Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Finanzierung > Gastbeitrag

Schluss mit Kosten- vs. Ertragsstellen!

Die Art und Weise, wie Unternehmen Kostensenkungsmaßnahmen angehen, muss überdacht werden. Die jüngsten Entlassungen bei Twitter sind eine eindringliche Erinnerung an die Gefahren, die entstehen, wenn Abteilungen als reine "Kostenstellen" eingestuft werden, ohne ihre wichtige Rolle für den Gesamterfolg und das Unternehmen zu berücksichtigen.

Es ist an der Zeit, dass Unternehmen und Führungskräfte verstehen, dass jede Abteilung eine wichtige Rolle spielt, unabhängig davon, ob sie auf der Bilanz Kosten verursachen oder Ertrag generieren. Femke Huijbers, Director of People and Culture bei Recruitee, erklärt, warum Unternehmen leicht kurzsichtigen Sparmaßnahmen zum Opfer fallen können und gibt Tipps, wie ein Umdenken stattfinden kann.

 

Warum Zahlen nicht alles sind

 

Kostenstellen-Abteilungen werden oft als notwendige Belastung für ein Unternehmen angesehen. Doch das ist weit von der Wahrheit entfernt. Stattdessen können Investitionen in diese Abteilungen und deren Wertschätzung ganz neue Potenziale in einem Unternehmen freilegen, wie Studien bestätigen. Die Harvard Business Review hat etwa herausgefunden, dass Unternehmen, die in kostenintensive Abteilungen wie die Personal- und Rechtsabteilung investieren und diese wertschätzen, eine bessere finanzielle Leistung und eine positivere Unternehmenskultur aufweisen. Diese Ergebnisse stützen auch Untersuchungen von Gartner, die sogar so weit gehen, dass Kostenstellen bei richtiger Führung und Strukturierung in Value-Center (Wertschöpfungstellen) umgewandelt werden können.

 

Was dagegen passiert, wenn man Kostenstellen nur als finanzielle Belastung sieht, zeigt der Fall von Elon Musks Kündigungsfeldzug nach seiner Twitter-Übernahme. Neben der schlechten Presse, die Musk für seine Vorgehensweise bekam, zeigten sich schnell ernsthafte Konsequenzen für das Unternehmen. So hatten Nutzer*innen mit stundenlange Ausfälle und Zugriffsprobleme zu kämpfen, wohl weil in den zuständigen Abteilungen Mitarbeitende oder gleich ganze Teams gekündigt wurden.

 

Dieser Fall ist zwar nicht repräsentativ, zeigt aber, was im Extremfall passieren kann. Auch wenn Kostenstellen nicht offenkundig zum Umsatz eines Unternehmens beitragen, sind sie weit davon entfernt, nur Kosten zu verursachen. Die Sicherheit von Kund*innen und ihren Daten ist für das Funktionieren des eigenen Geschäftsmodells eine ebenso elementare Voraussetzung wie gute Kommunikation, um die Öffentlichkeit auf dem Laufenden zu halten, besonders in Krisenzeiten. Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie Unternehmen am falschen Ende sparen, wenn sie die verantwortlichen Abteilungen nur als Kostenstellen einstufen, ohne ihren Mehrwert für den Gesamterfolg des Unternehmens anzuerkennen.

 

Verborgene Werte freilegen

 

Es ist an der Zeit, Licht in die versteckten Kosten und den nicht-monetären Gewinn zu bringen, um das Wachstum und die Nachhaltigkeit eines Unternehmens zu sichern. Um dies zu erreichen, sollten Unternehmen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der alle Abteilungen und deren Zusammenspiel berücksichtigt.

 

Aber wie kann der nicht-monetären Beiträge einer Abteilung gemessen werden? Wie zeigt man neuralgischen Abhängigkeiten zwischen Kosten- und Ertragsstellen auf, die bei Einsparungen, Kürzungen oder Entlassungen berücksichtigt werden sollten? Und vor allem: Wie werden bisher ungenutzte Potenziale zur Effizienzsteigerung realisiert, ohne wichtige Mitarbeiter*innen zu entlassen?

 

Eine Möglichkeit, den nicht-monetären Beitrag einer Abteilung zu messen, ist die Analyse ihres Einflusses auf die Kundenzufriedenheit oder -bindung. Ein anderer Ansatz ist die Messung des Einflusses der Abteilung auf Innovation oder Prozessverbesserung. Auch eine Befragung der Mitarbeitenden über den Beitrag der Abteilung zur Unternehmenskultur und zum Gesamterfolg kann wertvolle Erkenntnisse liefern.

 

Diese Instrumente sind bei Einsparungen ebenso wichtig wie die Berücksichtigung neuralgischer Abhängigkeiten innerhalb des Unternehmens. Wenn beispielsweise eine Abteilung für die Pflege wichtiger Kundenbeziehungen zuständig ist, sollten die möglichen Auswirkungen eines Personal- oder Ressourcenabbaus in dieser Abteilung unbedingt berücksichtigt werden.

 

Um die Effizienz zu steigern und die Entlassung wichtiger Mitarbeitenden zu vermeiden, ist es entscheidend, ungenutzte Potenziale im Unternehmen zu identifizieren und zu realisieren. Dies kann durch die Analyse von Prozessen und die Identifizierung von Bereichen geschehen, in denen Automatisierung oder Technologie eingesetzt werden können. Darüber hinaus sollte erwogen werden, Mitarbeitende durch Cross-Training auf neue Aufgaben oder Verantwortungsbereiche vorzubereiten. Angesichts des derzeitigen Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, wertvolle Mitarbeitende im Unternehmen zu halten und fortzubilden.

 

Darüber hinaus können Unternehmen auch nach Möglichkeiten suchen, Einnahmen aus Kostenstellen zu erzielen, indem sie beispielsweise anderen Unternehmen Beratungsdienste anbieten oder neue Produkte oder Dienstleistungen entwickeln.

 

Nachhaltiger Erfolg durch gesunde Unternehmenskultur

 

Wem vermittelt wird, seinem Unternehmen lediglich Kosten zu verursachen, kann das auf Dauer als mangelnde Wertschätzung und Anerkennung empfinden. Schlimmstenfalls hat das eine geringere Produktivität und höhere Fluktuationsraten zur Folge. Unternehmen mit engagierten Mitarbeiter*innen weisen dagegen ein höheres Maß an Produktivität, Rentabilität und Kundenzufriedenheit auf. Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen mit hoch engagierten Mitarbeiter*innen eine um 21 % höhere Rentabilität aufweisen und um 13% produktiver sind.

Um diese Einstellung zu ändern, müssen Führungskräfte den Wert aller Abteilungen und Mitarbeitenden selber erkennen und sichtbar machen. Das bedeutet: Klare Zielvorgaben, regelmäßiges Feedback und Gesten der Anerkennung, Investitionen in die Mitarbeiterentwicklung und die Förderung einer offenen und integrativen Unternehmenskultur. Ein Unternehmen ist letztlich mehr als die Summe seiner Teile oder anders gesagt die Summe am Ende einer Bilanz.

Über die Autorin

Femke Huijbers ist Director of People and Culture bei Recruitee. Sie liebt die Möglichkeit und die Fähigkeit, ein Umfeld in einem Unternehmen zu schaffen, in dem die Mitarbeiter*innen wirklich auf Erfolg eingestellt sind.Mit einem Bachelor in International Business und einem Master in Sozialwissenschaften begann Femke ihre Karriere in der Personalvermittlung bei einer IT-Personalagentur. Nach einigen Jahren wechselte sie in den Bereich Corporate Recruitment bei einem internationalen Handelsunternehmen. Dort war sie als Leiterin der Personalbeschaffung für die Entwicklung mehrerer Employer-Branding-Kampagnen, die internationale Rekrutierung von Hochschulabsolvent*innen und Techniker*innen sowie die Einführung von Bewertungsinstrumenten verantwortlich. Innerhalb dieses Unternehmens wechselte sie in die Personalabteilung und war dort für die Bereiche HR, Learning & Development und Talent Acquisition verantwortlich. Femke hat in verschiedenen Branchen gearbeitet, von FinTech über eCommerce bis hin zu Biotech, von Start-ups über Scale-up-Unternehmen bis hin zu etablierten Organisationen.