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Finanzierung > Interview mit Felix Becker

Vermögensnachfolge und steuerliche Optimierung

Bei der Vermögensnachfolge werden steuerliche Aspekte oft vernachlässigt. Fachmann Felix Becker erklärt, worauf zu achten ist.

Felix Becker
Felix Becker arbeitet als ­Steuerberater bei der Kanzlei Juhn Partner in Bonn. Er konzentriert sich auf Immobilien- und internationales Steuerrecht, Umstrukturierung und Vermögensnachfolge. Vor seiner Tätigkeit in der Kanzlei war er Finanzbeamter und Betriebsprüfer. Bildquelle: Juhn Partner

Herr Becker, gehen Sie davon aus, dass Sie in den nächsten Jahren besonders viel rund um das Thema Nachfolge zu tun haben?

Man merkt schon heute, dass immer mehr Mandanten und Mandantinnen zu uns kommen, um das Thema Vermögensnachfolge oder auch hier im konkreten Fall die Unternehmensnachfolge zu regeln und steuerlich zu optimieren.

Gibt etwas, an dem es immer wieder hapert?

Selbst wenn eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger bereits gefunden wurde, sind steuerliche Themen und die Vermögensnachfolge oft noch nicht geregelt. Dazu gehören auch verwandte Themen rund um die Versorgung im Alltag und wie viel Verfügungsmacht der Eigentümer oder die Eigentümerin abgeben wollen. Das sind sehr wichtige Themen, die in der steuerlichen Struktur berücksichtigt werden müssen.

Wann kommen Sie am liebsten in den Nachfolgeprozess rein?

Im besten Fall macht sich der Unternehmer oder die Unternehmerin schon sehr rechtzeitig Gedanken darüber, wann er oder sie aus dem eigenen Unternehmen aussteigen will und wer die Vermögensnachfolge übernehmen soll. Wenn er sich diese Gedanken gemacht hat, dann sollte er oder sie sich möglichst schnell rechtliche Beratung suchen, damit eben die Vermögensnachfolge entsprechend geplant werden kann. Das dauert aber seine Zeit. Wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin vorher versterben sollte und das Unternehmen im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge übergeht, ist das auch aus steuerlicher Sicht ein Worst-Case-Szenario.

Gehen wir die Szenarien mal durch. Was ist zu bedenken, wenn es mehrere Nachkommen gibt?

Oft ist es so, dass nur eines der Kinder das Unternehmen übernehmen soll, das einen Großteil des Familienvermögens ausmacht und entsprechend ein Vermögensausgleich für die anderen Erbenden beziehungsweise Familienmitglieder stattfinden muss. Da geht es um erhebliche Summen. Die steuerliche Belastung soll natürlich für die Person, die das Unternehmen übernimmt, möglichst gering sein, sodass er oder sie wenig belastet ist. Die anderen wollen aber nicht benachteiligt werden und eine gewisse Ausgleichszahlung bekommen. Das ist oft ein Ritt auf der Rasierklinge.

Wie sieht es aus, wenn keine Nachfolge in der Familie gelingt und Externe ins Spiel kommen?

Hier muss man unterscheiden zwischen den Rechtsformen, die bestehen. Also es gibt in Deutschland das Einzelunternehmen, es gibt Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften – und jede von diesen Strukturen hat unterschiedliche steuerliche Auswirkungen, wenn die Firma verkauft werden soll. Die Spanne liegt zwischen 1,5 und 50 Prozent. Dementsprechend ist es eminent wichtig, dass man das nicht erst ein Jahr vorher plant, sondern im besten Fall sieben Jahre vorher, weil es (je nach Fall) gewisse Sperrfristen gibt, die einzuhalten sind.

Was steckt hinter dieser Sieben-Jahre-Regel?

Die findet sich bei der Vermögensnachfolge besonders in zwei Fällen wieder. Der eine ist die Behaltefrist, der andere die Lohnsummenregel. Das bedeutet: Wenn ein Unternehmen geschenkt wird, dann gibt es im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz den Paragrafen 13a und 13b, da ist begünstigtes Vermögen formuliert. Lediglich operatives Unternehmensvermögen, was wir meistens im Mittelstand haben, kann steuerneutral geschenkt werden. Dafür muss der Vermögensnachfolger oder die -nachfolgerin, also der Unternehmer oder die Unternehmerin, garantieren, dass er oder sie das Unternehmen fünf bis sieben Jahre lang fortführt und auch die Lohnsumme in gewissen Höhen weiterbesteht.

So kann man die Schenkungs- und Erbschaftssteuer umgehen?

Genau, sogar losgelöst von den Freibeträgen. Der zweite Punkt, wo die Sieben-Jahres-Frist sehr wichtig ist, ist das Thema Umstrukturierung: Wir können ein Unternehmen für eine Steuerbelastung von 50 Prozent verkaufen oder für 1,5 Prozent. Die 50 Prozent kommen zustande, wenn Sie ein Einzelunternehmen verkaufen. Dann müssen Sie ganz normale Einkommensteuer zahlen. Wenn Sie jedoch eine Holdingstruktur aufsetzen, können Sie ihre Tochtergesellschaft für 1,5 Prozent verkaufen. Man muss dafür das Einzelunternehmen entsprechend umstrukturieren, zunächst in eine GmbH und dann in eine Holdingstruktur, sodass man dann nach sieben Jahren optimiert für 1,5 Prozent verkaufen kann.

Welche Arten von Steuern fallen bei ­Unternehmensnachfolgen an?

Es gibt die unentgeltliche Vermögensnachfolge, das kommt tatsächlich sehr häufig innerhalb der Familie vor. Hier soll das Unternehmen unentgeltlich übertragen, also an die nächste Generation geschenkt werden. Da fällt besonders die Schenkungssteuer an oder im Erbfall die Erbschaftssteuer. Wenn man es verkauft, dann fällt in der Regel die Ertragsteuer an, also Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer in der Kapitalgesellschaft. Und gegebenenfalls auch Grunderwerbsteuer, wenn wir eine Immobilie mit in diesem Konstrukt verflochten haben.

Zudem gibt es andere Faktoren, die eine ­Entscheidung komplex machen.

Unternehmensnachfolgen sind tatsächlich sehr schwierig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass fast jeder Unternehmer und jede Unternehmerin unterschiedliche Ziele hat. Selbst wenn der Betrieb intern unentgeltlich weitergegeben werden soll, das Unternehmen also auf die nächste Generation übertragen wird, möchte der Eigentümer oder die Eigentümerin irgendwo noch Versorgungsleistungen erhalten – zum Beispiel in Form einer monatlichen Rente oder einer Abschlagszahlung. Oder, was häufig noch der Fall ist, dass er oder sie bis zu einem gewissen Alter noch ein Mitspracherecht in der Firma haben möchte. Oder dass gar keine komplette Vermögensübertragung stattfinden soll. Und das sind immer so Kniffe, wo man schauen muss, wie man das steuerlich hinbekommt. Das ist sehr individuell.

Haben wir noch weitere Optionen, Erbschafts- oder Schenkungssteuer zu verringern?

Wieder im Zusammenhang mit Paragraf 13a und 13b Erbschaftsteuergesetz: Es gibt Freibeträge im Rahmen der Schenkungs- und Erbschaftsteuer von 500.000 Euro bei Ehegatten, bei Kindern 400.000 Euro, und die kann man alle zehn Jahre anwenden. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, eine Personen- oder Kapitalgesellschaft in Raten zu übertragen. Eine weitere, sehr häufig genutzte Möglichkeit ist das sogenannte Nießbrauchrecht. Die Erträge aus dem Unternehmen verbleiben beim Übertragenden und das hat steuerlich zur Folge, dass wir nicht den vollen Unternehmenswert ansetzen müssen.

Was sollten Eigentümer bei der entgeltlichen ­Vermögensnachfolge beachten?

Einiges, vor allem, wenn wir von Einzelunternehmen oder Personengesellschaften sprechen. Da gibt es, wenn man 55 Jahre alt ist, einmalig im Leben die Möglichkeit, einen Freibetrag in Anspruch zu nehmen – den sogenannten halben Steuersatz nach Paragraf 34 Absatz 3 Einkommensteuergesetz. Der halbe Steuersatz heißt, dass man fast nur die Hälfte des eigentlichen Steuersatzes anwenden muss, sodass man da auch auf ungefähr 25 Prozent kommen kann.

Wie würden Sie das deutsche Steuerrecht bei all den Themen, die mit Unternehmensnachfolge zu tun haben, im internationalen Vergleich einordnen?

Ich würde sagen, dass Deutschland schon ein recht komplexes Steuersystem hat. Auf der anderen Seite lassen sich so aber auch faire Fallgestaltung erzeugen, um das Thema Unternehmensnachfolge aus steuerlicher Sicht gut zu regeln.

Steuern für Reiche zu erhöhen, ist in der politischen Diskussion immer wieder ein Thema. Was empfinden Sie also als gerecht?

Besonders beim Thema Unternehmensnachfolge bin ich auf der Seite der Eigentümer: Man hilft den Unternehmen, weiter fortbestehen zu können. Welches Unternehmen, das 20 Millionen Euro wert ist, hat sechs Millionen Euro für Steuern auf dem Bankkonto? Wenn die Voraussetzungen der steuerneutralen Übertragung nicht gegeben sind, dann muss im Zweifel das gesamte Unternehmen liquidiert werden, damit diese Steuerbelastung bezahlt werden kann. Deswegen meine ich, dass man das Land und die Gesellschaft unterstützt, wenn Unternehmen weiterarbeiten können.

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