Was Sie tun müssen, wenn sich die Rückkehr aus dem Urlaub verzögert
Pilotenstreik, technische Probleme, Naturkatastrophe – nicht immer ist es möglich, rechtzeitig aus dem Urlaub zurückzukehren. Was das für den Arbeitnehmer bedeutet und welche Rechte der Arbeitgeber hat, erklärt der Fachanwalt Constantin von Köckritz im Interview.
Herr von Köckritz, Piloten streiken regelmäßig und Überschwemmungen oder schwere Stürme können verhindern, dass man im Urlaubsland länger als geplant festsitzt. Was sind die Pflichten aber auch Rechte des Arbeitnehmers, wenn er verspätet aus dem Urlaub zurückkehrt?
Wenn ein Arbeitnehmer unverschuldet verspätet aus dem Urlaub zurückkehrt, sollte er den Arbeitgeber darüber unverzüglich informieren. „Unverzüglich“ bedeutet in diesem Fall, dass absehbar ist, dass er nicht wie geplant nach Hause kommt. Dabei sollte er den Arbeitgeber auch darüber informieren, wie lange die Verzögerung voraussichtlich dauern wird.
Welcher Aufwand ist für den Mitarbeiter in einem solchen Fall zumutbar?
Der Arbeitnehmer muss sich schon deutlich um eine Lösung bemühen. Fällt die geplante Verbindung aus, muss er eine Alternative suchen. Wird also ein Flug storniert, sollte er sich um den Flug einer anderen Airline kümmern oder auf einen Mietwagen oder die Bahn umsteigen. Dies gilt vor allem bei Reisen innerhalb Deutschlands und den Nachbarländern.
Wie sieht es bei Fernreisen aus?
Bei abgelegenen Zielen ist es natürlich möglich, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt. Zusatzkosten, die beispielsweise dadurch entstehen, dass statt eines Fluges bei einer Billigairline nur ein teurer Flug möglich ist, muss der Arbeitnehmer dann zunächst selbst tragen. Später kann er sich diese Kosten gegebenenfalls von seinem Reiseanbieter erstatten lassen.
Muss der Mitarbeiter aufgrund der Verspätung eine Abmahnung oder Kündigung fürchten?
Grundsätzlich verletzt der Arbeitnehmer natürlich seinen Arbeitsvertrag. Allerdings ist eine Abmahnung oder Kündigung nur dann zulässig, wenn die Pflichtverletzung auch selbst verschuldet wurde. Kann er beispielsweise wegen eines Naturereignisses nicht rechtzeitig zurückkehren und bestand auch keine andere, zumutbare Möglichkeit, ist er nicht selbst schuld. Eine Abmahnung oder eine Kündigung wäre somit unzulässig.
Gilt das auch für den Fall, dass wichtige Termine anstehen? Grundsätzlich macht das keinen Unterschied – nicht selbst verschuldet bleibt nicht selbst verschuldet. Es kommt jedoch wie immer auf den Einzelfall an: Ist der Termin außerordentlich wichtig und lässt er sich unter keinen Umständen verschieben, könnte ein Gericht gegebenenfalls höhere Anforderungen daran stellen, was bei Reisealternativen zumutbar gewesen wäre. Doch gibt es natürlich auch hier Fälle, in denen eine Rückkehr auch bei einem noch so hohen Aufwand nicht möglich ist.
„Eine Kündigung ist nur dann zulässig, wenn die Pflichtverletzung selbst verschuldet wurde.“
Kann der Arbeitgeber die entstandene Fehlzeit mit dem bestehenden Resturlaub oder angehäuften Überstunden verrechnen?
So einfach ist das nicht. Das muss der Arbeitgeber schon davor mit dem Arbeitnehmer absprechen. Bei Überstunden könnte es möglich sein, hier kommt es auf die arbeits- oder tarifvertraglichen Regelungen an.
Wann und wie lange ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Gehalt weiter zu bezahlen, wenn der Mitarbeiter, sagen wir, wegen einer Naturkatastrophe, tagelang festsitzt?
Grundsätzlich ist Arbeitgeber nicht verpflichtet, das Gehalt weiter zu zahlen. Es gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn. Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer schuld an der Verspätung ist oder nicht. Für den von Ihnen angesprochenen Fall gibt es eine Ausnahmeregelung in § 616 BGB: Danach bleibt der Vergütungsanspruch bestehen, wenn es sich um eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ handelt und den Arbeitnehmer keine Schuld trifft. Gerichte setzen die Zeitspanne in seinem solchen Fall in der Regel mit einem bis maximal fünf Tagen an.
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Kann der Arbeitgeber vom Mitarbeiter verlangen, seiner Arbeit, falls dies möglich ist, aus der Ferne nachzugehen?
Auch das ist vom Einzelfall abhängig. In der Praxis wäre dies nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer die entsprechende Ausstattung, beispielsweise einen Laptop und Handy, dabei hat und Zugriff auf relevante Firmendaten hat. Im Zweifel muss diese Frage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geklärt werden, insbesondere, wie dann zu verfahren ist. Sollte der Arbeitnehmer dann tatsächlich vom Urlaubsort aus tätig werden, sollte auch geklärt sein, wer etwaig entstehende Kosten für Auslandstelefonate oder das Internet trägt und wie lange der Arbeitstag dauert.
Der umgekehrte Fall wäre, dass der Arbeitgeber ein unvorhergesehenes Problem hat, etwa dass ein Großauftrag storniert wird. Ist es dann möglich, den Angestellten aus dem Urlaub frühzeitig zurück zu beordern?
Bei einem bereits angetretenen Urlaub kann das der Arbeitgeber nur in absoluten Ausnahmefällen von seinem Mitarbeiter verlangen. Der Arbeitgeber muss dann schon in seiner Existenz bedroht sein, um das zu rechtfertigen. Darüber hinaus müssten vernünftige Alternativen zum Urlaubsabbruch fehlen, weil etwa andere qualifizierte Mitarbeiter ebenfalls nicht da sind.
Und wenn der Mitarbeiter den Urlaub noch nicht angetreten hat?
Auch in diesem Fall ist es für den Arbeitgeber nicht so leicht, den Urlaub zu widerrufen. Denn das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Urlaubszusage grundsätzlich rechtlich bindend und damit unwiderruflich ist. Auch hier gilt: Nur bei dringenden betrieblichen Gründen kann es gerechtfertigt sein, einen bereits bewilligten, aber noch nicht angetretenen Urlaub zu widerrufen.
Zur Person
Dr. Constantin von Köckritz ist Rechtsanwalt bei der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Abeln.