Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Finanzierung > Rechtstipp der Woche

Was lange währt: Das Einheitspatent kommt

Seit Jahren diskutiert die Fachwelt darüber, in diesem Jahr geht es endlich los: Das Einheitspatent und das Einheitliche Patentgericht sollen am 1. Juni 2023 an den Start gehen. Wen betrifft das Einheitspatent und was ist zu tun? Patentexperte Dr. Thomas Klingelhöfer von Menold Bezler gibt Antworten.

Holzblöcke mit dem Symbol des Patentbegriffs
Quelle: Shutterstock

Was ist ein Patent und wie läuft der Patentschutz bisher?

Durch ein Patent lässt sich eine Erfindung auf dem Gebiet der Technik schützen. Ein Patent gilt aber grundsätzlich immer nur in dem Land, in dem es angemeldet und von der Patentbehörde erteilt worden ist. Wer erreichen will, dass seine Erfindung gleich in mehreren Staaten in Europa geschützt ist, bemüht sich um ein Europäisches Patent. Das ist allerdings kein eigenständiges Patent, sondern bedeutet, dass über ein zentrales Anmelde- und Erteilungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt (EPA) eine zeitgleiche Patentanmeldung in 38 Staaten in Europa erfolgen kann. In diesen Staaten hat das Europäische Patent dann dieselbe Wirkung wie ein nationales Patent. Für welche Staatsgebiete das Europäische Patent gilt, hängt davon ab, welche Länder der Patentanmelder benennt und welche Gebühren er bezahlt – in je mehr Ländern der Schutz der Technologie erfolgt, desto mehr kostet das Europäische Patent.

 

Was ist neu am Einheitspatent?

 
Das Einheitspatent ist kein Bündel von Einzelpatenten, sondern ein eigenständiges Schutzrecht, das in den teilnehmenden Mitgliedsstaaten der EU einheitlich erteilt wird. Durch die einheitliche Wirkung soll der Schutz von Technologien und deren internationale Durchsetzung innerhalb der EU vereinfacht werden. Von den Mitgliedstaaten der EU haben aktuell nur Spanien und Kroatien erklärt, dass sie nicht teilnehmen. Das Einheitspatent wird also künftig in bis zu 25 Mitgliedsstaaten der EU gültig sein.

Wie läuft die Anmeldung des Einheitspatents?

Das Einheitspatent wird beim Europäischen Patentamt (EPA) angemeldet, das weiterhin auch für Europäische Patente zuständig ist. Ein Einheitspatent mit Schutzwirkung für die teilnehmenden EU-Staaten wird in etwa so viel kosten wie ein Europäisches Patent in den vier anmeldestärksten Ländern (Deutschland, Niederlande, Frankreich und Großbritannien). Wenn eine Erfindung in möglichst vielen Ländern geschützt werden soll, ist das Einheitspatent also erheblich günstiger als das Europäische Patent. Zudem spart sich der Anmelder die Übersetzungskosten, weil für die Anmeldung des Einheitspatent nur noch eine Sprachfassung nötig ist. Im Vergleich zum nationalen Patentschutz in einzelnen Ländern, der weiterhin möglich ist, kann sich das Einheitspatent aber auch als deutlich teurer erweisen.
 

Was macht das Einheitliche Patentgericht?

 
Das Einheitliche Patentgericht sorgt dafür, dass Ansprüche aus dem Einheitspatent auch durchgesetzt werden können. Der Vorteil ist, dass Inhaber eines Einheitspatents gegen Patentverletzungen nicht mehr in jedem Staat gesondert vorgehen müssen. Sie können sich vielmehr an ein Gericht wenden, dessen Entscheidung in allen teilnehmenden EU-Staaten wirkt und vollstreckt werden kann. Das Einheitspatent lässt sich also in allen teilnehmenden Staaten einheitlich durchsetzen und verteidigen. Gleichzeitig gilt aber auch: Hat eine Nichtigkeitsklage gegen das Einheitspatent Erfolg, geht es in allen teilnehmenden Mitgliedsstaaten verloren.
 
Das Einheitliche Patentgericht ist ein neues, eigenständiges Gericht mit einer Zentralkammer in Paris und einer Außenstelle in München. Vorgesehen sind in der ersten Instanz außerdem Lokal- bzw. Regionalkammern. In Deutschland werden diese Lokalkammern in Düsseldorf, München, Mannheim und Hamburg sitzen. Das Berufungsgericht, die zweite Instanz, wird in Luxemburg ansässig sein.
 

Wenn ich schon ein Europäisches Patent habe, muss ich dann aktiv werden?

 
Wenn das Einheitliche Patentgericht die Arbeit aufnimmt, wird es nicht nur für die neuen Einheitspatente, sondern grundsätzlich auch für alle Europäischen Patente zuständig sein. Das Ergebnis eines Verfahrens vor dem Einheitlichen Patentgericht gilt dann in allen Ländern, für die das Gericht zuständig ist. Damit wird es leichter, ein Europäisches Patent innerhalb der EU zu verteidigen; es steigt aber auch das Risiko, es quasi auf einen Schlag für viele Länder zu verlieren.
 
Vorgesehen ist deshalb eine Übergangsphase von derzeit sieben Jahren, die auf 14 Jahre verlängert werden kann. In dieser sogenannten Opt-out-Phase können Inhaber Europäischer Patente erklären, dass sie zunächst nicht der Gerichtsbarkeit des Einheitlichen Patentgerichts unterliegen wollen. Voraussetzung für diesen Opt-out ist allerdings, dass noch keine Klage im Zusammenhang mit dem Europäischen Patent vor dem Einheitlichen Patentgericht anhängig ist. Ihr Opt-out können Patentinhaber deshalb schon vor dem eigentlichen Start des Einheitspatents und des Einheitlichen Patentgerichts erklären, nämlich ab dem 1. März 2023. Wer also für seine bereits angemeldeten bzw. erteilten Europäischen Patente sicher ausschließen will, dass das Einheitliche Patentgericht über diese entscheidet, oder wer zunächst abwarten möchte, ob sich das neue Gericht etabliert, der sollte die Möglichkeit des Opt-out nutzen.

Patentexperte Dr. Thomas Klingelhöfer von Menold Bezler