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Recht und Steuern > Erleichterungen bei Haftung

Coronavirus: Justizministerium lockert Insolvenzregeln

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind enorm. Zahlreiche Insolvenzen drohen. Das am Mittwoch vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sieht deshalb Erleichterungen bei den Haftungsregeln für Geschäftsleiter, Kreditgeber und Geschäftspartner vor.

Bundesjustizministerin Christine Lamprecht will mit Hilfe des COVInsAG verhindern, dass Geschäftsleiter Insolvenz anmelden müssen, bevor die finanziellen Hilfen der Bundesregierung bei ihnen ankommen und die Lockerungen beim Kurzarbeitergeld greifen. Zugleich schafft das Gesetz Anreize, den Unternehmen neue Liquidität zuzuführen. Auch die Beziehungen zu Geschäftspartnern sollen aufrechterhalten werden.

Geschäfte, Hotels und Gastronomie müssen schließen. Bei Messebauern, Reise- und Eventveranstaltern aber auch im produzierenden Mittelstand brechen viele Aufträge zugleich weg. Lieferketten von Zulieferern reißen und ihre Produkte bleiben unverkauft. Viele Betriebe, die vollkommen gesund sind, geraten unvorhergesehen in Liquiditätsschwierigkeiten. Nach bisher geltendem Recht haften Geschäftsführer eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmens persönlich, wenn sie nicht innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen. Schlimmstenfalls drohen strafrechtliche Konsequenzen. Diese Frist ist in der derzeitigen Krise zu kurz. Deshalb wird die Antragspflicht bis zum 30. September ausgesetzt, und zwar rückwirkend zum 1. März 2020. Eine Verlängerung bis zum 31. März 2021 ist möglich. Flankierend wird für einen Übergangszeitraum von drei Monaten auch das Recht der Gläubiger eingeschränkt, einen Insolvenzantrag zu stellen.

 

Die Lockerungen gelten nur für Corona-geschädigte Unternehmen, bei denen Aussicht besteht, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Im Einzelfall kann allerdings unklar sein, ob die Insolvenzreife eine Folge der Corona-Pandemie ist oder nicht. Zugleich ist die Situation derart unsicher, dass sich nur schwer Prognosen für die Vergabe von Sanierungskrediten treffen lassen. Deshalb werden Geschäftsführer und Kreditgeber durch eine Vermutungsregel entlastet: Bestand am 31. Dezember 2019 keine Zahlungsunfähigkeit, ist davon auszugehen, dass die spätere Insolvenzreife auf der Covid-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. 

Änderungen bei der Haftung

Weitgehend ausgesetzt werden auch die Haftungsrisiken im Falle der Insolvenzreife, insbesondere die Zahlungsverbote für Geschäftsleiter, sofern die Voraussetzungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vorliegen. Firmenchefs sollen ihr Unternehmen wie bislang fortführen können.

Um Banken und andere Kreditgeber zu Liquiditätsspritzen für Krisenunternehmen zu motivieren, wird die Möglichkeit zur Insolvenzanfechtung erheblich eingeschränkt. Dies betrifft beispielsweise Bankdarlehen, Warenkredite und Gesellschafterdarlehen, die während der Corona-Pandemie vergeben werden, oder auch Stundungen von Tilgungs-, Zins- oder Mietzahlungen. Die Rückzahlung entsprechender Darlehen gilt bis zum 30. September nicht als benachteiligend für Gläubiger und ist damit in der Regel nicht durch den Insolvenzverwalter anfechtbar. 

Worauf müssen Firmenchefs jetzt achten?

Es ist der Nachweis notwendig, dass das Unternehmen vor dem Stichtag zahlungsfähig war. Den Geschäftsleitern ist daher zu raten, nachträglich zu dokumentieren, dass am 31.Dezember 2019 das Unternehmen nicht insolvenzreif war. Dies sollten sie sich im Zweifel auch gutachterlich von dritter Seite bestätigen lassen.  

Für alle Fälle sollten Geschäftsleiter nun in eine „Corona-Planung“ einsteigen.

 

  • Mit welchem Umsatzrückgang ist zu rechnen?
  • Wie sieht meine Versorgungslage aus?
  • Welche Ausgaben können reduziert werden?
  • Wie lange reicht meine Liquidität?

Auf dieser Basis ist es ratsam, alle Finanzierungsmöglichkeiten, insbesondere Staatshilfen, auszuloten. Hierzu sollten sich die Unternehmen zunächst an ihre Hausbank wenden. 

Alle Finanzierungs- und Sanierungsbemühungen von öffentlichen Hilfen über Verhandlungen mit Banken und Geschäftspartnern sind sorgfältig zu dokumentieren. Geschäftsleiter sollten nachweisen können, dass das Unternehmen auf Basis der öffentlichen Hilfen oder erfolgreicher Sanierungsverhandlungen überlebensfähig ist. Scheitern die Gespräche mit Banken und Gläubigern endgültig oder bestehen aus objektiver Sicht keine Sanierungschancen oder Aussicht auf staatliche Hilfen mehr, endet die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Dann ist der Geschäftsführer wieder verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen. 

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