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Finanzierung > Investitionen mit Geduld und Weitsicht

Wie ein chinesischer Investor einen Mittelständler rettete

Wenn fernöstliche Geldgeber deutsche Mittelständler kaufen, besteht immer die Sorge um den Abzug von Know-how und das Fortbestehen des Unternehmens. Doch es geht auch anders, wie das Beispiel einer süddeutschen Brauerei zeigt.

Für die Kaiser Brauerei aus Geislingen ist 2014 ein schwarzes Jahr. Die Traditionsfirma, die seit 1881 für die Region zwischen Stuttgart und Ulm braut, ist zahlungsunfähig. Der schrumpfende Markt macht den Schwaben zu schaffen. Zudem sind Strukturen und Arbeitsabläufe veraltet. Christoph Kumpf sieht als Vertreter der fünften Unternehmergeneration seine Zukunft deshalb nicht in der Firma. 

Dass der 29-Jährige trotzdem die Nachfolge seines Vaters und seines Onkels angetreten hat und das Familienunternehmen nun leitet, ist zwei Faktoren zu verdanken. Zum einen leistet Insolvenzverwalter Tobias Sorg Überzeugungsarbeit. Sorg sieht Potential und Zukunft im Unternehmen. Den Aspekt der Familie in der Führungsetage hält er für wichtig. Deshalb möchte er zusammen mit Kumpf die Brauerei restrukturieren. Zum anderen bietet sich nach der abgeschlossenen Umgestaltung des Betriebs im Jahr 2017 die Möglichkeit mit der Aitedian International Holding, die ihren Hauptsitz in Shenzhen und Hongkong hat, einen zahlungskräftigen Investoren an Bord zu holen, der alle Forderungen erfüllt, die Geschäftsführer Kumpf an potentielle Geldgeber stellt. 

Nur ein Investor erfüllte alle Bedingungen

Interessenten aus dem In- und Ausland gab es viele, sagt der Unternehmer. Große deutsche und europäische Konzerne klopften in Geislingen an. Doch deren Angebote gehen Kumpf nicht weit genug. „Wir wollten unbedingt den Standort Geislingen und die dortige Produktion sichern. Für unsere 40 Mitarbeiter und die Region sollte sich nichts ändern“, sagt der Schwabe. Seine Sorge war, dass sich die großen Brauereikonzerne lediglich den prämierten Namen Kaiser als Marke unter den Nagel reißen, aber die Herstellung in ihren eigenen Stammsitz verlagern würden. 

Nicht so bei den Private-Equity-Investoren von Aitedian, die über eine Stuttgarter M&A-Beratung zur Brauerei fanden. Die Chinesen verhandeln laut Kumpf schnell, effizient und respektieren aber die Tradition und Unternehmenskultur der Schwaben sehr. Bis heute halten die Chinesen 100 Prozent der Anteile und haben nicht nur den Mitarbeitern eine Zukunft in der Brauerei vertraglich versprochen. Es wurde zudem Wert darauf gelegt, dass Christoph Kumpf an Bord bleibt. Der Faktor Familie ist auch Geldgebern aus Asien wichtig.

Yi Sun, Partnerin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, vermittelt seit Jahren zwischen Mittelstand und chinesischen Unternehmen und weiß: „Den meisten Investoren fehlt es noch an der nötigen Erfahrung, wie man ein deutsches Unternehmen führt. Sie suchen jemanden, der dazugehört“ Viele ließen das Management daher unverändert. Natürlich unter der Voraussetzung, dass es der Firma in der Folge wirtschaftlich gut gehe, sagt Sun. 

Stille und geduldige Gesellschafter

So auch beim Deal in Süddeutschland, der sich als Win-Win-Situation für beide Parteien herausstellt. Nachfolger Kumpf kann seine Pläne verwirklichen, neue Strukturen aufbauen und entscheidet operativ alleine. Lediglich an eine Kontrollinstanz in München muss der Geschäftsführer berichten. Das sei alles. 

„Aus Fernost kommt eine andere Philosophie, die viel zurückhaltender ist“, sagt Stefan Klemm, Inhaber und Gründer der Personalberatung Entrepreneurs Clubs. Geldgeber aus dem asiatischen Raum seien keine Restrukturierer, sondern lernende Beobachter, findet Klemm. Und beim Lernen zeigten sie Geduld. „Chinesen sind als Investoren durchaus unternehmerisch und langfristig orientiert“, fügt Jan Peter Hatje hinzu, Vorstand bei der M&A-Beratung Oaklins Deutschland. „Sie geben der Entwicklung Zeit.“

Rückkaufoption bei gutem Geschäftsverlauf

Das zeigt auch die momentane Situation in Geislingen. Die Expansion nach China ist zwar qua Vertrag beschlossene Sache. Da der Investor aber branchenfremd ist und somit kein Know-how liefern kann, verzögert sich der Markteinstieg. Kein Problem, sagt Kumpf. Im Moment sei die Wachstumsstrategie regional angelegt.

Und er bekommt Bestätigung für seine Pläne. „Der Investor hat mir angeboten, Anteile am Unternehmen zurückkaufen zu können, wenn in den nächsten Jahren alles gut läuft. Das hat mich positiv überrascht.“ Das erhöhte die Vertrauenswürdigkeit der Chinesen in seinen Augen noch mehr.

„Ohne den chinesischen Investor wäre ich nicht mehr im Familienunternehmen“, resümiert Christoph Kumpf die Transaktion. Und ohne das Attribut „familiengeführt“, das Kumpf verkörperte, wären die Chinesen wohl auch nicht eingestiegen: „Die Tradition und die Qualität, die wir mit unserem Namen versprechen können, waren Schlüsselelemente für die Investoren“, ist der Geschäftsführer überzeugt. „Nach der Insolvenz hätte es nicht besser laufen können.

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