
Vor 30 Jahren beschloss der Kunststoffspezialist Joma-Polytec, seine Wurzeln zu kappen. 1926 als Textilbetrieb gegründet, fokussierte sich das Unternehmen schon 1958 unter dem Sohn des Gründers auf die Kunststoffproduktion. Im Jahr des Mauerfalls war dann ganz Schluss mit der Herstellung von Unterwäsche und Sportbekleidung. Stattdessen erweiterte der Mittelständler sein Produktportfolio um Pumpen für Autos, wie etwa Öl- oder Vakuumpumpen.
Für die Produktentwicklung und den Aufbau der neuen Produktionsstränge brauchte das Unternehmen seinerzeit neues Kapital. „Wir wollten nicht alles mit Fremdkapital finanzieren, daher haben wir nach einem Weg gesucht, unser Eigenkapital aufzustocken“, sagt Hans-Ernst Maute, Enkel des Gründers und einer der heutigen Geschäftsführer von Joma-Polytec. „Uns war es dabei wichtig, einen Investor einzubinden, der nicht in unser Tagesgeschäft reinredet, gleichwohl aber ein Interesse an unserer Arbeit mitbringt.“
Dieses Versprechen bot eine stille Beteiligung der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft (MBG) Baden-Württemberg. In Deutschland gibt es in jedem Bundesland eine solche Beteiligungsgesellschaft, die kleinen und mittleren Unternehmen bei der Kapitalbeschaffung helfen sollen, mit einer Ausnahme: Berlin und Brandenburg teilen sich eine Einrichtung. Die MBG entstanden in den siebziger Jahren; sie sind privatwirtschaftlich organisiert, verstehen sich aber als eine Institution der Mittelstandsförderung. Zu den Gesellschaftern der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften zählen etwa Handelskammern, Wirtschaftsverbände, Kreditinstitute, Versicherungen sowie Förderinstitute. Sie sind dabei nicht auf die Maximierung der Rendite aus, sondern wollen die regionale mittelständische Wirtschaft im jeweiligen Bundesland fördern.
Keine Stimmrechte

In der Regel investieren die MBG über eine stille Beteiligung in die Unternehmen. Das bedeutet, dass sie über keine Stimmrechte verfügen und nicht auf den Gesellschafterversammlungen vertreten sind. Für viele Mittelständler, wie auch Joma-Ploytec, ist das ein wichtiger Aspekt, da die Geschäftsführung so weiterhin eigenständig handeln kann. Dennoch hat auch ein Investor wie die MBG Mitspracherechte. „Wir halten uns zurück und reden nicht bei den Entscheidungen des Unternehmens mit. Dennoch sind wir über alle wichtigen Ereignisse informiert“, sagt Guy Selbherr, Geschäftsführer der MBG Baden-Württemberg. Wenn eine MBG mit gravierenden Entscheidungen wie einer Veränderung der Besitzverhältnisse am Unternehmen oder einem neuen Geschäftszweck der Firma nicht einverstanden ist, kann sie den Beteiligungsvertrag einseitig kündigen. In der Praxis kommt das jedoch selten vor.
Hans-Ernst Maute erlebt die langjährige Zusammenarbeit mit der MBG als harmonisch. „Die MBG ist für uns ein Sparringspartner.“ Mindestens einmal im Jahr trifft sich die Geschäftsführung von Joma-Polytec persönlich mit ihrem Investor und spricht über die langfristigen Pläne des Unternehmens. Falls nötig und möglich, gibt die MBG Ratschläge. „Wir verstehen uns als Partner der Unternehmen, das endet nicht mit der Finanzierung“, sagt Selbherr.
Bei klassischen Private-Equity-Investoren profitieren die Unternehmen neben dem Kapital auch von den Strukturen und dem Netzwerk der Beteiligungsgesellschaft. Dieser Aspekt ist bei den MBG weniger stark ausgeprägt. Da diese sich nicht wie viele PE-Gesellschaften auf bestimmte Branchen fokussieren, haben sie weniger Branchenkenntnisse und –kontakte. Dennoch ist es für die Unternehmen möglich, über die MBG Kontakte mit anderen Beteiligungen oder den Handelskammern zu knüpfen. Hans-Ernst Maute hat dieses Netzwerken bislang noch nie genutzt. Damit ist er nicht alleine. „Es kommt relativ selten vor, dass uns ein Unternehmen nach solchen Kontakten fragt“, sagt Manfred Thivessen, Geschäftsführer der MBG in Nordrhein-Westfalen.