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Finanzierung > Rege Aktivität

So könnte sich der M&A-Markt 2018 entwickeln

Wachstumsdruck, Nachfolgeregelung, Digitalisierung – mehrere Trends beflügeln die Unternehmensverkäufe in diesem Jahr. Ein Ausblick.

Wer derzeit sein Unternehmen verkaufen will, hat gute Karten. Das hat nicht zuletzt die Übernahme des Nachhilfeanbieters Studienkreis durch die Private-Equity-Gesellschaft IK Investment Partners gezeigt. IK hatte 76,5 Millionen Euro im Zuge des Deals an den Turnaround-Investor Aurelius bezahlt. Transaktionen wie diese – mit rekordverdächtigen Volumen bei konstant hohen Bewertungen und üppig bemessenen Multiplikatoren – sind im deutschen Mittelstand keine Seltenheit mehr.

„Auch für 2018 sind weitere Höchststände zu erwarten“, sagt Kai Lucks, Vorsitzender des Bundesverbands Mergers & Acquisitions (BMA), über den aktuellen Trend. Auch Andreas Ewers, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft I-Advise, erwartet, dass die hohe Aktivität im Markt für Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions; M&A) im deutschen Mittelstand anhält. „Was wir 2017 gesehen haben, wird sich 2018 fortsetzen“, sagt der Diplom-Kaufmann.

Die Treiber

Was sind die Gründe für die Fusionitis im deutschen Mittelstand? M&A-Experte Lucks, der früher für Siemens tätig war, hat zwei Haupttreiber der zunehmenden Konsolidierung und der hohen M&A-Aktivitäten ausgemacht: So sei durch die Globalisierung ein zunehmender Wachstumsdruck für Unternehmen entstanden. Darüber hinaus versuchten die Mittelständler, auf die rasch voranschreitenden Entwicklungen im Bereich der Industrie 4.0 mit Zukäufen oder Zusammenschlüssen zu reagieren.

Und noch ein weiteres Phänomen sorgt für die Belebung des M&A-Marktes: Mittelständler wenden vermehrt eine Strategie an, die bisher fast ausschließlich Großkonzerne verfolgten – die Akquisition von Start-ups, um sich neue Technologien zu sichern. Auch Stefan Götzen, Partner beim Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte, beobachtet diese Entwicklung. „Das ist durchaus ein wahrnehmbarer Trend“, sagt der Berater. Durch den Zukauf von kreativer Innovationskraft wollten etablierte Mittelständler vermutete oder tatsächliche Forschungsdefizite egalisieren und sich fit für die Zukunft machen. Zuerst müsse man jedoch prüfen, inwiefern mittelständische Denke und Start-up-Mentalität zusammenpassten, betont Götzen. Erst danach könne man entscheiden, ob M&A hier als eine Brücke fungieren könne.

Die aktuellen politischen Rahmenbedingungen bewertet Ewers als „investorenfreundlich“. Eine stabile Wirtschaftslage und die derzeit günstigen Finanzierungsmöglichkeiten von M&A-Deals würden zahlreiche Transaktionen im Mittelstand befördern. Entsprechend optimistisch blickt er in das noch junge Jahr 2018, das seiner Meinung nach „ein transaktionsreiches werden“ wird.

Die Branchen

Welche Sektoren werden voraussichtlich besonders viele Übernahmen und Zukäufe sehen? Hier nennt Ewers besonders drei Branchen: Medizintechnik, Elektrotechnik und Pharmaindustrie. Sie dürften seiner Meinung nach weiterhin ähnlich stark gefragt sein wie 2017. Das macht sich besonders in der Entwicklung der Unternehmensbewertungen bemerkbar: Multiples bis zu dem Elffachen des operativen Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) seien im vergangenen Jahr regelmäßig zu beobachten gewesen, erklärt Kai Lucks. Damit standen Übernahmen und Fusionen im Mittelstandsbereich den großen Konzern-Deals in nichts nach.

Doch es scheint, als sei das Ende der Fahnenstange langsam erreicht. So glaubt BMA-Chef Lucks, dass der Anstieg der Multiples in bislang ungeahnte Sphären mittlerweile an „Grenzen“ stoße, weil die Zahlungsbereitschaft der Interessenten abnehme. Das aktuell vorherrschende Niedrigzinsumfeld und der daraus resultierende Anlagedruck der Investoren verhinderten aber offenbar ein deutliches Absinken des Bewertungsniveaus. Auch Christine Rademacher, Regional Head Financial Engineering bei der Commerzbank, glaubt, dass die Bewertungen und Kaufpreise sich nicht pauschal weiter nach oben entwickeln werden. Sie ist jedoch davon überzeugt, dass „die Preise in der Verkaufssituation unverändert hoch bleiben werden“. Aktuell sieht Rademacher keine Sättigung bei Kaufinteressenten, die dazu führen könnte, dass sich die Preise und die Multiplikatoren nennenswert nach unten verändern würden.

Interessiertes Ausland

Das Label „Made in Germany“ übt auf Investoren immer noch eine enorme Anziehungskraft aus. Wie das vergangene Jahr gezeigt hat, hatten ausländische Kaufinteressenten zunehmend den deutschen Mittelstand im Visier. Größere Deals, wie die Übernahme des Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Produzenten von Haushaltsgeräten Midea, haben dies eindrucksvoll bewiesen. Satte 4,5 Milliarden Euro bezahlten die Manager aus dem Reich der Mitte für die Anteile an dem Augsburger Konzern. Ihren Übernahmehunger dürften internationale Investoren künftig auch an kleineren Unternehmen stillen: „Der deutsche Mittelstand ist für ausländische Käufer sehr interessant“, resümiert Lucks die Entwicklungen der Vergangenheit. Auch in diesem Jahr rechnet er wieder mit zahlreichen Übernahmen von deutschen Unternehmen durch ausländische Investoren – vor allem aus den USA und aus China. Aber auch europäische Kaufinteressenten würden vermehrt auf den Plan treten: „Die innereuropäische Konsolidierung geht weiter“, prophezeit Lucks. Das Gros der Käufer erwartet er aus Frankreich, Italien und Österreich.

Was den Experten zufolge wohl auch 2018 anhalten wird, ist das latente Misstrauen gegenüber chinesischen Investoren. Zwar sind Käufer aus Fernost bereits seit längerem auf dem deutschen M&A-Markt aktiv. Jedoch fehle vielen deutschen Mittelständlern bisher die Erfahrung im Umgang mit Kaufinteressenten aus dem Reich der Mitte. „Das ist für die meisten noch unsicheres Terrain“, weiß Ewers. Neben den Interessenten aus dem Ausland dürften aber auch deutsche Mittelständler selbst auf dem M&A-Markt aktiv werden und grenzüberschreitend zuschlagen. Früher war „der Mittelständler dafür bekannt, dass er sich in der Nachbarschaft umgeschaut hat“, sagt Götzen. Mittlerweile gehe der Trend aber weg von der schlichten Akquisition eines Zulieferers hin zu strategischen Übernahmen. Dabei seien internationale M&A-Deals im ferneren Ausland auch keine Ausnahme mehr.

Nachfolge professionalisiert sich

Ein Thema, das deutsche Mittelständler seit jeher bewegt, ist die Regelung der Unternehmensnachfolge. Wer wird das aufgebaute Familienunternehmen übernehmen und weiterführen, wenn für den firmengründenden Patriarchen der Zeitpunkt gekommen ist abzutreten? Laut einer Studie der KfW stehen bis zum Jahr 2018 insgesamt 620.000 Unternehmensübergaben im deutschen Mittelstand an. Das sind 17 Prozent aller mittelständischen Unternehmen in Deutschland.

Lange Zeit hing die Nachfolgeregelung wie ein Damoklesschwert über den Köpfen von deutschen Mittelständlern. Die Unternehmer setzten sich meist zu spät damit auseinander. In der Regel vertrauten sie darauf, dass ein Familienmitglied die Geschäfte weiterführen würde und man sich daher nicht mit einem Verkauf an einen externen Investor befassen Trendwende ab: Deutsche mittelständische Unternehmer lösen sich immer öfter von der Vorstellung, dass das von ihnen geführte Unternehmen um jeden Preis in Familienhand verbleiben muss, stellt Commerzbankerin Christine Rademacher fest. Diesen Sinneswandel führt die Expertin auch auf den Generationenwechsel zurück. Oftmals finde sich kein Familienmitglied mehr, dass das Unternehmen weiterführen wolle. Das treibt die M&A-Transaktionen im Mittelstand zusätzlich. „Die Zurückhaltung der jungen Generation und die Angst der Älteren, dass das Unternehmen Schaden erleiden könnte, führen dazu, sich ein professionelles Management ins Haus zu holen“, beobachtet Kai Lucks. Stefan Götzen von Deloitte sieht das ähnlich, wenn er eine „Professionalisierung der Nachfolge“ konstatiert. Um einen möglichen Verkauf des Unternehmens zu gestalten, werde auch öfter externe Beratung hinzugezogen.

Was bleibt im Fazit? Der Kauf und Verkauf von mittelständischen Unternehmen dürften auch anno 2018 in Mode bleiben. Dazu trägt bei, dass derzeit viele Investorengelder in die Töpfe von Private-Equity-Investoren fließen. Denn diese lange Jahre als „Heuschrecken“ apostrophierte und nicht sonderlich beliebte Käufergruppe ist besonders interessiert an Anlagemöglichkeiten: Die Übernahme von stabilen und ertragreichen Familienunternehmen kommt ihnen da gerade recht.


Der Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 02/2018. Hier können Sie das aktuelle Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.