grad der familiären Beziehung aufgestellt. Es sei sachgerecht, diese Wertung des Gesetzgebers auch bei der Eigenbedarfskündigung heranzuziehen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.7.2024, Az. VIII ZR 276/23

 

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