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Finanzierung > Übersicht

Liquiditätsplanung: Wie der Mittelstand den Überblick behält

Damit ein Unternehmen jederzeit zahlungsfähig bleibt, sollte es eine kontinuierliche Liquiditätsplanung vornehmen. Dabei können spezielle Softwarelösungen oder Excel helfen. Was in die Finanzplanung hineingehört – und was nicht.

Auszahlungen

 

  • Personalkosten und Sozialversicherungsbeiträge
  • Investitionen in Anlagevermögen
  • Zahlungen aufgrund langfristiger Verträge
  • Steuerzahlungen
  • Sonstige Auszahlungen wie Kredittilgungen

Einzahlungen

 

  • Bar und Kassenbestände
  • Voraussichtliche Zahlungseingänge durch den Verkauf der Produkte (inklusive Umsatzsteuer)
  • Sonstige Einzahlungen wie Zinsen, Steuerrückerstattungen oder Kreditaufnahmen

Ohne Moos nix los. Dieses Redewendung gilt auch für Unternehmen, daher ist Liquidität für Unternehmen überlebenswichtig. Denn ist eine Firma nicht liquide, heißt das nichts anderes, als dass sie (temporär) zahlungsunfähig ist und ihre offenen Rechnungen nicht mehr fristgerecht bezahlen kann. Es droht die Insolvenz. Um ein solches Szenario zu vermeiden, sollten Unternehmen eine Liquiditätsplanung vornehmen. Gerade für Start-Ups mit noch unerprobten Geschäftsmodell ist ein solcher Plan notwendig, aber auch ein gestandener Mittelständler sollte nicht darauf verzichten. 

Definition: Welche Liquiditätskennzahlen gibt es?

 

Liquidität 1. Grades: Zur Berechnung werden die flüssigen Mittel (Schecks, Bank- und Kassenbestand und diskontfähige Wechsel) durch die kurzfristigen Verbindlichkeiten (offene Zahlungen mit einer Restlaufzeit von höchstens einem Jahr, Steuerrückzahlungen und sonstige Rückstellungen) geteilt und das Resultat mit 100 multipliziert. Ein Ergebnis von 100 würde bedeuten, dass das Unternehmen sämtliche kurzfristigen Verbindlichkeiten allein mit seinen flüssigen Mitteln bezahlen kann. Ein so hoher Wert ist allerdings gar nicht nötig. Eine Liquidität 1. Grades von 10 bis 30 reicht aus. 

Liquidität 2. Grades: Hierbei werden die flüssigen Mittel um die kurzfristigen Forderungen wie Rechnungen ergänzt und ins Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gesetzt. Unternehmen sollten bei der Liquidität 2. Grades einen Zielwert von 100 bis 120 anstreben.

 

Liquidität 3. Grades: Nun werden auch die Vorräte auf der Habenseite berücksichtigt, etwa Rohstoffe im Lager. Bei der Liquidität 3. Grades sollten Unternehmen mindestens einen Wert von 120 erreichen.

Diese Ziele hat eine Liquiditätsplanung

Der Plan gibt einen Überblick über die in den kommenden zwölf Monate anfallenden Ausgaben und ermittelt den voraussichtlich Bestand der liquiden Finanzmittel. Fällt dem Unternehmen hierbei auf, dass es in Zukunft in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnte, kann es frühzeitig darauf reagieren und etwa einen Kredit aufnehmen oder die Ausgaben reduzieren. Zudem hilft ein solcher Finanzplan auch bei Verhandlungen mit Banken oder Investoren. Sehen diese, dass die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gesichert ist, sind sie eher bereit, der Firma Kapital zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile erfüllt die Liquiditätsplanung ein weiteres Ziel: Negativzinsen vermeiden. Etliche Banken verlangen wegen der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank inzwischen von ihren Kunden Gebühren bei hohen Einlagen. Das trifft vor allem Unternehmen. Laut einer Studie des Marktforschungsinstitut Forsa haben in den vergangenen zwölf Monaten 29 Prozent der KMU Negativzinsen zahlen müssen. Um solche Kosten zu vermeiden, sollten Unternehmen ihre Liquiditätsreserven so zwischen den Banken verteilen, dass keine Negativzinsen anfallen.

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Klassischerweise erstellen Unternehmen ihren Liquiditätsplan auf Monatsbasis. Gerade für größere Unternehmen mit vielen Aus- und Einzahlungen ist allerdings ein Stufenaufbau sinnvoll. Dieser könnte zum Beispiel so aussehen, dass das Unternehmen die kommenden zwei Wochen auf Tagesbasis analysieren, die darauffolgenden sechs Wochen auf Wochenbasis und die anschließenden 22 Monaten auf Monatsbasis. Auch Unternehmen mit einer geringen Liquidität sollten in ihrem Plan lieber die Zahlungsbewegungen pro Tag betrachten, um Zahlungsschwierigkeiten zu vermeiden.  

Diese Programme für die Liquiditätsplanung gibt es

Der Klassiker im Mittelstand bei Controlling und auch in der Liquiditätsplanung ist das Tabellenkalkulationsprogramm Excel. Die Vorteile: Es ist günstig (da es zum Standard der Bürotechnik gehört, ist es auf den meisten Computern ohnehin installiert) und die meisten Mitarbeiter kennen zumindest die Grundfunktionen des Programms. Die Software hat allerdings auch ihre Nachteile. Sie ist nicht intuitiv und weniger übersichtlich als andere Programme auf dem Markt. Um nicht bei null anfangen zu müssen, gibt es im Internet zahlreiche Vorlagen – sogenannte Templates – für die Liquiditätsplanung.

Wer auf ein professionelleres Programm setzen möchte, wird bei Softwareherstellern fündig, die sich auf Programme für die Unternehmensführung und Finanzverwaltung spezialisiert haben. Einige davon finden sich in unserer Marktübersicht. Seit einigen Jahren sind auch Fintechs in diesem Segment aktiv.  

Typische Fehler bei der Liquiditätsplanung

 

Zahlungsziele werden nicht berücksichtigt: Fast jeder Unternehmer kennt das: Ein Kunde zahlt seine Rechnung nicht pünktlich oder sogar überhaupt nicht. Auch solvente Auftraggeber zahlen selten am Tag des Rechnungseingangs. Unternehmen sollten daher in ihrer Kalkulation diese Verzögerung berücksichtigen. Um zu berechnen, wie viele Tage die eigenen Kunden im Schnitt für ihre Zahlung brauchen, kann folgende Faustregel benutzt werden: Forderungen*365/Umsatz.

Unvollständige Auflistung: Bei einem Unternehmen kommen schnell mal hunderte oder tausende Buchungen pro Monat zusammen. Die alle in die Liquiditätsplanung aufzunehmen, ist mühselig. Da kann der Unternehmer schon Mal in Versuchung geraten, die ein oder andere kleinere Zahlung unter den Tisch fallen zu lassen. Doch das ist keine gute Idee. Eine einzelne Ausgabe mag noch kein Loch in die Planung reißen, viele kleinere Zahlung summieren sich aber mit der Zeit zu einem größeren Betrag, der zu Zahlungsschwierigkeiten führen kann.

Netto statt Brutto: Während die Gewinn- und Verlustrechnung auf den Nettobeträgen beruht, sollten Unternehmen bei der Liquiditätsplanung die Bruttobeträge berücksichtigen. Schließlich überweisen die Firmen bei umsatzsteuerpflichtigen Zahlungen das Geld an das Finanzamt. 

Abschreibungen berücksichtigt: Mit der Zeit verlieren Maschinen an Wert und werden daher für die Bilanz abgeschrieben. Diese Wertminderung der Anlagen hat bei der Liquiditätsplanung allerdings nichts zu suchen. Dort dürfen nur tatsächliche Aus- und Einzahlung auftauchen.  

Tipps für mehr Liquidität

 

Skonto: Viele Geschäftspartner gewähren bei einer schnellen Zahlung der Rechnung (in der Regel innerhalb von sieben oder zehn Tagen) einen Preisnachlass auf den Rechnungsbetrag von ein paar Prozent. Stellt ein Unternehmen dank des Liquiditätsplans fest, dass es ausreichend liquide ist, um frühzeitig zahlen zu können, sollte es von dem Angebot Gebrauch machen. Das spart Geld und verbessert die Liquidität für die Zukunft.

Factoring: Mit Factoring können sich Unternehmen vor Zahlungsausfällen ihrer Kunden schützen und außerdem ihre Liquidität erhöhen. Dazu tritt die Firma ihre Forderungen an eine dritte Partei ab. Diese zahlt dem Kunden den Rechnungsbetrag minus Gebühren aus. Das Unternehmen hat so zeitnah einen Großteil des ursprünglichen Rechnungsbetrags auf dem Konto, den es für die Begleichung eigener Verbindlichkeiten verwenden kann. 

Verträge überprüfen: Nicht selten haben Unternehmen Versicherungsverträge abgeschlossen, die nach etlichen Jahren der Gültigkeit nicht mehr den jetzigen Bedarf des Unternehmens widerspiegeln oder zu teuer sind. Ähnliches gilt manchmal auch für Mietverträge von Gewerbeimmobilien. Daher sollten Unternehmen regelmäßig überprüfen, ob eine Kündigung oder Anpassung des Vertrags möglich und sinnvoll ist. Das spart Geld und schont damit ebenfalls die Liquidität.

Der Artikel wurde am 21. Oktober 2019 erstellt und zuletzt am 7. November 2019 aktualisiert.

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