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Finanzierung > steigende Arbeitskosten

Arbeitskosten liegen fast ein Drittel über EU-Schnitt

Tarifabschlüsse und Energiepreise verteuern die Arbeitskosten. Wer kann, schaut sich nach Standorten im Ausland um. Polen gewinnt mehr und mehr an Attraktivität für deutsche Unternehmen.

Nicht zuletzt hohe Tarifabschlüsse sorgen dafür, dass die Arbeitskosten in Deutschland weiter steigen.
Nicht zuletzt hohe Tarifabschlüsse sorgen dafür, dass die Arbeitskosten in Deutschland weiter steigen. ©Shutterstock

Die Arbeitskosten in Deutschland liegen derzeit ein Drittel höher als im EU-Durchschnitt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden haben 2022 Unternehmen des produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs in Deutschland durchschnittlich 39,50 Euro für eine geleistete Arbeitsstunde bezahlt. Damit liegt die Bundesrepublik auf Platz sieben. Luxemburg hatte im EU-Vergleich mit 50,70 Euro die höchsten Arbeitskosten je geleisteter Stunde, Bulgarien mit 8,20 Euro die niedrigsten. Der nächste Schub steht vielen Unternehmen bereits bevor.

Mitte des Jahres tritt beispielsweise die erste Stufe der Tariferhöhung in der Metall- und Elektroindustrie in Kraft. Die hohen Arbeitskosten treiben zusammen mit den gestiegenen Energiepreise die Kosten in Deutschland in die Höhe. Im März lagen die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte um 7,5 Prozent höher als im gleichen Monat des Vorjahres. Immer mehr Unternehmen weichen angesichts dieser Entwicklung in günstigere Standorte wie beispielsweise Polen aus. 

Gemessen am EU-Durchschnitt von 30,50 Euro zahlten deutsche Arbeitgeber des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs 2022 rund 30 Prozent mehr für eine Stunde Arbeit. Der relative Abstand zum EU-Durchschnitt blieb damit gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert. Im verarbeitenden Gewerbe kostete eine Arbeitsstunde 2022 durchschnittlich 44,00 Euro. „In diesem Wirtschaftsabschnitt waren die Arbeitskosten in Deutschland im EU-Vergleich die vierthöchsten“, teilt das Statistische Bundesamt mit. Eine Stunde Arbeit in der deutschen Industrie sei damit 44 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt (30,50 Euro). Bei den Dienstleistungen lag Deutschland mit Arbeitskosten von 38,00 Euro EU-weit auf dem sechsten Rang (26 Prozent über dem Durchschnitt).
 

Innerhalb zehn Jahren 30 Prozent mehr Arbeitskosten

„Die Arbeitskosten je geleistete Stunde haben sich in den vergangenen zehn Jahren in der EU sehr unterschiedlich entwickelt“, so die Statistiker in Wiesbaden. Im Schnitt hätte sich die Arbeitskosten um 25, Prozent beziehungsweise +6,10 Euro verteuert. Während in Bulgarien (plus 141,2 Prozent) Rumänien (+131,7) Litauen (+122,0) und Lettland (+103,3) seit 2012 bis 2022 die höchsten prozentualen Anstiege zu verzeichnen waren, stiegen die absoluten Arbeitskosten je Stunde mit 15,40 Euro in Luxemburg am stärksten. Die geringsten Anstiege waren in Schweden mit 2,80 Euro (7,5 Prozent) und in Italien mit 1,70 Euro (6,1 Prozent) zu beobachten. In Griechenland sind die Arbeitskosten als einiges EU-Land hingegen um 7,6 Prozent oder 1,20 Euro gefallen. Deutschland lag in diesem Vergleich mit einem Anstieg um 29,5 Prozent (plus 9,00 Euro). 
„Hauptverantwortlich für den Anstieg der gewerblichen Erzeugerpreise im Vorjahresvergleich ist weiterhin die Preisentwicklung bei Energie“, so das statistische Bundesamt. Sie lagen im März im Durchschnitt 6,8 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Allerdings macht sich nach den Beobachtungen der Statistiker in Wiesbaden eine Entspannung vor allem bei Kraftstoffen und Heizöl bemerkbar. Verteuert haben sich aber auch die Preise für Verbrauchs-, Vorleistungs-, Gebrauchs- und Investitionsgüter. Besonders stark stiegen die Preise für Zement (+52,3 Prozent). Glas, Glaswaren, Keramik und verarbeitete Steine waren fast ein Viertel teurer als noch vor einem Jahr. Vor allem die Bauwirtschaft leidet unter dieser Entwicklung.

Polen gewinnt an Attraktivität

Die hohen Kosten in Deutschland machen den Nachbarn Polen immer attraktiver. So will Bosch für 250 Millionen Euro im niederschlesischen Dobromierz eine Fabrik für Wärmepumpen errichten. Mercedes hatte im Herbst angekündigt, dass die künftigen Elektrotransporter aus Polen kommen werden. Dafür investiert der Stuttgarter Autokonzern eine Milliarde Euro in einen neuen Standort. Die deutsche Außenhandelskammer (AHK) in Warschau, ist der Ansicht, dass Polen - verglichen mit anderen Ländern in Mittel- und Osteuropa sowie Russland und China - der attraktivste Investitionsstandort sei. Eine überwältigende Mehrheit der Unternehmer gab in der jährlichen AHK-Umfrage an, sie würden sich wieder für den Standort entscheiden. Polen lockt die Unternehmen mit 14 Sonderwirtschaftszonen in denen die Unternehmen deutlich weniger Steuern bezahlen müssen. Zudem sind die Arbeitskosten mit 12,50 Euro knapp ein Drittel so hoch wie in Deutschland.
 

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