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Finanzierung > Varta vor Trümmern

Varta-Absturz: Milliardär Tojner und die Folgen

Vom Batteriehoffnungsträger zum Krisenfall: Varta vor dem Totalverlust. Milliardär Michael Tojner kämpft um die Zukunft des schwäbischen Unternehmens.

Toperträge ohne Rücksicht auf Verluste (Foto: Shutterstock)

Wenn der schwäbisch Batteriehersteller Varta in die Schlagzeilen gerät, ist Hauptaktionär Michael Tojner nicht weit. Der österreichische Milliardär hält seit 2007 die Mehrheit an dem borsennotierten Unternehmen, das einmal als verheißungsvolle Anlage galt. Die Schwaben wurden als Treiber der Elektromobilität gehandelt. In Spitzenzeiten lag der Kurs bei mehr als 160 Euro. Inzwischen hat sich Varta als Fass ohne Boden entwickelt. Nachdem Varta Insolvenz angemeldet hat, ist der Wert unter zwei Euro gefallen. Bald sollen die Aktionäre nicht einmal die bekommen. Sie stehen vor dem Totalverlust. 

Tojner räumt Managementfehler bei Varta ein

Die Kleinaktionäre werfen Tojner vor, er habe einen großen Anteil daran, dass Varta an die Wand gefahren ist. Gänzlich weist der 58-jährige Österreicher das auch nicht von sich. Offenbar ist ihm nicht früh genug aufgefallen, dass der Vorstand seine Planungen auf Kante genäht hat. Beseelt von der hohen Nachfrage des US-Konzerns Apple nach Kopfzellen für Kopfhörer sollte auf die Schnelle auch eine Fertigung für E-Autos aus dem Boden zu stampfen. „Wir haben verschiedene Projekte gestartet, groß investiert, die Produktion ausgebaut“, erinnert sich Tojner im Gespräch mit der FAZ und räumt ein: „Wir haben die Latte zu hochgelegt. Im Nachhinein muss sich der Aufsichtsrat mit mir an der Spitze aber auch Fehler eingestehen. Ich hätte viel früher auf nachhaltigen Risikoanalysen bestehen müssen.“

 

Aktionäre werfen Tojner Ausplünderung von Varta vor

Die treuherzigen Aussagen können die Aktionäre aber nicht besänftigen. Sie werfen Tojner vor, dass er Varta in den erfolgreichen Jahren ausgeplündert hat, um damit seine schwäbische Investition zu finanzieren. Wirklich dementieren will das der Österreicher nicht. „Das Unternehmen war von 2007 bis 2017 im Besitz meiner Holding, der Montana Tech Components – und wurde aus ihr finanziert. Mit dem Börsengang haben wir einen Teil der Investitionen zurückbekommen. Dazu kommen die Dividendenausschüttungen bis zum Absturz. Das strategische Ziel war es, aus der Varta-Aktie ein Dividendenpapier zu machen. Die guten Erträge haben das auch ermöglicht.“ Eine frühere Aussage verdeutlicht seinen Ansatz: „Ich habe von meinem Vater etwas mitbekommen, und das heißt, man investiert nur in etwas, wo man in fünf Jahren sein Geld zurückhat. Und in fünf Jahren sein Geld zurückhaben heißt im Endeffekt nichts anderes als ein Cash-Flow-Multiple von fünf."

Vom Eisverkäufer zum Investor: Der Aufstieg von Michael Tojner

Tojner stammt aus bescheidenen Verhältnissen. Er wuchs als Sohn eines Installateurs in Haag in Niederösterreich auf. Nach der Matura 1984 und einer kurzen Auszeit zog er nach Wien, wo der von 1986 bis 1990 Betriebswirtschaftslehre und zusätzlich von 1988 bis 1991 Rechtswissenschaften studierte. Schon während seines Studiums bewies er dabei betriebswirtschaftliches Talent. Mit 20 betrieb er Eisverkaufsstände an belebten Plätzen in Wien, die ihm innerhalb von drei Jahren zum Schilling-Millionär gemacht haben.

In seiner wirtschaftswissenschaftlichen Doktorarbeit mit dem Titel „Eine betriebswirtschaftliche und rechtliche Analyse von Venture Capital“ beschäftigte er sich bereits mit seiner zukünftigen Rolle als Investor und beleuchtete die Rolle sowohl von der wirtschaftlichen als auch von der juristischen Seite.

Mit seinem Studienfreund Manfred Bodner, mit dem er später noch den Online-Wettanbieter Bwin gegründet hat, baute er nach dem Fall des Eisernen Vorhangs einen Versandhandel in Ungarn auf. Die beiden brachten so in kurzer 40.000 chinesische Mixer unter die Leute. Doch schnell war der erste ungarische Konsumhunger gestillt. Noch rechtzeitig gelang es, den einbrechenden Händler an Neckermann zu verticken.

Milliardenpoker mit Varta und die unnachgiebige Wachstumsstrategie

Mit dem Geld aus dem Verkauf ist Tojner 1998 in das heutige Geschäft mit Unternehmensbeteiligungen eingestiegen. Seine Maxime ist eine jährliche Umsatzsteigerung von fünfzig Prozent und eine Rendite von dreißig Prozent. Dem österreichischen Magazin „trend“ beschrieb er das so: „Das ist natürlich für das Management nicht immer lustig, wenn es heißt: Wenn wir nicht performen, nehmen sie uns die Firma weg und tauschen uns aus, aber so ist es. Eine typische Wachstumsfinanzierung fängt ja so an, dass eine Firma fünf Millionen umsetzt, und sie soll auf 50 kommen. Das ist im Endeffekt drei, vier Jahre, dann ist sie dort, wo sie verkauft wird oder an die Börse geht. Diese Aufgabe muss das Management erfüllen."

Heute zählt Tojner zu den bekanntesten Personen des österreichischen Wirtschaftslebens. Im Ranking der 100 reichsten Österreicher 2023 lag er auf Rang 29. Ob ihn das Abenteuer bei Varta zurückwerfen wird, bleibt abzuwarten. Der Milliardär will zusammen mit Porsche den Batteriehersteller weiter betreiben. Die Pleite des Batterieherstellers koste ihn zwei Milliarden Euro. Die will er sich – glaubt man seinem Ertragsgrundsatz – mit Gewinn wieder zurückholen. Ruhiger dürften die Zeiten bei Varta schon deshalb nicht werden.

 

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