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Finanzierung > Kommunikation mit Investoren

„Viele Mittelständler verschenken Potential bei Investor-Relations“

Die meisten Mittelständler haben keine eigene Investor-Relations-Abteilung. Wann ein Unternehmen das spätestens ändern sollte und was gute Kommunikation mit Kapitalgebern ausmacht, erklärt Kay Bommer, Geschäftsführer des Deutschen Investor Relations Verbandes, im Interview.

Wann sollte ein Unternehmen damit anfangen, Investor-Relations (IR) zu betreiben?

Jeder Mittelständler betreibt Investor-Relations – ob er sich dessen bewusst ist oder nicht. Dazu gehört nach unserem Verständnis nämlich nicht nur die Veranstaltung einer Jahreshauptversammlung, die zum Beispiel als börsennotiertes Unternehmen Plicht ist, sondern etwa auch Gespräche mit der Hausbank. Die führt jedes Unternehmen.

Was genau ist denn dann IR?

Das ist die Kommunikation mit bestehenden oder potentiellen Fremd- sowie Eigenkapitalgebern. Das kann also eine Ad-hoc-Mitteilung an Aktionäre sein oder eine Pressemitteilung über die Emission einer neuen Anleihe, damit möglichst viele potentielle Investoren davon erfahren – oder eben das Gespräch mit der Hausbank oder Investoren. 

Die meisten Mittelständler haben für IR keine eigene Abteilung. Wann sollten Unternehmen ihre Kommunikation mit Investoren professionalisieren?

Spätestens sobald die Entscheidung gefallen ist, an die Börse zu gehen, ist dieser Schritt unabdingbar. Denn mit dem Börsengang fallen viele Pflichten an, wie die Erstellung und Kommunikation der Halbjahresberichte oder das Abhalten von Analystenveranstaltungen und Jahreshauptversammlungen für die Aktionäre. Das alles können die Mitarbeiter nicht parallel neben ihrem bisherigen Job machen.

Es ist also keine gute Idee, wenn der Geschäftsführer die IR zusätzlichen zu seinem Alltagsgeschäft übernimmt …

Auf gar keinen Fall sollte er das tun – viele tun es aber. Die Devise ist dabei oft, so viel zu machen, wie gerade nötig ist, um sich an alle gesetzlichen Vorgaben zu halten und keine Bußgelder von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu erhalten. Das ist aber der falsche Weg. So verschenken die Unternehmen viel Potential von IR.

Welchen Nutzen hat eine gute IR für das Unternehmen?

Es geht darum, zu gewährleisten, dass das Unternehmen auch in Zukunft noch an ausreichend Kapital kommt, in welcher Form auch immer. Wenn ich etwa als börsennotiertes Unternehmen meine Erfolge nicht gut in die Öffentlichkeit kommuniziere, dann spiegeln sich diese Erfolge auch nicht im Börsenkurs wider. In der Folge ist der Aktienkurs nicht so gut, wie er sein könnte, und das Unternehmen ist damit für Anleger weniger interessant. 

Wie erreicht ein Unternehmen eine effektive Kommunikation mit den Investoren?

Als Erstes sollte sich der IR-Manager darüber Gedanken machen, über welche Finanzierungsoptionen sich das Unternehmen Kapital beschaffen will und wen man dafür am besten anspricht. Dazu empfiehlt es sich, den Markt zu beobachten und nicht nur auf den eigenen Betrieb zu schauen. Der IR-Manager sollte sich beispielsweise die Frage stellen, wie mögliche Investoren auf die Ausgabe einer Unternehmensanleihe reagieren würden. Gibt es dafür eine Nachfrage? Wie viel Kapital könnte damit eingesammelt werden? Wer kommt als Investor in Frage? Diese Erkenntnisse sollte der Mitarbeiter dann an die Geschäftsführung weitergeben. Insofern kommuniziert ein guter IR-Manager nicht nur extern, sondern auch innerhalb des Unternehmens.

Welche Qualifikationen braucht ein guter IR-Manger?

Der IR-Manager ist die eierlegende Wollmilchsau. Er muss sich mit den Kapitalmärkten auskennen, die rechtliche Lage kennen und gut kommunizieren können. Er ist also quasi die Mischung aus einem Finanzanalysten, einem Rechtsanwalt und einem Pressesprecher. Da Kommunikation ja immer zwischen Menschen stattfindet, muss er zudem auch noch Soft Skills wie Empathie mitbringen. Wichtig ist auch, dass der IR-Manager über Rückgrat verfügt und sich traut, dem Vorstand offen zu widersprechen, wenn er eine Lage anders einschätzt. Eine solche Kombination ist leider selten. 

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